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- Wie Gründer:innen Unternehmertum jetzt neu definieren können
Neues Unternehmertum | „Gehören Sie eigentlich auch zu diesem Typus Unternehmer, der primär an sich denkt? Oder übernehmen Sie auch Verantwortung für Ihr Umfeld?“ Diese Frage flog mir vor einem halben Jahr in einem virtuellen Panel zum Thema Unternehmertum an den Kopf. Der negative Tenor darinnen ist per se leider nicht neu. Und wer einmal gehört hat, dass Unternehmer:innen die am häufigsten ermordete Berufsgruppe in Krimis sind, sollte sich vielleicht ohnehin nicht mehr über vieles wundern. Aber es überrascht mich dann doch (leider) immer wieder, dass diese Frage so viel Vorwurf enthält. Denn für mich persönlich bedeutet Unternehmertum in seiner Ur-Bedeutung tatsächlich genau das Gegenteil: Es heißt für mich nämlich gerade in die verbindliche Verantwortung zu gehen. Und zwar eben nicht nur für mich selbst, sondern ganz bewusst auch für meine Mitarbeitenden und deren Angehörige. Augenscheinlich haben wir Unternehmer:innen hier aber noch massiven Aufholbedarf: Wir schaffen mit zukunftsfähigen Ideen in der Wirtschaft maßgeblich den Wohlstand unseres Landes – aber wenige erkennen diese zentrale Rolle an. Noch halten sie es als zukünftige Talente für erstrebenswert, diese Rolle selber zu sein: Noch immer liegt das Image der Unternehmer:innen im unteren Viertel aller Berufsgruppen. Hier liegt für mich der Anspruch an, v.a. aber auch die riesen Chance für die Gründer:innen und Startuper:innen: Wenn sie in diesen Umbruchzeiten klar Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen, definieren sie Unternehmertum – und damit seinen Ruf – neu. Indem sie Geschäftsmodelle entwickeln, die Verantwortung für Mensch und Erde in sich tragen und damit die Wirtschaft raus aus ihrem eigenen, geschlossenen Ökosystem holen, das sich im Kern seit 50 Jahren dem Friedmannschen einseitigen Profit-Kapitalismus verschrieben hat. Wenn die neuen Start-ups geschlossen diesen kaputten Kapitalismus komplementieren und ihn in einen guten, integrierten, systemwandel-treibenden Kapitalismus überführen, können sie unser aller Wohlstand für die Zukunft sichern: Schauen wir uns doch nur an was share, einhorn, Vaude, Du bist hier der Chef oder Viva con Agua als Geschäftsmodelle bereits erfolgreich machen! Das sind unternehmerische Ideen, die stolz machen und die den Ruf von Unternehmer:innen mit Recht komplett neu aufladen! Das macht den jungen Talenten Lust auf die Privatwirtschaft. Aufs Unternehmer:in-Sein. Und genau das tut uns allen gut: Denn dieses wertebasierte, integrierte Unternehmertum kann unser Land, ja unseren Kontinent deutlich vom Valley unterscheiden. Und damit nicht nur Investoren und Innovationskraft zu uns holen, sondern auch den zukünftigen Wohlstand für uns alle sichern. Einen Wohlstand, von dem wir alle noch mehr profitieren als bisher, weil er intrinsisch Mensch und Erde mitdenkt. Ich wünsche mir sehr, dass die Start-up-Szene dieses Landes diesen Weg jetzt geschlossen geht und damit eine neue, integrierte Vorbildfunktion für unsere Wirtschaft übernimmt. Das heißt natürlich nicht, dass die alte Wirtschaft entlassen ist, auch sie muss diesen Wandel konsequent mitgehen. Aber neue Zeiten brauchen neue Gesichter. Und neue Verantwortung. Diese Chance kann gerade die Start-up-Szene wunderbar nutzen – und damit spürbar auch etwas für ein besseres Image von uns Unternehmer:innen tun. Und vielleicht werde ich dann einmal in drei Jahren auf einem Unternehmer-Panel von einem Top-Talent gefragt: „Was kann ich tun, damit auch ich als Unternehmer:in erfolgreich sein kann?“ Ach, das wäre doch mal was! Über die Autorin: Stefanie Kuhnhen verantwortet als geschäftsführende Partnerin das strategische Produkt von Grabarz & Partner, einer der führenden inhabergeführten, kreativen Markenagenturen Deutschlands und der Welt. Nicht nur ihre Arbeiten für Unternehmen wie IKEA, Volkswagen, EDEKA oder Burger King wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Strategiepreisen ausgezeichnet, sondern auch sie selbst. Stefanie Kuhnhen ist zweifache Mutter und hat im Frühjahr 2018 das Trendbuch „Das Ende der unvereinbaren Gegensätze" publiziert. Seit 2019 ist sie Co-Founderin des Startups „Kokoro“. Eine App, die die zentralen Faktoren gesunder Unternehmenskulturen misst und Teams aktiv dabei unterstützt, ihren emotionalen Zustand zielgerichtet zu verbessern. Ich freue mich schon jetzt auf unseren Austausch, der hier beginnt. Und jederzeit online weitergehen kann: stefanie@killingopposites.com.
- More Story – more Glory
Narrative Kommunikation zieht uns so magisch an, dass aus „Storytelling“ einer der Buzzword-Aufreger des vergangenen Jahrzehnts geworden ist. Storytelling-Expertin und Kommunikations-Trainerin Katja Schleicher hat ausgewählte Aspekte narrativer Kommunikation beleuchtet. Mein Vater erzählt gern lachend, wie Mini-Katja sich über das Ende vieler Geschichten beschwert hat und stattdessen ihre eigenen, viel spannenderen Ende gebaut hat. Unterbewusst habe ich schon früh geahnt, wie viel Emotion sich mit der richtigen Geschichte zum richtigen Moment auslösen lässt. Das ist heute noch so: die magischen Momente in meiner Arbeit als Kommunikations-Coach entstehen, wenn sich Menschen in ihren eigenen Geschichten entdecken, sich emotional auf die Spur kommen und sich selbst ein Leuchten ins Gesicht zaubern. Dabei ist der eigentliche Teil des „Telling“ im Storytelling - das Verworten der Geschichte - lediglich die Zielgerade des narrativen Abenteuers. Die eigentliche Arbeit an der Geschichte beginnt viel früher: mit dem Blick nach innen. Denn: Wer keine Story hat, kann auch keine erzählen. Das Tolle ist: wir alle haben diese Geschichten, es gilt nur, sie freizulegen. Der Einsatz von narrativen (erzählenden) Elementen ist kein Aufhübschen von Präsentation-Einstiegen oder Flyern. Sondern ein cross-mediales Kommunikations-Tool, das für Investoren-Folder, Pitch, Social Media oder Präsentation genutzt werden kann. Um Menschen hinter Ihrer Idee zu versammeln. Wenn Sie beim Entwickeln Ihrer Stories einige der folgenden Aspekte im Blick haben, wird es leichter, narrativ auf Kurs zu bleiben und Ihr Publikum für Ihre Idee so einzunehmen, dass sie nicht nur gefällt, sondern (gern) unterstützt und weiter erzählt wird. Wo die (wirkungsvollen) Geschichten herkommen Der Spruch, dass das Leben die besten Geschichten schreibt, ist so alt wie wahr. Wir neigen dazu, kleinere Geschichten zu übersehen (weil sie uns geradezu selbstverständlich erscheinen. Dabei lohnt sich gerade hier der genauere Blick, denn in diesen gefühlt „selbstverständlichen“ Dingen liegt oft große erzählerische Kraft. Als Angebot hier einige hilfreiche Themenfelder, um eigenen Stories auf die Spur zu kommen: Herkunft („wo ich herkomme, wurde schnell gehandelt“) Vision („ich wollte schon immer zum Mars fliegen“) Identität („ich bin eine ausgesprochene Frohnatur“) Werte („nur gemeinsam kann man ein Unternehmen zum Erfolg führen“) WOW & AHA Wenn Sie Ihr Narrativ entwickeln, lohnt es sich, dem WOW-Moment in der Story größere Aufmerksamkeit zu schenken: er sorgt für die emotionale Resonanz, ohne die keine Story ihr Ziel erreicht. Um im Anschluss daran auch Relevanz, die kognitive Bindung ans Thema, zu festigen, braucht das Publikum noch dazu den AHA - „jetzt bin ich schlauer geworden“ Moment. Beim anschaulichen Gestalten beider Momente helfen „Huckepack“-Geschichten: „Bei uns war es genauso wie bei“ … oder eben „genau ganz anders als bei xxx…“ Externe Referenzen heran zu ziehen, hilft dem Publikum, Relationen herzustellen und damit leichter an Ihre Geschichte an zu docken. Nachzuempfinden, wie es für Sie in dieser Situation war: Denn nicht auf die (dramatischen) Umstände kommt es an, sondern wie Sie damit umgegangen sind. Worum geht es eigentlich? Was passiert? Die Antwort sollte eine Art emotionaler Leit-Stern für dass, was Sie erzählen sein, wenn sie die Story entwickeln: z.B. “In dieser Geschichte geht es geht um wiedergewonnene Hoffnung“. „Das ist eine Geschichte über den Wert der Freundschaft in unruhigen Zeiten“…) Werfen Sie sinnes- und farbefrohe Schlaglichter auf genau die Aspekte der Geschichte, die „AHA“ oder „WOW“ beim Publikum auslösen sollen. Was soll das Publikum denken, fühlen und tun? Mit welchen Gefühlen wollen Sie beim Publikum in Resonanz gehen? Es sollte glaubwürdig für alle sein – dann wird es Sie und ihr Publikum bis zum (Happy)End tragen. Um nicht als Schwätzer gesehen