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  • Relaxtes 2022: Fünf realistische Neujahrsvorsätze

    Jedes Jahr dasselbe: Pünktlich zum Jahresende beginnt die Zeit der Reflexion. Wir fragen uns: Was habe ich dieses Jahr erreicht? Welche Ziele stecke ich mir nächstes Jahr? Und so geht es los mit den Neujahrsvorsätzen. 2 Liter Wasser am Tag, drei Mal die Woche Sport, neuer Job, neue Wohnung, etc. Aber: Ist das wirklich realistisch? Wir geben Ihnen 5 Vorsätze mit auf den Weg, die Sie auch wirklich umsetzen können – ganz stressfrei. 1. Täglich 15 Minuten etwas tun, dass uns guttut Sich Zeit für sich selbst zu nehmen, ist wichtig – und doch ist es das Erste, was wir im Alltag meistens hintenüberfallen lassen. 2022 ist Schluss damit. Planen Sie sich einfach 15 Minuten täglich dafür ein: Sei es ein entspannter Kaffee auf der Couch, ein Teil einer Netflix Folge oder auch ein kleiner Spaziergang. Wichtig hierbei ist nur, die 15 Minuten nicht am Schreibtisch zu verbringen, sondern den Arbeitsplatz zu verlassen. Denn so gelingt uns das Entspannen und Abschalten erst richtig. 2. Mehr Bewegung in den Alltag integrieren Für viele von uns ist der altbekannte Neujahrsvorsatz, jeden Tag (oder zumindest mehrmals die Woche) Sport zu machen, unrealistisch. Dafür fehlt für viele schlichtweg Zeit und vor allem Motivation. Ein Neujahrsvorsatz, der allerdings leicht zu schaffen ist, ist einfach mehr Bewegung in den Alltag zu bringen. Anstatt dem Aufzug oder der Rolltreppen können wir die Treppen nehmen und wenn der Arbeitsweg es zulässt, auch mal mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren. Für das Büro ist eine spannende Idee auch ein verstellbarer Stehtisch. 3. Mehr für die Umwelt tun Auch mehr für die Umwelt zu tun ist an vielen Stellen deutlich einfacher, als man vielleicht denkt. Eine praktische Angewohnheit ist es, einen To-Go Becher dabei zu haben, wenn man sich einen Kaffee holt. Bei vielen Cafés bezahlt man sogar weniger, wenn man seinen eigenen Becher mit dabeihat. Eine weitere leichte Angewohnheit ist es, beim Lebensmittel einkaufen und auch bei Shopping-Trips einen Jutebeutel dabei zu haben. So kann man beim Einkaufen auf Tüten verzichten. Es gibt viele schöne Jutebeutel, die on top auch noch das Outfit aufpeppen können. Wichtig bei Neujahrsvorsätzen ist es, dass sie sich leicht in den Alltag integrieren lassen 4. Digitale Auszeiten einplanen Wichtig bei Neujahrsvorsätzen ist es, dass sie sich leicht in den Alltag integrieren lassen. Ein gutes Beispiel: Mehr Handyfreie Zeit einzuplanen. Viele Smartphones tracken die Bildschirmzeit und ermöglichen es auch, bildschirmfreie Zeiten einzustellen. Besonders abends ist das eine sinnvolle Idee, denn so gelingt entspannen deutlich besser: Das Blaulicht des Smartphones hält unser Gehirn nämlich künstlich wach, weshalb wir ohne das nächtliche Scrollen wesentlich besser und schneller schlafen. Grundsätzlich empfiehlt es sich, das Handy nachts komplett auszuschalten oder zumindest auf Flugmodus zu stellen. Das garantiert eine entspannte Nacht. 5. Mehr Brainfood ins Leben bringen! Anstatt Netflix und Amazon Prime, könnten Sie lieber ab und an zu einem Buch greifen. Wer nicht gerne liest, kann natürlich auch Hörbücher oder Podcasts anhören. Viele Bücher sind auch als Hörbuch erhältlich. Damit gelingt abschalten und Weiterbildung gleichzeitig. Wenn es doch lieber auf dem Bildschirm sein soll, sind Dokumentationen auch eine Alternative. Neben Netflix & Co. bieten oft auch die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender in ihren Mediatheken Dokumentationen zu unterschiedlichen Themen an. Einfach mal ausprobieren. Allgemein sind Vorsätze und die Umsetzung dieser natürlich sehr individuell. Diese Tipps sollen nur der Inspiration dienen. Nehmen Sie sich für den Anfang vor allem nicht zu viel vor. Besser sind kleine, kontinuierliche Fortschritte. Denn im Endeffekt geht es um einen entspannten Umgang mit Neujahrsvorsätzen. Das sollte Priorität haben.