zu werden, prüfen Sie, wie sich die Themen und Sachverhalte so verbinden lassen, dass die ganze Geschichte mehr als die Summe der Einzelteile wird. Damit erhöhen sich Relevanz und langfristige Wirkmacht des Narrativs. Drama, Baby, Drama (ein bisschen) Mit welcher Personage, welchem Konflikt laden Sie Ihr Publikum in Ihre Story ein? Eine Geschichte braucht einen Helden. Sie selbst, einen gefährlichen Sturm oder ein kleine Katze. Die Hauptfiguren sind, genau wie ein starker Gegenspieler, die Identifikationsfiguren für das Publikum: Was wäre Bond ohne seinen Bösewicht oder Batman ohne den Joker? Auch ohne Konflikt gibt es keine Story. Nur dadurch entfaltet sich der Sog, der dafür sorgt, dass man Ihnen bis zum Ende an den Lippen hängt. Machen Sie diesen Konflikt deutlich sichtbar und spürbar. (Gut gegen Böse, arm gegen reich, Kampf gegen die Zeit oder den inneren Schweinehund, etc…). Dann bleibt das Publikum gern in Ihrer Lösungs-Richtung. Was wäre, wenn? Es lassen sich für jede Geschichte verschiedene Ideen oder Szenarien für ein interessantes Ende entwickeln. Wie die Geschichte ausgeht, sollte in jedem Fall schon bei der Vorbereitung eingeplant werden… Sinnvolle Fragen dazu sind z.B.: Wie geht es nach dem Ende weiter? Gibt es eine Fortsetzung? Worauf wollen Sie neugierig machen? Wie beeinflusst das die Geschichte rückwirkend? Welchen Titel bekommt die Geschichte? WANN wird WAS WARUM WIE weiter erzählt? Wirklich langfristig verankert sich jedoch nur das, was andere von uns bzw. der jeweiligen Geschichte weitererzählen… Dazu lassen sich einige Aspekte nutzen, die verstärkende Wirkung auf das Weitererzählen haben: Verrät die Geschichte ein Geheimnis? („das Geheimnis ewig junger Haut“) Wie groß ist der Sog, das „Haben oder Dabeisein-wollen“- Gefühl, das durch die Geschichte ausgelöst wird („wie man am Berghain-Türsteher vorbei kommt“) Regt die Story zum Nachmachen an (‚so klappt es mit dem glatten Haar“) Zahlt sie auf ein größeres gesellschaftliches Thema ein? („wenn Sie in dieses Produkt investieren, investieren Sie auch in den Klimaschutz…“) Ist sie so irre und ungewöhnlich, dass man sie einfach teilen muss („hast Du das schon gehört/ gesehen?“) Über die Autorin: Katja Schleicher sorgt als Kommunikations-Evangelist bei íhren Kunden von StartUp bis Pharma-Riese dafür, dass das Herz dem Kopf die richtigen Worte in den Mund legt. Als Trainer, Coach, Speaker und Facilitator. In drei Sprachen und ganz Europa. www.katjaschleicher.com www.interview-training.eu
- Mit Stockfotos gegen Stereotype
Die Zeit, in der Stereotype das Bild unserer Arbeitswelt prägten, neigt sich endlich dem Ende zu. Das belegt jetzt eine aktuelle Auswertung von iStock, die anlässlich des diesjährigen Weltfrauentages mit den beliebtesten Bildern beschäftigt hat. Das Ergebnis: Die Bilder, die 2020 weltweit unter dem Suchbegriff „Women“ am beliebtesten waren, zeigen nicht etwa das typisch westliche Klischee, mit dem viele vermutlich immer noch rechnen. Stattdessen werden eine Asiatische, eine Indische und eine Schwarze Frau an ihrem jeweiligen Arbeitsplatz dargestellt. Diese Entwicklung zeigt, dass wir uns in die richtige Richtung bewegen: Die zunehmende Nachfrage nach authentischerem Bildmaterial beweist, dass Marken und Unternehmen von Jahr zu Jahr mehr daran interessiert sind, geltende Stereotype zu durchbrechen und ihre visuelle Kommunikation diverser und somit auch authentischer zu gestalten. Die drei beliebtesten Stockfotos mit dem Suchbegriff „Women“ 2020: Das Ende alter Stereotype Tatsache ist, dass unsere Wahrnehmung dessen, was möglich ist, dadurch geprägt wird, was wir sehen. Wenn Unternehmen also an althergebrachten Mustern festhalten und diese sowohl in Werbe- als auch in Recruiting-Kampagnen ständig wiederholt werden, brennen sie sich unweigerlich in das Bewusstsein aller ein. Das führt dazu, dass nicht nur Frauen, die nicht der Norm entsprechen, sich ganz automatisch entmutigt fühlen. Die Bilder, die sie immer wieder vor Augen geführt bekommen, legen ihnen schlichtweg nahe, dass sie nicht dazu gehören. Und genau daran muss sich dringend etwas ändern. Aus diesem Grund ist es für mich beruhigend zu sehen, dass immer mehr Marken und Unternehmen nicht nur nach Bildern suchen, die ganz unterschiedliche Typen von Frauen in einem positiven Kontext zeigen, sondern diese letztendlich auch herunterladen und tatsächlich in ihren Kampagnen verwenden. Auf diese Weise tragen sie auf lange Sicht dazu bei, dass sich die Situation von Frauen auf der ganzen Welt verbessert – und zwar gleichermaßen beruflich wie privat. Für Marken und Unternehmen spielen Diversität und Inklusion aber eine noch weitaus wichtigere Rolle. Einerseits konnte eine Erhebung von McKinsey im vergangenen Sommer eindrucksvoll belegen, dass eine hohe Gender-Diversität die Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein, um 25 Prozent steigert. Ähnliches gilt für die ethnische Diversität der Vorstandsmitglieder, wobei der Wert hier sogar bei 36 Prozent liegt. Der Geschäftserfolg eines Unternehmens steht somit in eindeutigem Zusammenhang mit der Frage, wie divers es aufgestellt ist. Doch auch für die Konsumenten ist dies inzwischen zu einer Selbstverständlichkeit geworden. Im Rahmen der Visual GPS-Studie, die iStock in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut YouGov durchgeführt hat, konnte genau das belegt werden: 67 Prozent der Deutschen sagten hier, dass sie von Unternehmen, bei denen sie einkaufen, erwarten, dass sie die Vielfältigkeit der Menschen in all ihren Formen und Farben zelebrieren. Besonders ausgeprägt ist diese Erwartungshaltung bei den jungen Generationen Y und Z. Hier gaben mit 74 Prozent fast drei von vier der Befragten an, dass Diversität etwas ist, dass sie bei Marken und Unternehmen nicht nur sehen wollen – alles andere ist für sie längst zu einem No-Go geworden. Was es jetzt zu beachten gilt Wenn Marken und Unternehmen sich dazu entscheiden, ihre visuelle Kommunikation inklusiver zu gestalten und stereotypischen Darstellungen dadurch ein Ende zu setzen, ist der erste wichtige Schritt bereits getan. Bei der Auswahl des richtigen Bildmaterials gibt es jedoch einige Punkte, die sie beachten müssen. Zunächst ist vor allem die Frage des Geschlechts ein zentraler Knackpunkt. Genderspezifische Klischees sind nach wie vor auf der ganzen Welt fest verankert und vor allem in der Arbeitswelt noch genauso problematisch wie vor einigen Jahrzehnten. Um dem entgegenzuwirken, sollte bewusst darauf geachtet werden, differenzierte Bilder auszuwählen. Hier geht es aber nicht nur darum, dass beispielsweise in Pflegeberufen Männer genauso häufig wie Frauen dargestellt werden, was für leitende Positionen natürlich ebenso gilt. Für Marken und Unternehmen ist es darüber hinaus nämlich auch wichtig, von ihrer binären Sicht abzurücken und auch Menschen, die der LGBTQ-Community angehören, bei der Wahl ihres Bildmaterials einzubeziehen. Nur so kann auch unterrepräsentierten Gruppen der Platz geschaffen werden, der ihnen gebührt. Für Unternehmen, die ihre visuelle Kommunikation vielfältiger gestalten möchten, gibt es aber auch noch weitere Punkte, die sie unbedingt im Hinterkopf haben müssen. Denn natürlich sind Diversität und Inklusion nicht einfach nur eine Frage des Geschlechts. Wie die drei beliebtesten Bilder, die Frauen darstellen, verdeutlichen, ist es ebenso wichtig, immer Menschen darzustellen, die ganz bewusst nicht dem westlichen Stereotyp entsprechen. Auch Merkmale wie Größe, Figur, Alter oder körperliche, geistige oder psychische Behinderungen spielen hierbei eine wichtige Rolle. Letztendlich sollte das visuelle Material, für das sich Marken und Unternehmen entscheiden, also genauso vielfältig und bunt sein wie die Menschen selbst. Wird dies bei der Auswahl der passenden Materialien berücksichtigt, sehe ich gute Chancen, dass sich auch im Alltag die Gleichberichtigung aller immer weiter durchsetzt – und zwar völlig unabhängig von Herkunft, etwaigen Einschränkungen oder Geschlecht. Über die Autorin: Dr. Rebecca Swift ist seit über 20 Jahren in der Fotobranche tätig und war maßgeblich am Aufbau des Creative Research Teams bei iStock, einer der weltweit führenden Bilddatenbanken, beteiligt. In ihrer Position als Global Head of Creative Insights hat sie Pionierarbeit in der visuellen Trendforschung geleistet und betreut weiterhin große Forschungs-projekte zu den Themen, mit denen sich die Konsumenten auseinandersetzen und für die sie sich am meisten interessieren.
- Warum digitale Selbstverteidigung wichtig ist
Das Internet ist für uns zu einem wichtigen Teil des Lebens geworden. Doch mit den Jahren dominieren Unternehmensinteressen dort immer stärker. Das bedeutet für Nutzer:innen: immer öfter zahlen sie für ihr Online-Erlebnis mit ihren Daten – denn wer denkt, das Internet sei kostenfrei, irrt gewaltig. Allerdings ist es möglich, sich dem entgegenzustellen und seine digitale Unabhängigkeit zurückzuerobern. Persönliche, beziehungsweise vertrauliche Daten, und Informationen müssen digital besser gesichert werden und der Zugang zu diesen muss erschwert werden. Sicherheit geht alle etwas an Die Liste ist lang: Der Nachbar hat mit einem Identitätsdiebstahl zu kämpfen, Eltern sorgen sich um den Schutz ihres Kindes, der/die Freund:in wird online belästigt und die Journalistenfreundin sieht sich mit Doxing konfrontiert – diese digitalen Angriffe basieren darauf, sich vorab Informationen über jemanden im Internet zu beschaffen, um diese gegen sie oder ihn zu benutzen. Auch für Unternehmen ist das Thema essenziell. Denn vertrauenswürdig ist nur, wer sich um die Daten seiner Kund:innen kümmert und diese schützt. Hacker:innen und Cyberkriminelle wittern gerade jetzt gute Möglichkeiten für Angriffe, wo dank der Pandemie Arbeits- und Privatleben noch stärker verschmelzen. Das Problem: Cyber Security klingt nicht unbedingt spannend. Die meisten Menschen interessiert das Thema schlichtweg nicht genug, um sich damit zu beschäftigen und sich entsprechend zu schützen. Und dass, obwohl ihnen die Risiken durchaus bewusst sind. Nur allzu gern wird die eigene Verantwortung bezüglich wichtiger Sicherheitsvorkehrungen abgegeben. Dabei ist es enorm wichtig, sich nicht nur auf Regierungen und Führungskräfte in Unternehmen zu verlassen, sondern das Thema selbst in die Hand zu nehmen. Die drei Hauptbereiche digitaler Selbstverteidigung Wer seine eigene Unabhängigkeit im Netz zurückgewinnen will, hat drei einfache Schritte vor sich: 1. Die eigenen Daten zurückholen Nicht selten muss man Daten aus Winkeln des Internets holen, in die sie überhaupt nicht gehören. Der erste Schritt: den eigenen Namen im Internet suchen. Dabei wird oft deutlich, dass Fotos, Social-Media-Accounts oder auch die eigene Adresse öffentlich einsehbar sind. Sollen einige (oder alle) dieser persönlichen Informationen nicht mehr im Internet auftauchen, ist es wichtig, sich an die jeweiligen Quellen zu wenden und beispielsweise die Löschung der Adresse bei Telekommunikationsanbietern zu beantragen. Doch was ist mit all den Daten, die nicht auf den ersten Blick zu sehen sind? Auch durch Onlinekäufe oder unsere Suchhistorie erhalten Unternehmen Daten. Diese werden gesammelt, aufbereitet und verkauft – und dazu verwendet, uns wiederum personalisierte Werbeanzeigen auszuspielen. Und wer hatte nicht schon einmal das Gefühl, eine Anzeige auf einer Website zu erhalten, nachdem er 30 Minuten zuvor über das betreffende Produkt gesprochen hat? Das Gefühl, hin und wieder „belauscht“ zu werden, lässt sich auf Browser wie Google zurückführen. Abhilfe kann hier ein Update der Browsereinstellungen bspw. zum Inkognitomodus schaffen – oder aber ein Wechsel zu Suchmaschinen, die erst gar keine Informationen tracken. Was, wenn die Daten aber schon längst gesammelt wurden? Hier hilft die DSGVO: Als Privatperson hat man durchaus Rechte, auf die man sich beziehen kann – zum Beispiel Art. 17 DSGVO, das Recht auf Löschung („Recht auf Vergessenwerden“). Demnach kann man von Unternehmen verlangen, dass die eigenen personenbezogenen Daten unverzüglich gelöscht werden. Antwortet das betreffende Unternehmen darauf nicht innerhalb von vier Wochen, hat man die Möglichkeit, eine offizielle Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde einzureichen. 2. Social-Media-Kanäle checken Die Funktion hinter den vielen kostenfreien Social-Media-Kanälen lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wenn Sie nicht für das Produkt zahlen, dann sind Sie selbst das Produkt. Treffender kann man es nicht in Worte fassen, denn jede Aktion, die wir in Verbindung mit einer der beliebten Plattformen tätigen, wird beobachtet, genutzt und zu Geld gemacht. Das heißt im Klartext: Jeder Login, jedes Gerät, auf dem User:innen die Plattformen nutzen, jede Nachricht die jemals dort versendet wurde, ebenso wie hochgeladene Bilder und weitergeleitete Dokumente werden getracked. Wieso einem das nicht egal sein sollte? Es geht dabei nicht nur um personalisierte Anzeigen, die so perfekt zugeschnitten sind, dass sie als unheimlich empfunden werden. Man sollte immer im Hinterkopf behalten: Die eigenen Daten können auch darüber hinaus missbraucht werden, bspw. für Microtargeting wie etwa bei der US-Wahl 2008. Helfen kann es, automatisch gesetzte Vorgaben zu ändern. Wer seine Profileinstellungen checkt, findet sicher einige Schlupflöcher zur Datennutzung von Third-Party-Anbietern, die sich stopfen lassen. 3. Auf sichere Passwörter setzen Neben den beschriebenen Gefahren der Datennutzung lauert noch eine weitere: Identitätsdiebstahl. Es ist ziemlich aufwendig, bei allen persönlichen Accounts die eigene Identität zu beweisen und überall neue Passwörter einzustellen. Ganz zu schweigen von möglichen weiteren Schäden. Dennoch sind Passwörter ein heikles Thema. Dabei ist die Logik ganz einfach: Wer nur ein Passwort nutzt, verfügt über einen Generalschlüssel. Ist dieser weg, wird es schwierig und aufwendig – denn dann lassen sich alle Türen öffnen. Damit ein Passwort nicht sofort zu erraten ist, gilt also: das Passwort ist zwar der Schlüssel zur eigenen Online-Identität, es sollte jedoch nichts über die betreffende Person aussagen. Das Problem? Die Menschen haben heutzutage viel mehr Accounts, als sie denken, schätzungsweise circa 200 pro Person. Wie soll man sich eine derartige Menge an sicheren Passwörtern ausdenken, und wo soll man sie aufbewahren? Helfen können Passwortmanager, die dafür sorgen, dass alle Passwörter der jeweiligen Accounts verschlüsselt und somit unzugänglich für Dritte sind. Gerade in Zeiten von Remote Work ist es außerdem von Vorteil, dass derartige Anwendungen zwischen privater und beruflicher Nutzung der Geräte unterscheiden können. Häufig können derartige Tools auch weitere Features anbieten, wie das Monitoring des Dark Webs. Wer möchte nicht wissen, ob eigene Daten dort auftauchen und entsprechend handeln können?! Schließlich liest man mittlerweile regelmäßig von Datendiebstählen, bei denen unzählige Konten und Passwörter gestohlen und im Dark Net zu Geld gemacht wurden. Fazit Der Gedanke, dass verschiedenste persönliche Daten von uns überall im Internet verteilt sind, ist beängstigend. Doch Nutzer:innen können sich aktiv dagegen wehren. Dazu gehören zwei wichtige Erkenntnisse: Zuerst einmal ist man oft nicht selbst daran