  • Die Zukunft der Arbeit ist selbstständig

    Gastbeitrag | N26, Gorillas, Zalando – Startups und ihre Gründer:innenteams werden gefeiert wie Rockstars. Dabei stellen immer mehr Menschen erfolgreiche Geschäftsmodelle ganz ohne Venture Capital und Angestellte auf die Beine, es bekommt nur niemand mit. Oft mit nachhaltigerem Erfolg. Zeit mit dem Klischee aufzuräumen, dass Solo-Selbständige nicht genauso viel wert sind wie Startup-Gründer:innen. Wer kennt Pamela Reif , die Fitness-Influencerin? Oder Céline Flores Willers , die LinkedIn-Expertin? Beide sind als Solo-Selbstständige gestartet und haben inzwischen kleine Imperien aufgebaut. Während diese beiden Frauen inzwischen sehr bekannt sind, gibt es unzählige weitere Gründer:innen, die aus sich selbst heraus, ohne Fremdkapital und Angestellte, tolle Geschäftsmodelle auf die Beine gestellt haben. Obwohl es in Deutschland inzwischen 2,3 Millionen Solo-Selbstständige gibt, redet fast niemand über sie, wenn wir über erfolgreiche Gründungen sprechen. Nicht einmal sie selbst. Als Gründer von Kontist , einer Finanz-App für Solo-Selbstständige, habe ich mich mit ganz vielen „Solos“ unterhalten. Oft kehren sie ihre Erfolge unter den Teppich: „Ich habe ja nicht mal Angestellte!“. Besonders Frauen neigen dazu, ihr Licht unter den Scheffel zu stellen. Diese 4 Beobachtungen habe ich in den letzten Jahren gemacht: 1. Männer und Frauen gründen anders Wenn Männer gründen, dann oft mit Blick auf finanziellen Erfolg und Wachstum. Sie sammeln Fremdkapital ein und lassen sich nicht davon verrückt machen, wenn ihr Unternehmen erst mal eine ganze Zeit lang keinen Gewinn macht. Frauen gründen anders: Aus sich selbst heraus, meist ohne Venture Capital, nachhaltiger, ohne riesige Skalierung– und damit öffentlich weniger sichtbar. Während nur 15,7 Prozent der Startups in Deutschland von Frauen gegründet werden, sieht das bei der Solo-Selbstständigkeit schon besser aus: 2021 lag der Frauenanteil unter den Solo-Gründungen bei immerhin 38 Prozent. Auch unter unseren Kund:innen sind 37 Prozent Frauen. Die Hälfte der Frauen ist neben ihrem Hauptjob solo-selbstständig, was nur bei einem Fünftel der männlichen Einzelunternehmer so ist 2. Zeit schlägt Geld Frauen machen sich häufig in kreativen oder sozialen Bereichen solo-selbstständig; im Vordergrund steht anfangs nicht der finanzielle Erfolg, sondern der Wunsch, seine eigene Chefin zu sein und die höhere Flexibilität. Als Solo-Selbstständige lassen sich Familie und Job besser vereinbaren als bei einer Festanstellung. Sehr viele Frauen bauen ihre Solo-Selbstständigkeit nachhaltig auf und testen sie zunächst im Nebenerwerb: Die Hälfte von ihnen ist neben ihrem Hauptjob solo-selbstständig, was nur bei einem Fünftel der männlichen Einzelunternehmer so ist. 3. Freelancen ist toll, Unternehmer:in sein noch besser Eine Solo-Selbstständigkeit bietet nicht nur viel Flexibilität, sondern auch gute Einkommensmöglichkeiten. Viele Solo-Selbstständige starten mit einem Zeit-gegen-Geld-Modell. Das bedeutet, dass sie ihr Geld als spezialisierte Freelancer oder Freiberufler:innen verdienen, zum Beispiel als Webdesigner:in, HR-Expert:in oder IT-Berater:in. Solche spezialisierten Experten werden von Unternehmen meist sehr gut bezahlt. Richtig spannend wird es aber dann, wenn Solo-Selbstständige ihr Angebot von der Arbeitszeit entkoppeln und unternehmerisch tätig werden. Gerade die Digitalisierung und die diversen Social Media-Plattformen bieten unendliche Möglichkeiten, dem Markt aus den eigenen Fähigkeiten heraus ein lohnendes Angebot zu machen. Das sieht man an den beiden Frauen, die ich am Anfang erwähnt habe: Pamela Reif ist mit Fitness- und Gesundheitsthemen auf Instagram gestartet, wo sie inzwischen acht Millionen Follower hat. Später hat sie ein erfolgreiches Buch geschrieben, Youtube-Videos veröffentlicht, eine Unterwäsche-Kollektion und gesunde Schokoriegel auf den Markt gebracht und sich so ein Fitness- und Fashion-Imperium erschaffen. Auch Céline Flores Willers hat erst als freiberufliche Unternehmensberaterin gearbeitet, dann als Moderatorin, sich anschließend einen Namen als „Miss LinkedIn“ gemacht (wo ihr heute über 100.000 Menschen folgen) und dann das erfolgreiche Unternehmen „The Personal Branding Company“ aufgebaut. Ich habe in den letzten Jahren so viele tolle Ideen gesehen, die teilweise aus mangelndem Selbstvertrauen nicht umgesetzt wurden 4. Liebe Solos, seid selbstbewusst! Nicht jede:r von uns muss so durchstarten wie Pamela oder Céline. Aber, liebe Solo-Selbstständigen und, vor allem, liebe