schuld, dass die eigenen Daten missbraucht werden. Denn über die Nutzung der Daten wird nur selten oder sehr versteckt aufgeklärt, da dies nicht unbedingt im besten Interesse der Unternehmen ist. Dazu kommt: User:innen haben definitiv mehr rechtliche Macht, als sie glauben – und vor allem mehr, als die Netzgiganten Privatpersonen glauben lassen möchten. Über all dem steht jedoch das eigene Bewusstsein, wie man sich im Internet bewegt. Die meisten Unternehmen setzen darauf, dass man nur zwei schnelle Klicks tätigt, anstatt sich mit Datenschutzrichtlinien wirklich auseinanderzusetzen. Wer jedoch anfängt, bewusster auf Datenschutzverordnungen und Funktionen bestimmter Anbieter zu schauen, kann persönliche Daten von Beginn an besser schützen. Über die Autorin: Diva Hurtado ist Digital Lifestyle Expertin bei Dashlane – einem der führenden Passwort-Manager und Online-Identitätsverwaltungsdienste. Sie begann ihre Tech-Karriere mit der Gründung von "HackFSU", einem groß angelegten Hackthon in Florida. Mittlerweile unterstützt sie Dashlane dabei, Sensibilität für Themen wie Cybersicherheit und Identitätsschutz zu schaffen, indem sie interessante Story Angles findet, mit denen sich jede:r identifizieren kann.
- Von der Kollegin zur Chefin
First-Time Leader | Wie finde ich gut in die neue Führungsrolle, wenn ich zuvor im gleichen Team selber Teammitglied war und nun meine ehemaligen Kolleg:innen führe? Diese Frage stellen sich einige der First-Time Leader, mit denen ich als Coach arbeite. Sie sind unsicher, wie es ihnen gelingt, einen sauberen Übergang in die neue Rolle zu schaffen. Zudem sorgen sie sich, ob ihre ehemaligen Teamkolleg:innen sie auch tatsächlich in der Führungsrolle annehmen werden. Die folgenden sechs Tipps helfen, um sich schnell in die neue Rolle einzufinden und eine gute Beziehung zu den ehemaligen Kolleg:innen und nun Mitarbeiter:innen zu behalten: 1. Selbstreflexion: Veränderung und Beständigkeit Überlegen Sie sich, was mit der neuen Rolle anders sein wird und was gleich bleibt. Wahrscheinlich werden Sie manchmal z.B. Infos vom Management früher bekommen als alle anderen, die Sie zunächst noch für sich behalten müssen. Andererseits bekommen Sie auch nicht mehr alles mit, was im Team Thema ist. Unverändert jedoch bleibt beispielsweise ihre Persönlichkeit und ihr Humor. Überlegen Sie sich auch, welche Dinge unter der vorherigen Führungskraft gut im Team geklappt haben und was Sie davon weiterführen möchten. Dies sind alles Themen, die Sie beim Auftakt offen mit ihrem Team teilen können! 2. Der Auftakt Besonders bei ihrem ersten Tag als neue Führungskraft aus dem Team heraus ist es wichtig, dass ihnen und dem Team klar ist, dass sich die Rollen verändert haben. Welche Rituale gibt es, um den Übergang zu markieren? Dies könnten z.B. ein gemeinsames Meeting mit der Führungskraft über Ihnen sein mit einer offiziellen Übergabe, ein Umzug in ein neues Büro oder ein gemeinsames Kuchenessen als Symbol zum Einstand sein. 3. Hopes & Fears Übung Um herauszufinden, welche Hoffnungen ihr Team mit Ihnen als neue Führungskraft verbindet und welche Bedenken oder offenen Fragen es gibt, können Sie diese circa 30-minütige Workshop-Übung machen. Geben Sie dem Team zehn Minuten für das Brainstorming über ihre Hoffnungen und Bedenken jeweils auf Post-its (geht auch virtuell über virtuelle Whiteboards wie Miro oder Mural). Parallel können Sie für sich diese Fragen auch auf Post-its beantworten. Dann teilt das Team mit Ihnen seine Post-its und Sie ihre mit dem Team. Ich finde es sehr ehrlich, sich als Führungskraft auch verletzlich zu zeigen, indem Sie z.B. auch ihre Unsicherheiten teilen. Dann startet eine zweite Brainstormingrunde gemeinsam: Was können Sie und was kann das Team machen, um die Chancen zu vergrößern, dass die Hoffnungen tatsächlich eintreten und was habt ihr in der Hand, dass die Bedenken möglichst nicht eintreten? Überlegt euch konkrete Aktionen, die ihr in den ersten gemeinsamen Wochen umsetzen möchtet und haltet diese fest. 4. Lernen Sie ihr Team aus der neuen Perspektive kennen Auch wenn Sie denken „Ich kenne doch alle im Team“, empfehle ich in der Anfangszeit ausführlich Zeit für 1:1 Gespräche zu nehmen. Zwar wissen Sie aus Kolleg:innen-Sicht, was eine Person an Aufgaben gemacht hat und was für sie wichtig bei der Arbeit ist, nicht jedoch aus Sicht der Führungskraft des Teams. Somit sehen ihre Teammitglieder direkt, dass es Ihnen wichtig ist, sie aus ihrer neuen Rolle heraus zu sehen und wertzuschätzen. 5. Chefin und Freundin, geht das? Vielen Coachees, mit denen ich arbeite, fällt es schwer, Teammitgliedern, mit denen sie befreundet sind, auch unbeliebte Aufgaben und negatives Feedback zu geben. Sie haben oft das Gefühl, Chef:in ODER Freund:in sein zu müssen. Ich finde, es geht auch Chef:in UND Freund:in! Machen Sie sich selber klar, dass Sie sich mit ihren Teammitgliedern auf einer persönlichen Ebene gut verstehen können und gleichzeitig auch klares Feedback geben können, wenn Aufgaben etwa nicht pünktlich fertig werden. 6. Neid ihnen gegenüber oder von einzelnen Teammitgliedern Neid oder Missgunst könnten aufkommen, wenn sich andere Kolleg:innen auch auf ihre Stelle beworben haben. Hier ist es wichtig, dass ihre eigene Führungskraft ihren Teil dazu beiträgt, dass es für alle im Team klar ist, dass Sie aus Gründen XY für die Teamleitung ausgewählt wurden. Um ihnen langfristig die Unterstützung der Teammitglieder zu sichern, die sich ebenfalls auf ihre Stelle beworben haben, ist es aus systemischer Sicht wichtig, dass diese sich gesehen, gehört und wertgeschätzt fühlen. In einem Gespräch können Sie rausfinden, was es genau war, das sie dazu bewogen hat, sich auf die Rolle zu bewerben: Wenn es vielleicht darum ging, mit der Rolle mehr Visibilität im Unternehmen zu bekommen, schau als ihre Führungskraft, was Sie nun tun können, dass die Person über andere Wege mehr Sichtbarkeit bekommt, z.B. durch cross-funktionale Projekte. Auch wenn der Schritt von Kolleg:in zum/r Chef:in Herausforderungen mit sich bringt, können Ihnen diese sechs Tipps den Start erleichtern. Als Food for Thought können Sie sich außerdem in die Schuhe ihres Teams stellen und sich die Frage stellen: Was würde ich als Teammitglied von mir als Chef:in erwarten oder wissen wollen? Über die Autorin: Katrin Grunwald ist Teamentwicklerin und Coach für First-Time Leader. Als Gründerin der Beratung „The Globe Team“ in München begleitet sie angehende Führungskräfte bei einem erfolgreichen Start in die erste Führungsrolle und Teams weltweit dabei, besser zusammenzuarbeiten. Sie wird in ihrer Kolumne konkrete Tipps und Tricks aus ihrer Erfahrung in europäischen Konzernen, Start-Ups, Regierungsorganisationen und NGOs teilen. Für alle, die auf dem Sprung in die erste Führungsrolle und darüber hinaus sind.
- 5 Strategien gegen das “Corona Burnout”
Erst seit 2019 ist Burnout offiziell von der Weltgesundheitsorganisation als Syndrom definiert. Damit erkennt die WHO die negative Wirkung von chronischem Stress im Arbeitsleben auf unser Wohlbefinden an. Überforderungen, Einsamkeit, Zoom-Fatigue, Work-Life Balance mit Homeschooling und co. sind nur einige gesundheitsschädliche Aspekte, die gerade während der Pandemie für zusätzlichen Stress sorgen. Verarbeiten wir diesen chronischen Stress nicht erfolgreich, entsteht Burnout. Die Faktenlage ist klar: Schon vor der Pandemie erfuhren zwei Drittel der Vollzeitbeschäftigten am Arbeitsplatz Ansätze von Burnout (Gallup, 2018) - die weltweit größte Führungsstudie, die GLS 2021, zeigt heute zudem, dass sogar 86% der jungen Führungskräfte Burnout gefährdet sind. Wie gehen wir also mit dieser Herausforderung angemessen um? “Treatment without prevention is simply unsustainable” - Bill Gates Prävention ist besser als Heilung Wie wichtig Prävention ist, haben wir 2020 wohl alle gemerkt. Und die Einsicht setzt sich langsam aber sicher durch, dass Prävention langfristig der wichtigste Hebel für mentale Gesundheit in der Arbeitswelt ist. Denn um Burnout vorzubeugen, reicht ein „einfaches mehr Pausen machen“ nicht aus. Befinden Mitarbeitende sich unter chronischem Stress, sind vor allem Führungskräfte gefragt, frühzeitig Maßnahmen einzuleiten. Deshalb möchte ich euch fünf Präventivmaßnahmen und drei Akutmaßnahmen an die Hand geben, wie innerhalb des Unternehmens und des Teams Burnout vorgebeugt werden kann. 5 Präventivstrategien, um Burnout vorzubeugen 1. Verstehe mentale Gesundheit im Ganzen Stress und Burnout sind nicht die einzigen Belastungsproben für uns im Arbeitsumfeld. Um die mentale Gesundheit im Ganzen zu erhalten, müssen auch Symptome psychischer Krankheiten wie Depression verstanden und frühzeitig erkannt werden. Es gilt, einen verbindlichen Plan für die Förderung von mentaler Gesundheit am Arbeitsplatz zu schaffen - am besten ist die mentale Gesundheit als Ziel sogar in der Unternehmensstrategie verankert. Und gerade Führungskräfte sollten ein verstärktes Bewusstsein für mentale Gesundheit im Arbeitskontext entwickeln. 2. Arbeitsanforderungen-Arbeitsressourcen-Modell (AAM) Das AAM ist ein hilfreicher Guide zum tieferen Verständnis von Burnout und seinen Gründen: Es besagt, dass Burnout eine Folge von zu hohen Arbeitsanforderungen und zu geringen Arbeitsressourcen ist. Ersteres führt zu Erschöpfung und zweiteres zu Motivationsverlust und verringertem Engagement. Als Führungskraft stellt ihr für Mitarbeitende eine direkte Ressource dar: mit transformationaler Führung, also motivierend, rücksichtsvoll, inspirierend und partnerschaftlich, habt ihr einen direkten Einfluss auf die positive Wahrnehmung von Arbeitsressourcen und die Einstellung der Mitarbeitenden. 3. Psychische Belastungen am Arbeitsplatz erkennen Natürlich kann nicht jede psychische Belastung am Arbeitsplatz vermieden werden. Darauf zu achten, ist aber trotzdem wichtig, besonders in der Rolle als Führungskraft. Auf organisationaler Ebene sind regelmäßige, am besten anonyme, Mitarbeiterbefragungen sinnvoll. Ebenso kann eine respektvolle Arbeitskultur helfen, dass im ganzen Unternehmen über mentale Gesundheit aufgeklärt und offen geredet wird. Löst das Tabu am Arbeitsplatz, über psychische Belastungen zu reden. 4. Klare Richtlinien Über 50% der Unternehmen haben keine Work-Life Balance Policy (McDowall, Kinman, 2017). Als Unternehmen ist es allerdings wichtig, klare Zeichen und Strukturen zu setzen, um Burnout-Gründe wie Mehrarbeit, zu wenig Pausen und Überforderungen zu vermeiden. Falls es solche Strukturen nicht gibt, startet den Dialog im Unternehmen und co-kreiert Richtlinien, die euch als Führungskraft in der Arbeit mit dem Team unterstützen. 5. Coaching Coaching kann Führungskräfte in zweierlei Hinsicht unterstützen. Einerseits dient es euch selbst als Mittel, Selbstbewusstsein zu stärken, persönliche Werte mit beruflichen Pflichten in Einklang zu bringen sowie Denkmuster und Glaubenssätze zu prüfen. Also Arbeitsressourcen aufzubauen. Andererseits kann Coaching Führungskräften dabei helfen, im Umgang mit den Mitarbeitenden selbst als Coach aufzutreten. Beim Coaching erfahrt ihr Techniken, die angewandt auch das Wohlbefinden und die Widerstandsfähigkeit der Mitarbeitenden stärken. Das wichtigste bei diesen Strategien: Achtet auf die Herausforderungen im organisationalen Kontext. Die Wahrnehmung der Mitarbeitenden spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Die Organisation muss zwar geeignete Ressourcen zur Verfügung stellen, aber die individuelle Wahrnehmung kann dabei nicht außer Acht gelassen werden. Und dabei gilt, man kann nie zu viel für die mentale Gesundheit tun. 3 Maßnahmen bei akuter Burnout Gefahr 1. Job-Crafting Yoga, Meditation und Achtsamkeitsübungen sind bekannt. Leider funktionieren sie nicht immer für alle. Was bei ersten Burnout-Zeichen helfen kann, ist die Verbesserung von Kontrolle. Mangelnde Kontrolle ist eine Hauptgefahr für mentale Gesundheit. Wenn wir Mitarbeitenden Kontrolle durch bspw. das Prinzip des Job Craftings geben, verringern sich die Arbeitsanforderungen und Belastungen können nachlassen. Durch das Job Crafting - ein Bottom-Up Ansatz im AAM - können Mitarbeitende sowohl Ihre Aufgaben umgestalten, als auch an der eigenen Wahrnehmung ihrer Tätigkeiten arbeiten. 2. Akut-Coaching Ich habe Coaching zwar schon als präventive Maßnahme genannt, jedoch dient es auch als Akutmaßnahme und kann erstaunlich schnell Ergebnisse erzielen. Coaching kann Mitarbeitende dabei unterstützen, eigene Ressourcen zu erkennen und Wahrnehmungen zu hinterfragen und zu verändern, die zu einem verbesserten Wohlbefinden führen. Ebenso kann Coaching das oben genannte Job Crafting unterstützen, so dass Mitarbeitende mit konkreten Vorstellungen und Zielen in den Austausch mit ihren Führungskräften treten können. 3. Expert:in aufsuchen Burnout hat viele Stressoren. Wenn sich akute Burnout-Erscheinungen in Richtung Depression verändern, ist es unbedingt notwendig, sich professionelle, therapeutische Hilfe zu suchen. Als Führungskraft könnt ihr unterstützen, das Stigma über therapeutische Hilfe zu mindern. Geht mit euren Mitarbeitenden proaktiv in den Dialog und ermutigt sie, sich professionelle Hilfe zu suchen. In Zeiten der Pandemie (und auch danach) ist es wichtig, dass wir eine menschliche Herangehensweise an die Arbeitswelt einschlagen. Damit unterstützen wir uns selbst und unsere Mitarbeitenden darin, langfristig mental gesund zu sein. Davon profitiert am Ende auch das Unternehmen und die Gesellschaft. Über die Autorin: Miriam Schneider ist Coach und Senior Behavioral Scientist bei CoachHub, dem Marktführer von digitalem Coaching in Europa. Mit mehreren Jahren Coachingerfahrung, unter anderem bei Google, koordiniert sie mittlerweile die Coaching-Strategie für Deutschland, Österreich und die Schweiz. Dabei unterstützt sie Unternehmen in der DACH Region dabei, digitales Coaching für die Entwicklung und Förderung ihrer Mitarbeitenden und Führungskräfte sowie für organisationale Transformationen zu nutzen.