Frauen: Bitte glaubt an euch! Ich habe in den letzten Jahren so viele tolle Ideen gesehen, die teilweise aus mangelndem Selbstvertrauen nicht umgesetzt wurden. Um dieses Selbstvertrauen aufzubauen, ist es wichtig, ein tragfähiges Geschäftskonzept zu erarbeiten, das ein Kundenproblem löst. Hier können Handelskammern oder Gründungsberatungen helfen. Es gibt aber auch viele gute Blogs für Solo-Selbstständige, zum Beispiel von der Österreicherin Lilli Koisser . Wenn ihr das Gefühl habt, in einem oder mehreren Themen richtig gut zu sein, dann traut euch! Denkt nicht, dass ihr noch vier Fortbildungen oder drei offizielle Zertifikate braucht. Lasst euch nicht verunsichern von kritischen Stimmen in eurem Umfeld – wer sich selbst nie selbstständig gemacht hat, der wird euch erfahrungsgemäß auch nicht dazu raten. Good news: Die Community der Selbständigen wächst Ein Blick in die USA zeigt, wohin die Reise geht: Bis 2030 sollen Selbstständige dort fast die Hälfte aller Berufstätigen ausmachen. Spezialisierte Experten werden für die Innovationskraft unserer Wirtschaft immer wichtiger. Leider ist das in der deutschen Politik und Gesellschaft noch nicht ganz angekommen, weswegen es immer noch Vorurteile und bürokratische Hürden zu überwinden gibt. Deswegen meine Bitte: Seid selbstbewusst solo-selbstständig, lasst euch nicht vom Startup-Hype irritieren, sprecht über eure Erfolge und seid damit Vorbild für viele andere Solo-Selbstständige, die die Arbeitswelt der Zukunft mitgestalten wollen. Ich bin schon jetzt euer größter Fan! Über den Autor Christopher Plantener ist Gründer und Co-CEO v on Kontist , einer Finanz-App für Solo-Selbstständige, mit der sich Banking, Buchhaltung und Steuerberatung unkompliziert regeln lassen. Vor der Gründung von Kontist hat Christopher sieben weitere Unternehmen aufgebaut und war lange selbst als Solo-Selbstständiger unterwegs.

  • Von der Kunst, zu investieren

    STRIVE+ Rekordsummen bei Versteigerungen von Christie’s und Sotheby’s beflügeln die Fantasie der Anleger:innen: Macht es Sinn, Geld in Kunst zu investieren? Worauf man dabei achten muss – und welche Nachwuchsstars man jetzt kennen sollte. To watch! 5 Künstler:innen, die man jetzt kennen sollte - empfohlen von Mon Müllerschön. Tipp Nr. 1: Victoria Pidust Victoria Pidust (*1992 in Nikopol, Ukraine) Ausbil - dung: Fotografiestudium an der Schule NTUU KPI in Kiew, Visuelle Kommunikation und Malerei an der Weißen - see Kunsthochschule Berlin. Werk: In ihren Arbeiten ver - schwimmen Fotografie und Malerei zu „Hybriden“. Die Bilder sind analog und digital zugleich, z.B. „Black“ (Foto). Ausstellungen: Solo-Show im Kölner Kunstverein kjubh. Preis: ca. 6.000 Euro pro Kunstwerk (214 x 160 cm) Als im Spätherbst 2014 beim New Yorker Versteigerer Christie’s der Hammer auf dem Pult des Auktionators aufschlug, war die Freude in Nordrhein-Westfalen groß. Andy Warhols Bilder „Triple Elvis“ und „Four Marlons“ aus den 1960er-Jahren wechselten für 151,5 Millionen Dollar die Besitzer:innen. Dabei hatte die Landesbank Westspiel die dreifach gedruckten Elvisse Ende der 70er-Jahre für nur 85.000 und die vierfachen Brandos für 100.000 Dollar gekauft. Wertsteigerung: 37.000 Prozent. Storys wie diese machen das Leben von Mon Müllerschön (60) nicht gerade leichter. „Hier liegt eines der größten Probleme des aktuellen Kunstmarktes. Alle möchten am liebsten genau das erleben. Ich sage dann immer: ‚Bin ich Hellseherin? Fragen Sie doch mal Ihre Bankberater:innen nach solchen Renditen. Da werden Sie ausgelacht!“ Dass es sehr wahrscheinlich ist, bei einem Kunstkauf einen ebenso raketenhaften Verkaufserfolg zu erleben – man ahnt es –, ist nicht der Fall. Müllerschön arbeitet als Kunstberaterin, sie betreut seit über 30 Jahren die Sammlung des Verlegers Hubert Burda, inzwischen auch wichtige Sammlungen wie die der Unternehmensberatung Roland Berger sowie einige Privatsammlungen. Im Rahmen ihres Art Managements kauft und verkauft sie Kunst, erstellt Hängungskonzepte und Expertisen für Versicherungen, hält Vorträge und schreibt Kunstkataloge sowie eine Kolumne für die „Bunte“. Tipp Nr 2: Boris Saccone (*1991 in Schongau) Ausbildung: Studiert Bildende Kunst an der Akademie der Bildenden Künste München, Malerei und Grafik, Klasse Prof. Gregor Hildebrandt. Werk: Saccone verwendet Farbschwaden und abstrakte Formen, z.B. in „Nacht“ (oben) und „Ophelia“ (Mitte). Ausstellungen: „Der River“ in der Leipziger Baumwollspinnerei, Gruppenausstellung „Schanzentisch“ im Showroom Bergschmiede in München. Preis: 2.000 Euro pro Kunstwerk (100 x 100 cm) Die Frage nach der Wertsteigerung potenzieller Käufe hört sie heute deutlich öfter als früher. „Ich verstehe natürlich die Frage, aber wenn es einem Menschen nur darum geht, nehme ich den Job nicht an. Ob sich ein Künstler oder eine Künstlerin gut entwickelt, hängt von zu vielen Faktoren wie der Teilnahme an wichtigen Ausstellungen oder engagierten Galerist:innen und dem Zeitgeist ab. Der Kunstmarkt ist extrem situativ und volatil“, weiß die studierte Kunsthistorikerin. Eine sichere Bank für die Altersvorsorge ist Kunst also nicht. Der Versuch, das eigene Spielgeld zu vermehren, ist aber natürlich trotzdem legitim. Müllerschön rät ihren Kund:innen zunächst einmal, ihre Schmerzgrenze zu definieren. „Die liegt beim einen bei 500 Euro, bei der nächsten bei 5.000 und bei wieder anderen bei fünf Millionen.“ Wenn es innerhalb dieser Schmerzgrenze mit dem Werterhalt oder der Wertsteigerung nichts wird, hat man trotzdem noch ein Bild zu Hause hängen, das einem über viele Jahre Freude bereitet hat. Schon allein deshalb sollte die ausgewählte Kunst auch immer den eigenen Geschmack oder am besten direkt ins Herz treffen. Aber ab welcher Summe lohnt sich ein Kauf voraussichtlich auch finanziell? Für Müllerschön verlässt man erst bei mittleren fünfstelligen bis sechsstelligen Summen den höchst spekulativen Bereich. Der Weg von etablierteren Künstler:innen lässt sich eben etwas leichter einschätzen als der von blutjungen Akademieabsolvent:innen. Tipp Nr. 3: Lucia Mattes (*1996 in Heidelberg) Ausbildung: Staatliche Akademie der Bilden - den Künste Karlsruhe Werk: In ihren handgearbeiteten Werken geht Lucia Mattes mit Ironie und Überzeichnung auf kulturelle Phänomene ein – und überträgt diese so in eine neue Form, z.B. „Chain_Z“ (Foto). Ausstellungen: „Chaineration Z“ in der Städtischen Galerie Fruchthalle Rastatt, „System can’t fail – If there is no system“ in der Poly Galerie Karlsruhe Preis: ab 2.500 Euro Hat man die Werke bestimmter Künstler:innen im Visier, kann man ihre Historie durch eigene Recherche leicht im Netz finden. Plattformen wie Artnet oder Artprice funktionieren wie Preisdatenbanken, mit denen sich Entwicklungen nachvollziehen lassen. Blue Chips – um eine Analogie zum Aktienmarkt zu bemühen – gibt es im Kunsthandel übrigens auch. Künstler wie Gerhard Richter, Jean-Michel Basquiat oder eben Andy Warhol unterliegen kaum noch Schwankungen – kosten allerdings auch einiges in der Anschaffung. Richters „Abstraktes Bild 599“ ging 2015 für 46,3 Millionen Dollar (rund 41 Millionen Euro) weg, selbst ein Frühwerk des Künstlers im letzten Jahr für 2,625 Millionen Euro. Tipp Nr. 4: Charlie Stein (*1986 in Waiblingen) Ausbildung: Studium der freien Malerei und Grafik beim Künstler Gerhard Merz, Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart bei Christian Jankowski. Werk: Digitale Medien, Soziale Netzwerke u. moderne Formen der Kommunikation liefern das Material, z.b. für „Get Away Plane“ (oben). Ausstellungen: Manifesta11 in Zürich, Blackball Projects in New York, Songjiang Art Museum in Shanghai, Istanbul Bienniale 2017. Preis: auf Anfrage Wer diese Summen nicht aufbringen kann, muss sich informieren: Werden die anvisierten Künstler:innen von namhaften Galerien vertreten oder haben sie an Ausstellungen in renommierten Museen teilgenommen? Müllerschön empfehlt auch den Austausch mit anderen, erfahrenen Sammler:innen, Galerist:innen und den Künstler:innen selbst. Messen wie die Art Cologne oder das Gallery Weekend Berlin sind gute Gelegenheiten, sich in der Szene umzutun. Außerdem haben fast alle großen deutschen Städte Auktionshäuser, darunter Karl & Faber in München, Grisebach in Berlin oder Lempertz in Köln, an deren Versteigerungen jede:r (auch erst mal ohne Kaufabsicht) teilnehmen kann. Schwellenangst ist unbegründet, selbst bei Christie’s und Sotheby’s werden 80 Prozent der Werke unter 8.000 Euro versteigert. Aber Vorsicht: Wer sofort wie im Rausch mitsteigert, kann schnell die Flughöhe verlieren. Sich bei der Recherche breit aufzustellen und Zeit zu lassen lohnt sich. Müllerschön: „Ich habe schon viele Menschen weinen gesehen, die nicht ausreichend informiert waren und sich die Finger verbrannt haben.