- Vorsicht, Gier!
STRIVE+ Mehrere Milliarden Euro verlieren deutsche Anleger:innen Jahr für Jahr mit windigen Anlageprodukten. Ein großer Teil davon versickert im sogenannten Grauen Kapitalmarkt. Gemeint ist der Teil des Finanzmarktes, der zwar noch legal ist, aber nur wenig oder gar nicht reguliert und beaufsichtigt wird. Das Risiko für Investor:innen ist hoch, die Aufklärung darüber häufig lückenhaft, das haben zwei besonders prominente Fälle aus den vergangenen Jahren gezeigt. Wie können Anleger:innen Mogelpackungen und schlechte Berater erkennen – und im Zweifel ihr Geld zurückbekommen?
- Family Affairs
STRIVE+ Das Leben oder das Geld von sehr wohlhabenden Menschen organisieren - das ist der Job eines Family Offices. Ida Beerhalter geht noch einen Schritt weiter: Sie bringt Frauen in Saudi-Arabien bei, ihr Vermögen selbst zu verwalten.
- Chris Surel: Der Schlaf-Optimierer
STRIVE+ Extreme Müdigkeit machte Chris Surel zu einem jungen Mann mit Suizidgedanken. Heute buchen ihn Top-Manager:innen als Coach, weil er ihnen erklärt, wie sie mit der perfekten Erholungsstrategie noch erfolgreicher werden. Ohne weniger arbeiten zu müssen.
- APO 2.0 - Die Grenzen der Politik
STRIVE+ Um am Puls der Zeit zu bleiben, braucht Politik Impulse von außen. Eine Gruppe von Unternehmer:innen kämpft derzeit für eine neue Verteilung von Macht und Geld, das so genannte „Verantwortungseigentum.“ Doch die Widerstände sind groß.
- Wie erfolgreiche Business-Couples entstehen
STRIVE+ Der Lackmustest für die beiden als Team war die Krise. „Die Corona-Pandemie war die bisher größte Herausforderung in unser beider Karrieren“, sagt Tobias Ragge. „Ich musste harte Entscheidungen treffen, um das Unternehmen zu retten. Zu wissen, dass Alexandra an meiner Seite ist, hat es leichter gemacht.“ Fotos: Henning Ross Ragge, 45, ist CEO der HRS-Group aus Köln. Das Unternehmen ist mit verschiedenen Plattformen auf ganzheitliche Lösungen für Geschäfts- und Privatreisen spezialisiert. Zu den größten Kunden gehören Volkswagen, Siemens, Amazon und Alibaba. Die Geschäftsführung übernahm er 2008 von seinem Vater, dem Firmengründer Robert Ragge. Alexandra – das ist Alexandra Barth, 43 Jahre alt und seit 2011 im Unternehmen. Sie kam als Marketing Director. Inzwischen hat sie mehrere Posten inne: Sie ist als CEO der Business Unit verantwortlich für HRS.de und Hotel.de und als Chief People Officer seit 2017 außerdem Mitglied des Management Board der HRS Group. Die Corona-Krise hat die gesamte Reisebranche hart getroffen. Auch HRS blieb nicht unberührt davon, da monatelang so gut wie keine Businesstrips stattfanden. Ragge reagierte darauf schnell, baute ein komplett neues Geschäftsfeld auf, das sich auf Krisenmanagement fokussiert und weltweite Kunden von den USA über Europa bis in Australien ausmacht. Barth trieb ein Projekt zur neuen Form des Arbeitens im „Hotel Office“ an: Über seine Plattformen vermittelt HRS inzwischen auch freie Hotelzimmer an Unternehmen, die für ihre Mitarbeiter:innen Alternativen zum Home Office suchen. Das Modell soll auch nach der Krise weiterlaufen. Dass das Unternehmen bisher verhältnismäßig gut durch die Pandemie gekommen ist, erzählt Ragge, liege auch daran: „Die Krise hat noch einmal gezeigt, wie gut Alexandra und ich als Team funktionieren – und dass alle Kollegen:innen an einem Strang gezogen haben.“ Der Sockel, auf dem die Beziehung der beiden steht, ist solide. Ragge und Barth kennen sich seit über 20 Jahren, haben sich beim gemeinsamen Studium an der European Business School in Oestrich-Winkel kennengelernt. Ragge bezeichnet Barth als seine „beste Freundin.“ Was zunächst sogar gegen ihre Einstellung sprach, als er 2010 einen Director für das Marketing suchte. „Natürlich habe ich mir die Frage gestellt: Will ich unsere Freundschaft für den Job aufs Spiel setzen? Ist es mir das wert? Mir war bewusst, dass die Gefahr, sie als Freundin zu verlieren, hoch war.“ Am Ende aber überwog, dass er dringend jemanden brauchte, der nicht nur mit Talent und Expertise überzeugt. Sondern von dem er wusste, dass er ähnlich tickt und seine unternehmerischen Werte teilt. Ragge und Barth haben seitdem einiges richtiggemacht, geschäftlich und zwischenmenschlich. HRS steht inzwischen auf einer internationalen Bühne, die Zahl der Mitarbeiter:innen hat sich mehr als verachtfacht und man ist globaler Marktführer im Firmenkundebereich. Und: Tobias Rage und Alexandra Barth sind noch immer beste Freunde. Zwar betonen sie, dass sie keine Blaupause dafür seine können, wie gutes Zusammenarbeiten funktioniert. Dafür sei die Konstellation aus beruflichem Gleichtakt und enger Freundschaft zu speziell. Vergleicht man ihre Erzählungen aber mit dem, was die Management-Psychologie über effiziente Konstellationen weiß, stellt man fest: Bei Ragge und Barth lässt sich in erstaunlich vielen Boxen ein Häkchen setzen. Bis zu 70% aller geschäftlichen Partnerschaften scheitern. Die Formel für den Erfolg Der gemeinsame Nenner, der die Wahrscheinlichkeit auf Erfolg steigen lässt, besteht aus mindeste ns drei Komponenten: Fachlich und menschlich sollte man komplementär sein. Die Werte müssen übereinstimmen. Dass das schwieriger ist, als es klingt, zeigt die Statistik: Bis zu 70% aller geschäftlichen Partnerschaften scheitern. Sogar Ehen halten öfter, und das will etwas heißen. Tatsä chlich sind berufliche und private Beziehungen einander aber gar nicht so unähnlich. Es gibt Kombinationen, die automatisch schwingen. Und solche, die von Vorneherein zum Scheitern verurteilt sind. Am häufigsten sind die, die Potential haben, an denen man aber stetig arbeiten muss. Dr. Claudia Drews und Jens Corssen wissen, was den Unterschied macht. In einer Kooperation haben sich die beiden Top-Coaches auf das Thema Führungs-Duos fokussiert; die beiden beraten das oberste Personal der deutschen Wirtschaft. Vor allem Drews greift dabei immer auch auf persönliche Erfahrungen zurück: Ihre eigene Management-Beratung führt sie seit Jahren in einer engen Doppelspitze. Aus dem Gespräch mit ihnen lassen sich neun Punkte ableiten, die Erfolg wahrscheinlicher machen. 1. Der fachliche Fit „Wenn sich Expertisen gut ergänzen, hat man einen breiteren Wirkungsgrad in der Leistung“, erklärt Claudia Drews. Das kann eine pragmatische Aufteilung sein in CMO und CFO. Oder aber eine grundsätzlichere wie die in Visionär und Handwerker, wie es zum Beispiel bei den Gründern von Apple der Fall war: Steve Jobs wusste, was die Menschen morgen haben wollen. Der Ingenieur Steve Wozniak konnte die entsprechenden Computer dazu bauen. Häufig ist auch das Modell „Visionary Founder, Second in Command.“ Facebook etwa konnte nur deshalb so nachhaltig erfolgreich werden, weil die COO Sheryl Sandberg wusste, wie sich aus der Idee von Mark Zuckerberg dauerhaft Geld machen lässt. Auch Tobias Ragge beschreibt, dass die Zusammenarbeit mit Alexandra Barth davon profitiert, dass jeder seinen eigenen Tanzbereich habe. „Unsere Rollen sind unterschiedlich, wir bearbeiten eigene Felder. Auf ihrem hat Alexandra klar mehr Expertise. Das ist wichtig, weil dann Macht-Fragen in den Hintergrund rücken können.