“ Auch die breite Streuung innerhalb der eigenen Sammlung – ähnlich wie in einem Aktien-Portfolio – macht Sinn. Neben vermeintlich sicheren Anlagen bringen die Werke junger Künstler:innen nicht nur spekulative Möglichkeiten, sondern auch eine inhaltliche Dynamik. Müllerschön zum Beispiel steht auch beim Kauf junger und preiswerterer Künstler:innen zur Seite – schon allein, um den Nachwuchs zu unterstützen. Um das große neue Ding der Kunstszene aufzuspüren, braucht es neben einem soliden Wissen und Gespür für Trends aber auch eine Portion Glück. Im April dieses Jahres ging das digitale Werk „Everydays: The First 5000 Days“ des amerikanischen Künstlers Beeple beim Auktionshaus Christie’s für 69.346.250 US Dollar (ca. 58 Millionen Euro) unter den Hammer. Tipp Nr. 5: Hell Gette (*1986 in Qarabulaq, Kasachstan) Ausbildung: Malereistudium an der Akademie der Bildenden Künste München. Werk: Gette verbindet die analoge mit der digitalen Welt. Sie schafft mit Malerei, Handzeichnungen, experimentellen Drucken u. digitalen Tools wie Photoshop eine zeitgenössische „#Landschaft3.0“. Ausstellungen: u.a. „#Interspace“ in der Münchener Pinakothek der Moderne. Preis: ca. 9.500 Euro pro Kunstwerk (150 x 120 cm) Der Clou: Dank eines digitalen Echtheitszertifikats, einem NFT (Non-Fungible Token), ist es nicht kopierbar. Mit einem derartigen Erfolg haben weder Sammler:innen noch das Auktionshaus oder der Künstler selbst gerechnet. Geht es in dem Stil mit den NFTs weiter? Auch das: Spekulation. Fest steht, dass die digitalen Werke zu Hause nicht an die Wand gehangen werden können. Die „emotionale Rendite“ fällt also schon einmal deutlich geringer aus. Genauso ist es mit Kunst-Fonds, mithilfe derer sich Anleger:innen am Erwerb großer Namen beteiligen können. The Fine Art Group oder Masterworks bieten solche Co-Investments an. Für vermögende Anleger:innen eine Überlegung, denn laut Artprice hat Blue-Chip-Kunst den S&P 500 – also den Aktienindex mit den 500 größten börsennotierten US-Unternehmen – von 2000 bis 2018 um 180 Prozent übertroffen. Garantiert gewinnbringend sind aber auch solche Anlagen nicht. Ein gewisser Nervenkitzel bleibt wohl immer erhalten, auch das macht den Handel mit Kunst aus. Ein kleiner Investment-Gedanke: Die Werke von Künstlerinnen werden bisher zu weit weniger hohen Summen verkauft als die von Männern. Unter den lebenden zeitgenössischen Künstler:innen sieht das konkret so aus: Das teuerste Kunstwerk eines Mannes stammt von Jeff Koons. Seine Skulptur „Rabbit“ wechselte 2019 für 91,1 Millionen US Dollar (81,1 Millionen Euro) den Besitzer. Das teuerste Kunstwerk einer Frau ist Jenny Savilles Gemälde „Propped“, das 2018 vergleichsweise schlappe 9,5 Millionen britische Pfund (10,7 Millionen Euro) einbrachte. Wenn die Sache mit dem Zeitgeist stimmt, dürfte sich am Wert der Künstlerinnen bald etwas ändern. STRIVE Tipps Fotos und Farbexplosionen – zwei Künstler:innen, die die Redaktion begeistern. Über Franziska Stünkel (oben links, Foto: Marc Ewig)(*1973 in Göttingen): Ausbildung: Studierte Bildende Kunst in der Film- und der Fotokunstklasse an der Kunsthochschule Kassel sowie an der Hochschule für Bildende Kunst Hannover; war Meisterschülerin von Prof. Uwe Schrader. Werk: Stünkel reist für ihre Serie „Coexist“ durch Asien, Afrika, Europa und Amerika auf der Suche nach Reflexionen auf Schaufensterglas, z.B. „All the stories 65“ (oben rechts). Außerdem arbeitet sie als Regisseurin, ihr Film „Nahschuss“ mit Lars Eidinger kam im Sommer 2021 in die Kinos. Ausstellungen: Sprengel Museum Hannover, Ernst Leitz Museum Wetzlar, Barlach Halle K Hamburg. Preis: Zwischen 2.500 und 10.500 Euro (ab 60 x 90cm) Über Paul Schrader (unten links)(*1981 in Hamburg): Ausbildung: Schrader begann mit zwölf mit dem Sprühen von Graffitis und verließ als promovierter Rechtsanwalt seinen Job in einer Großkanzlei, um sich als Autodidakt auf die Kunst zu konzentrieren. Gut zu wissen: Das Magazin der „AD“ nannte ihn unlängst den „Künstler der Stunde“. Seine Werke werden gehypt und erfahren aktuell eine konstante Wertsteigerung. Auch wenn die Kunstszene sich mitunter schwertut, den Quereinsteiger als einen der ihren zu akzeptieren – wer investieren will, findet in seinen zugänglichen Bildern einen guten Einstiegspunkt. Werk: „Ausbruch und Freiheit der Kunst“ beschreibt Schrader die Leitbilder seiner Malerei. Seine großformatigen, abstrakten Werke sind für ihre intensive Farben bekannt, z.B. „By the Lake“ (unten). Ausstellungen: Berliner König Galerie, heliumcowboy artspace Hamburg. Preis: Ca. 16.000 Euro pro Kunstwerk, (140 x 100 cm) Über Mon Müllerschön: Mon Müllerschön gehört zu den wichtigsten Kunstberater:innen des Landes. Sie betreut sowohl die Privat- als auch die Unternehmenssammlung des Verlegers Hubert Burda, außerdem u.a. die Sammlung der Unternehmensberatung Roland Berger. Aktuell lässt sie ihre Online-Galerie Wunderkunst wieder aufleben.

  • Wie soziales Engagement der Karriere hilft

    Gastbeitrag | Warum sollte ich mich ehrenamtlich engagieren? Wie finde ich das passende soziale Engagement für mich? Worauf sollte ich mich vorbereiten? Und: Wo fange ich an? Patrizia Bamberg-Kunz ist beruflich erfolgreich, engagiert sich aber privat ehrenamtlich. Sie erklärt, worauf man achten sollte und wie ein Ehrenamt in der Karriere hilft. Ich habe über die Jahre hinweg eine typische Karriere hingelegt: Klassen- und Schulsprecherin, Mitglied im Jugendbeirat unserer Stadt, Beisitzerin im Vorstand einer politischen Jugendorganisation und heute Präsidentin eines Lions Club. Wie es dazu kam? Sicherlich nicht, weil ich meinen CV aufhübschen wollte – von sowas hatte ich zu Schulzeiten nämlich noch keine Ahnung. Ich war schon immer vielseitig interessiert und offen für Neues. Je älter ich geworden bin, desto bewusster habe ich mich für das soziale Engagement entschieden. Zum einen, weil ich weiß, dass es mir grundsätzlich sehr gut geht und ich einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leisten möchte. Zum anderen, weil ich realisiert habe, dass soziales Engagement eine großartige Möglichkeit bietet, sich im Führen von Gruppen auszuprobieren. Wir müssen selbst aktiv werden und nicht darauf warten, dass uns irgendwann jemand sieht und fragt, ob wir uns weiterentwickeln wollen. Mutig sein und Türen öffnen Ich war normales Mitglied einer politischen Jugendorganisation und habe es (tatsächlich) gewagt, mich bei einer Delegiertenversammlung kurzentschlossen als Beisitzerin zu bewerben. Ich wurde gewählt und freute mich. Allerdings nur kurz, da ich vom Vorstand unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, welche (in-) offiziellen Regeln und Prozesse ich dadurch missachtet hätte. In den folgenden Sitzungen ließ mich der Vorstand mit aller Deutlichkeit und noch nicht einmal subtil spüren, dass ich nicht erwünscht war. Natürlich ließ ich mich davon nicht einschüchtern. Und siehe da: Der Vorstand wurde umgänglicher. Ich war in diesem Moment wohl sowas wie der Türöffner für ein neues Miteinander, auch andere mein Ansinnen positiv unterstützen. Die aus dieser Situation entstandenen Verbindungen und Freundschaften halten bis heute. Mit etwas Abstand rieb ich mir die Augen, welche Machtkonstellationen bereits auf niedrigsten Ebenen vorhanden sind. Hinzu kann man es nicht oft genug sagen: Wir müssen selbst aktiv werden und nicht darauf warten, dass uns irgendwann jemand sieht und fragt, ob wir uns weiterentwickeln wollen. Verbale Schlagfertigkeit üben und ein Gefühl dafür bekommen, auf wen man sich wirklich verlassen kann, sind essentiell. Planung ist das halbe Leben – und dann...? Als es darum ging im Rahmen einer Festwoche im Nachbarort eine Bewirtung zu organisieren, waren schnell einige helfende Hände aus meinem Freundeskreis gefunden. Alle nötigen Dinge wurden organisiert, vieles in liebevoller Handarbeit selbst erstellt und selbst Kleinigkeiten bis ins Detail im Vorfeld geklärt. Auch Unvorhergesehenes wurde kreativ gelöst. Ich hielt dabei alle Fäden in der Hand. Quasi das Mastermind hinter diesem spontanen Jugendprojekt. Dann kam der große Abend: Stimmung ausgelassen, gute Musik, die Leute tanzten, die Cocktails liefen in Strömen. Und ich: urplötzlich, von jetzt auf gleich war ich völlig fertig. Leere. Es lief einfach zu gut. Ich wurde nach Wochen des Organisierens und Planens nicht mehr benötigt. Darauf fiel alles von mir ab. Das Vertrauen was ich in meine Freunde gesetzt habe wurde weit übertroffen von dem, was ich mir vorgestellt hatte. Für mich war der Abend gelaufen. Es gelang mir nicht mehr, die Zeit zu genießen und ausgelassen mit den anderen zu feiern. Von dieser Erfahrung zehre ich bis heute bei meinen Projekten: Stets einen Weitblick bei Planungen haben, Abhängigkeiten frühzeitig erkennen und diverse Szenarien durchspielen. Und gerade dann, wenn Unvorhergesehenes geschieht, zügig reagieren und Lösungen finden. Außerdem Ehrlichkeit und Vertrauen gegenüber sich selbst und seinen Vertrauten/Mitstreite:innen. Und warum nicht auch einmal den Erfolg auskosten? Wohin Neugier und spontane Einlassungen führen können Der Satz, der mich zum Lions Club geführt hat, lautet folgendermaßen: „Ursprünglich als reiner Herrenclub gegründet, hat der Lions Club Vortaunus im Jahr 2018 entschieden, sich auch weiblichen Mitgliedern zu öffnen und seine Arbeit zukünftig als gemischter Club fortzusetzen“. Ich habe den damaligen Präsidenten kontaktiert und mitgeteilt, dass ich den Club gerne kennenlernen würde. Rund ein Jahr später war ich nicht nur die erste Frau im Club, sondern wurde auch als Präsidentin