“ 2. Der menschliche Fit „Wir ticken schon sehr gleich“, sagt Alexandra Barth über sich und ihren Chef. „Wir sind beide Möglich-Macher, immer im Get-Going-Modus. Wir sind schnell im Kopf, sprechen schnell, mögen schnelle Entscheidungen.“ Dass die beiden im gleichen Takt funktionieren, mache vor allem in kritischen Situationen den Unterschied. Gut zueinander zu passen heißt aber nicht, sich in allem möglichst ähnlich zu sein. Es geht darum, sich zu ergänzen, die Stärken des anderen zu stärken und die Schwächen auszugleichen. Tobias Ragge sagt: „Ich habe die Fähigkeit, schnell wichtige Entscheidungen zu treffen und einen Kurs festzulegen – und dabei alles andere auszublenden. Ich belaste mich dabei nicht mehr mit Fragen wie: Wem müsste ich das eigentlich erklären? Was macht das mit Leuten, die ich mag?“ Er wisse aber, dass das in Sachen Mitarbeiterführung nicht immer die nachhaltigste Methode ist. An diesem Punkt kommt Alexandra ins Spiel. „Ich bin sein Multiplikator ins Unternehmen und zieht die Schleifen, die ihm nicht entsprechen und die er sich in seiner Rolle nicht erlauben kann.“ Sie schildert: „Für Tobias zählt nur die gute Entscheidung, für mich die gute Entscheidung im Team. Er springt in den Bus, ruft ‚los geht’s!’ und legt den fünften Gang ein. Ich steige hinterher, heiße die Mitarbeiter:innen Willkommen, erkläre die Route und gucke nach, ob alle angeschnallt sind. 3. Der Werte-Fit Zu wissen, wofür ein Unternehmen steht, ist wichtig. Das betrifft vor allem Fragen der Teamführung und der Mitarbeiterkultur, den Umgang mit Kunden, übergeordnete Ziele und Visionen. Aber auch in der Zusammenarbeit muss man begreifen, was dem oder der anderen wichtig ist: Wo muss man den Schulterschluss suchen? Wo liegen Grenzen? Welche Grundsätze dürfen nicht angekratzt werden? Die Management-Beraterin Drews verrät: „Mit meinem Geschäftspartner habe ich die Abmachung, dass jeder auch alleine entscheiden kann. Auch, wenn es um die Wurst geht. Wir vertrauen uns, weil wir wissen, dass wir denselben Werten dienen.“ Tobias Ragge spricht heute offen darüber, wie schwer es ihm als junger Chef gefallen ist, neuen Leuten Verantwortung für gesamte Unternehmensbereiche zu überlassen. „Ich hatte bisweilen Angst vor Kontrollverlust.“ Da s hohe Maß an Identifikation, das Familienunternehmen mit sich bringen, machte das nicht leichter. „Irgendwann aber muss man Macht abgeben – damit die Firma wachsen kann. Dann muss man Leu te finden, die kulturell ähnlich geprägt sind, denn Sie vertrauen ihnen Ihr Haus an. Bei Alexandra wusste ich von Anfang an: Wir können uns in der Sache noch so uneins sein, die grundsätzlichen Vorstellungen teilen wir.“ Stellt man Mitarbeiter:innen ein, die man vorher nicht kennt, müsse man das in Vorstellungsgesprächen genau abklopfen. „Das geht aber nur bis zu einem gewissen Punkt, letztendlich bleibt es ein Bauchgefühl.“ Ragges Erfahrung nach dauere es etwa zwei Jahre, bis man weiß, ob eine Konstellation wirklich passt. "Irgendwann aber muss man Macht abgeben - damit die Firma wachsen kann." - Tobias Ragge 4. Wertschätzung Tobias Ragge weiß das und handelt schon lange dementsprechend. „Ich überlasse Alexandra nicht einfach nur ein Thema, sondern auch das Tableau. Folien abliefern und ich stelle mich dann auf die Bühne, das gibt es bei mir nicht. Aufmerksamkeit und positives Feedback treibt uns alle an, Motivation kommt aus Resonanz und Anerkennung.“ Alexandra, aber auch alle anderen Führungskräfte stellen deshalb intern und extern ihre Themenfelder vor – und geben ihnen ihr Gesicht. Alexandra wiederum weiß, dass Wertschätzung keine Einbahnstraße ist. Mit dem Vertrauen, das Ragge ihr vorschießt, geht Barth sorgsam um. „Tobias hat mir die Schlüssel zu einem Teil seines Hauses gegeben. Er ist das Haus, da kann man nur die Perspektive des Inhabers einnehmen. Ich stelle das nicht in Frage, sondern habe mich an meine Grenzen herangetastet. Das ist eine Frage von Empathie und Respekt.“ "Bei uns geht es immer darum, was gut ist für das große Ganze." - Alexandra Barth 5. Den anderen erkennen Talente und Schwächen, private Rahmenbedingungen, Ziele und emotionale Treiber: „Es ist wichtig, sich gegenseitig zu sehen, und zwar in allen Bereichen“, sagt Claudia Drews. Dann steige die Effizienz der Arbeit überproportional, weil man Aufgaben maßgeschneidert zuteilen könne und weniger Fehler mache. Alexandra Barth erzählt, dass Ragge – im Gegensatz zu früheren männlichen Vorgesetzen – nie versucht habe, sie zu verändern. „Er hat nie gesagt: Sei mal leiser, nimm dich mal zurück. Er schätzt, dass ich extrovertiert bin und Raum einnehmen kann.“ Ragge hingegen weiß, dass er nie aufhören darf, Barth herauszufordern. Bisher hat er ihr alle anderthalb Jahre eine neue Aufgabe oder einen neuen Posten gegeben, sie zuletzt für das Thema Personal verantwortlich gemacht. „Ich weiß, dass ich sie immer wieder reizen muss mit inhaltlich Neuem, an dem sie wachsen kann.“ 6. Klare Absprachen Wenn Alexandra eine dieser neuen Aufgaben übernimmt, setzt sie sich mit ihrem CEO zusammen und legt die Parameter fest: Welche Ziele hat das Projekt? Welche Erwartungen der Chef? Will er am Ende abgeholt werden oder bestimmte Teilstrecken mitlaufen? Auch für das Zwischenmenschliche sollten Absprachen getroffen werden. Wie bei einer Ehe sei es gerade am Anfang wichtig, schon das Ende mit zu planen, sagt Claudia Drews. „Mein Geschäftspartner und ich haben schriftlich festgehalten, wie wir im Fall einer Trennung mit möglichen Konflikten umgehen wollen. Zu wissen, dass wir diese Vereinbarung haben, lässt uns entspannt miteinander arbeiten.“ Ragge und Barth haben sich vor Vertragsabschluss versprochen, sofort die Reißleine zu ziehen, sollte ihre Freundschaft in Gefahr sein 7. Füreinander da sein Loyalität entsteht nicht nur zwischen 9 und 17 Uhr. Jens Corssen beschreibt, dass private Anknüpfungspunkte durchaus zu einer „größeren Beseeltheit und Verbundenheit“ mit der Arbeit führen können. Ragge und Barth lachen heute, wenn sie daran denken, was sie schon alles zusammen erlebt haben. Davon, dass sie sich so gut kennen, profitieren sie im Arbeitsalltag oft, weil sie Stimmungen schnell erkennen und reagieren können. Gerade jetzt, wo sie sich fast nur noch durch Bildschirme sehen. „Wir erkennen am Verhalten oder den Reaktionen des anderen auch via Zoom, wann es mal wieder Zeit wird, auf den anderen zuzugehen und sich detaillierter auszutauschen“, erzählt Barth. Wie echte Verbundenheit aussieht, konnte man auch bei Barack Obama und seinem Vize Joe Biden beobachten. Die beiden waren nicht nur für ihre effektive Zusammenarbeit im Oval Office bekannt, sondern auch für ihre „Bromance“ („New York Times“). Legendär die Geschichte, die Joe Biden in einem CNN-Interview schilderte: Als sein Sohn schwer erkrankte und er sich Sorgen um das finanzielle Auskommen der Familie machte, erzählte er seinem Chef davon – und erwähnte, dass er sein Haus verkaufen wolle. „Mach es nicht, Joe“, habe Obama geantwortet, „ich gebe dir das Geld.