für das folgende Amtsjahr 2021/2022 gewählt. Eine steilere Karriere ist fast nicht möglich – sozusagen vom Lehrling zum CEO. Es gibt natürlich auch Aspekte, die eher unsichtbar sind. Inoffizielle Machtstrukturen gehören definitiv dazu. Unser Club gleicht vielen Unternehmensbereichen: Noch bin ich die einzige Frau. Die restlichen 25 Mitglieder haben eine Altersdurchschnitt von ca. 60 Jahren und verfügen über eine große Bandbreite an Berufen und enorme Erfahrungen. In den vergangen sechs Monaten habe ich vieles gelernt, wovon ich auch im Berufsleben profitiere. Ich leite unsere regelmäßigen Sitzungen (virtuell und in Präsenz) und sorge für Ordnung, wenn es zu chaotisch wird. Ich scheue mich nicht, kritische Themen deutlich anzusprechen und das Engagement aller einzufordern. Soweit zum Offensichtlichen. Es gibt aber natürlich auch Aspekte, die eher unsichtbar bzw. nicht wirklich greifbar sind. Inoffizielle Machtstrukturen gehören definitiv dazu. Diese herauszufinden, frühzeitig mit einzubinden und dadurch einen Mehrwert zu generieren musste ich erst lernen. Dazu kommt, die vielen (Lebens-) Erfahrungen aufzusaugen und einzuordnen. Wie ich an die Führungsrolle gekommen bin: Aktives Zugehen auf den Club gepaart mit einer gesunden Portion Neugier, deutliche Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme zeigen und keine Scheu, auf Erfahrung zurückzugreifen. Lohnt sich das alles? Stellt sich abschließend noch die Frage, ob es das wert ist. Zwei Kinder, zurück im Berufsleben, unter der Woche „alleinerziehend“ mit allem was dazu gehört in Haushalt und Wohnung. Und dann noch der ganze ehrenamtliche Freizeitstress. Stress bleibt nun mal Stress. Egal ob erfüllend oder nervenraubend. Es wäre einfach, diese Art von Stress in meinem Leben zu vermeiden. Will ich aber nicht. Weil ich durch mein Engagement sehe, dass Dinge angepackt werden müssen und es viel Gutes, besonders im sozialen Bereich, zu bewerkstelligen gibt. Dabei geht es nicht um die Beruhigung meines Gewissens, sondern viel mehr um die Freude, Dinge in die richtige Richtung zu lenken und koordinieren zu können und im gleichen Augenblick, anderen etwas zurückzugeben. Es ist sehr gut investierte Zeit. Über die Autorin: Patrizia Bamberg-Kunz ist Sales Strategy Manager bei Vitesco Technologies, einem Automobilzulieferer für Antriebstechnologien. Außerdem ist sie Präsidentin 2020/2021 des Lions Club Vortaunus. Dort engagiert man sich mit Fördermitteln in verschiedenen, teilweise langjährigen sozialen Projekten.

  • Die Welt gehört Hugo

    STRIVE+ Es gibt viel mehr Daten über Männer als über Frauen. Dieser so genannte Gender Data Gap wirkt sich gravierend auf unseren digitalisierten Alltag aus. Für das weibliche Geschlecht kann das lebensgefährliche Folgen haben. Nennen wir ihn der Einfachheit halber Hugo. Hugo ist 1,75 Meter groß, wiegt 78 Kilogramm und ist ein ziemlich unspektakulärer Durchschnittstyp. Trotzdem gehört ihm die Welt. Fast alles darin ist für ihn gemacht, richtet sich nach seinen Bedürfnissen und seiner Gestalt. Im Supermarkt oder der Bahn erreicht er problemlos jedes Regal, automatische Türen gleiten zuverlässig vor ihm auf, Smartphones reagieren auf seine Sprachbefehle und das Büro ist für sein Empfinden wohlig temperiert. Wenn er mal muss, kann er sich ohne langes Schlangestehen erleichtern. Wenn er einen Unfall baut, schützen ihn Gurt, Airbag und Sitzposition optimal vor Verletzungen. Und wenn er einen Herzinfarkt hat, wird dieser in der Regel schnell erkannt und behandelt. Handys, Klaviertasten, Bürostühle, Autositze, Fahrradsättel, Sonnencreme-Sprühflaschen – passen perfekt in seine Hände, unter seinen Hintern, zu seinem Rücken. Natürlich gibt es Hugo nicht wirklich. Oder besser gesagt: Es gibt sehr viele Hugos. Hugo ist der 50-Perzentil-Mann, der männliche Standard, der Mus termann. Nach seinen Daten richtet sich die Gestaltung unserer Umgebung, egal ob es um Produkte, Designs, Architektur, Software, Medikamente, Mobilität oder Sicherheitsrichtlinien geht. Das Problem: Hugos Daten liefern nicht nur die Grundlage für den Standard-Mann, sondern für alle Menschen. „Männer sind in unserer Gesellschaft das Maß aller Dinge – wortwörtlich“, schreibt Rebekka Endler in ihrem gerade erschienenen Buch „Das Patriarchat der Dinge“. Frauen haben ein um 47% höheres Risiko, verletzt zu werden - obwohl sie seltener in Unfälle verwickelt sind „Das stimmt“, sagt Gabriele Kaczmarczyk vom Deutschen Ärztinnenbund, „und als Referenz für Frauen taugen diese Daten einfach nicht.