“ Bidens Sohn verstarb 2015. Das Foto von der Beerdigung, auf dem US-Präsident Obama seinen Vize fest im Arm hält, ging um die Welt. 8. Geschlossenheit Claudia Drews betont, wie wichtig eine gemeinsame Führungslinie nach außen hin ist, nicht zuletzt, um Mitarbeiter:innen und Kund:innen nicht zu verunsichern. „Mein Partner und ich stehen hinter jeder Entscheidung des anderen, auch, wenn er sie allein getroffen hat. Wenn es Probleme gibt, löffeln wir sie gemeinsam aus.“ Jens Corssen greift auf eine Berater-Anekdoten aus dem Fußball zurück: „Beim FC Bayern schreibt die Presse, dass der Sportdirektor und der Trainer zerstritten sind. Die beiden als Führungsduo formulieren ihre Auseinandersetzung als konstruktives Streiten für ein gemeinsames Ziel.“ Ob die Loyalität so weit gehen muss wie bei Mark Zuckerberg und Sheryl Sandberg, darf in Frage gestellt werden. 2018 geriet Facebook in eine Krise, als die „New York Times“ dem Unternehmen vorwarf, es habe Hinweise auf Einflussnahme beiden US-Wahlen 2016 absichtlich zurückgehalten. Im Zentrum der Vorwürfe stand Sheryl Sandberg, die frühzeitig von den Vorgängen gewusst und dann gegen die mediale Berichterstattung lobbyiert haben soll. Rücktrittsforderungen wurden laut. Intern soll Zuckerberg seine CEO verantwortlich gemacht haben. In einem Interview mit dem TV-Sender CNN verteidigte er sie vehement und betonte, wie wichtig sie für ihn sei. 9. Ego „Bei uns geht es immer darum, was gut ist für das große Ganze. Erst danach kommt, was wichtig für die eigene Person ist“, sagt Alexandra Barth. „Ich glaube, dass das letztendlich unser Erfolgsgeheimnis ist.“ Entscheidend sei nie, wer letztendlich das letzte Wort behält oder wer sich nach wem richte, schon gar nicht, was die Hierarchie vorschreiben würde. „An diese Stelle geht es mir nie darum, wer die Macht hat“, betont auch Ragge. Mein Ego ist groß, aber mein Wille, das Beste für mein Unternehmen zu tun, ist stärker.“ Jens Corssen fasst es so zusammen: „Wer eine Idee hat, die größer als sein Ego ist, kann besser teilen.“
- Messen Sie noch KPIs oder schon KEIs?
Neues Unternehmertum | Ganzheitlichkeit per se ist ja nichts Neues. Dass es Schwarz nicht ohne Weiß, Freude nicht ohne Trauer, Ying nicht ohne Yang gibt – das wissen wir seit vielen Jahrhunderten. Und doch, so scheint es, kommen wir erst jetzt wieder so richtig dahinter, dass wir Ganzheitlichkeit bewusst fördern und fordern sollten. Im wirtschaftlichen und gesellschaftlich-politischen Leben geht es inzwischen mit guten Schritten voran: Dass Ökologie und Ökonomie kein Widerspruch mehr sein müssen, haben wir erkannt und weitere Regulationen im „Green New Deal“ werden dazu führen, dass Unternehmen ganzheitlicher und nachhaltiger agieren. Auch die Frauenquote ist beschlossene Sache und Diversity, Equity und Inclusion – verstanden als wirklich inklusive, die bunte Vielfalt fördernde Kultur – ist auf immer mehr politischen und damit auch in vielen Unternehmensstrategien verankert. Und doch, so scheint es mir, gibt es noch einen blinden Ganzheitlichkeits-Fleck in unseren Unternehmensköpfen, wenn wir zum Thema Individuum vs. Team kommen! Einen Mythos, mit dem wir bewusst aufräumen sollten: Dem des einzelnen Genies. Irgendwie besteht in unseren Vorstellungen und Held:innengeschichten noch immer der Grundgedanke, dass es dieses geniegleiche Individuum gibt, das man nur finden, fördern und feiern muss, um Herausragendes zu leisten! Dabei wissen wir doch alle: Jede Errungenschaft, jedes brillante Ergebnis, jeder Fortschritt ist die Leistung eines Teams. Selbst wenn herausragende Köpfe in ihren Bereichen wichtiger Bestandteil dieses Teams sind bzw. sein müssen. Warum erschaffen wir also noch immer gerne Held:innen, die „am Ende das Rad nochmal rumgedreht haben“? Ich bin überzeugt, dass wir im Neuen Unternehmertum auch die Unternehmenskultur dringend neu verstehen und mit dem „Lone-Star-Mythos“ aufräumen müssen. Oder, wie es im Englischen so schön heißt, die „great man theory“ bewusst widerlegen sollten! Es geht dabei natürlich nicht um die Abwertung des Einzelnen – aber auch nicht mehr um dessen Überbewertung. Denn nur dann wird es überhaupt erst wirklich möglich werden, das Team in den Fokus zu rücken. Ein für mich überfälliger Schritt in diese Richtung ist das Beenden der alleinigen Konzentration auf das individuelle Mitarbeitergespräch. Denn wenn jede herausragende Leistung ein Team braucht, müssen wir auch den Zustand des Teams anschauen und fördern: Es gilt also nicht nur die einzelnen Finger einer Hand anzuschauen, sondern eben auch die Finger-Zwischenräume! Denn hier findet Teamkultur, und damit Teamleistung, statt! Die ältere und jüngere Wissenschaft ist dabei erstaunlich klar, was wertvolle Teamdynamiken fördert: Psychologische Sicherheit – oder Angstfreiheit, wie ich sie gerne im Deutschen nenne – ist zentral. Auch das Zugehörigkeitsgefühl. Und das Energielevel im Team. Sowie weitere weiche Faktoren wie Verlässlichkeit oder Empathie. Ich fasse sie unter dem Begriff Key Emotional Indicators (KEIs) zusammen. Ich plädiere dafür sie regelmäßig, alle zwei bis vier Wochen, zu erheben, da sich diese Teamdynamiken täglich durch nur eine Person verändern können. Und sie als Team zu reflektieren und gemeinsam zu entwickeln. Denn nur so können wir das wichtigste Asset der Unternehmen für die Zukunft, die Teams, die in einer immer komplexeren Welt immer komplexere Lösungen entwickeln müssen, gezielt fördern und unterstützen! Wie wäre es also, wenn das Neue Unternehmertum im Sinne der Ganzheitlichkeit das Schiff nicht nur mit KPIs steuert, sondern auch mit KEIs? Wenn wir endlich systemisch das vervollständigen, was schon immer da war: Und nicht nur die offensichtlichen Ergebnisse, sondern auch die unsichtbaren Teamdynamiken sichtbar machen, entwickeln und verbessern? Für mich wäre das Ying und Yang 2.0. Und damit absolut zeitgemäß. Über die Autorin: Stefanie Kuhnhen verantwortet als geschäftsführende Partnerin das strategische Produkt von Grabarz & Partner, einer der führenden inhabergeführten, kreativen Markenagenturen Deutschlands und der Welt. Nicht nur ihre Arbeiten für Unternehmen wie IKEA, Volkswagen, EDEKA oder Burger King wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Strategiepreisen ausgezeichnet, sondern auch sie selbst. Stefanie Kuhnhen ist zweifache Mutter und hat im Frühjahr 2018 das Trendbuch „Das Ende der unvereinbaren Gegensätze" publiziert. Seit 2019 ist sie Co-Founderin des Startups „Kokoro“. Eine App, die die zentralen Faktoren gesunder Unternehmenskulturen misst und Teams aktiv dabei unterstützt, ihren emotionalen Zustand zielgerichtet zu verbessern. Ich freue mich schon jetzt auf unseren Austausch, der hier beginnt. Und jederzeit online weitergehen kann: stefanie@killingopposites.com .