“ In ihrem Bereich hat der sog enannte Gender Data Gap, also der Mangel an Daten über Frauen, besonders gravierende Auswirkungen. Schließlich geht es in der Medizin nicht um Komfort im Alltag, sondern im Zweifel um Leben und Tod. „Männer und Frauen unterscheiden sich physiologisch und anatomisch stark voneinander. Frauen verstoffwechseln zum Beispiel Wirkstoffe von Arzneien anders, zeigen mitunter andere Symptome als Männer oder entwickeln bestimmte Krankheiten häufiger oder seltener“, so Kaczmarczyk. In der Corona-Krise könne man das gut beobachten: Eine Infektion mit Covid verläuft bei Männern oft schwerer, Frauen wiederum haben ein erhöhtes Risiko schwerer Nebenwirkungen einer Impfung. Die Unterschiede sind offensichtlich, die Ursachen hingegen schlecht erforscht. Auch, weil geschlechtersensible Medizin bisher keine große Rolle in Forschung und Praxis spielt. Einen Lehrstuhl dafür gibt es in Deutschland erst seit April 2021. Dabei sind die Auswirkungen der Datenlücke frappierend. Eine Studie aus Großbritannien etwa zeigt, dass Frauen mit einem Herzinfarkt 50 Prozent häufiger eine falsche Diagnose bekommen und deshalb eine erhöhte Sterblichkeit haben. Eine geschlechterspezifische Analyse zur Wirkung eines Medikaments gegen Herzrhythmusstörungen im „The New England Journal of Medicine“ hat ergeben, dass der untersuchte Wirkstoff bei Männern s ehr gut, bei Frauen hingegen deutlich schlechter wirkt. Bei Verkehrsunfällen wiederum haben Frauen ein um 47% höheres Risiko, verletzt zu werden und ein 17% höheres Risiko zu sterben – ob wohl sie seltener in Unfälle verwickelt sind. Das liegt unter anderem daran, dass die Position von Sitz, Lehne, Lenkrad, Gurt und Airbag an Männern ausgerichtet ist und Crashtests ausschließlich mit männlichen Dummys durchgeführt werden. Mittlerweile müssen Arzneien vor einer Zulassung in Europa oder den USA zwar an Männern und Frauen getestet werden. „Doch die Daten werden nicht geschlechterspezifisch ausgewertet und es gibt eine Vielzahl von Medikamenten, die schon vor dieser Regelung auf dem Markt waren“, sagt Kaczmarczyk, für die das Problem schon im viel früheren Forschungsstadium der Tierversuche beginnt: In der Medizin wird fast ausschließlich an männlichen Mäusen und Ratten geforscht. Weibliche Tiere gelten aufgrund ihres Hormonzyklus als zu kompliziert für die Versuche. Die Medizinerin kann darüber nur den Kopf schütteln. „Natürlich macht es Studien aufwändiger, wenn man weibliche und männliche Organismen berücksichtigt. Aber aus Gewohn- und Faulheit mal eben die Hälfte der Menschheit zu ignorieren, kann ja nicht die Antwort darauf sein.“ Die Informatikerin Meike Zehlike sieht das ähnlich. An der Humboldt-Universität Berlin und dem Max-Planck-Institut für Softwaresysteme in Saarbrücken promoviert sie zum Thema Diskriminierung in Algorithmen. Dass generell zu wenig Da ten über Frauen gesammelt und aufbereitet werden, ist für sie nur ein Teil des Problems. „Mal ganz zu schweigen von der Datenlage zu non-binary oder trans* Menschen“, sagt sie. Ein anderes bestehe darin, dass Algorithmen Ungerechtigkeiten und Vorurteile aus der Gesellschaft in der Regel nicht ausgleichen, sondern reproduzieren oder sogar verstärken. Neutrale Algorithmen? Neutrale Daten? „Gibt es nicht“, sagt Zehlike, die unter anderem zu Rankings bei Bewerbungsprozessen forscht. „Da bevorzugen Algorithmen zum Beispiel meist männlich e Kandidaten. Denn aus den zugrundeliegenden Daten lernen sie, dass Führungskräfte oder Menschen ohne Lücken im Lebenslauf oft Männer sind – weil sie aktuell häufiger in Chefsesseln sitzen und seltener Babypause machen.“ Das Problem ist auch aus anderen Bereichen bekannt: Bei der Polizei kriminalisieren Algorithmen Schwarze Menschen, bei Banken verweigern sie Bewohner:innen bestimmter Viertel die Kreditwürdigkeit. Und würde man KI darauf trainieren, Herzinfarkte zu erkennen, würden Frauen nach jetziger Datenlage einfach weiter hinten runterfallen. „Es ist ein Trugschluss, dass datenbasierte Entscheidungen objektiv sind. Algorithmen sind nicht per se fairer als Menschen – sie werden von Menschen gemacht und spiegeln in der Regel die Machtverhältnisse und Ungerechtigkeiten einer Gesellschaft wider“, stellt Zehlike klar. Das Gute daran: Wer sich die Problematik bewusst macht, kann gegensteuern. Zehlike hat schon große Unternehmen und Gewerkschaften beraten, etwa zum Einsatz von KI oder zu durch Algorithmen gesteuerte Auswahlverfahren für neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Ungerechtigkeit kann man ein stückweit rausrechnen – zum Beispiel, indem unter den ersten Suchergebnissen immer auch Frauen auftauchen. Zumindest im Bereich des Programmierens gelangt das Thema gerade mehr ins Bewusstsein. Die zugrundeliegenden Daten werden kritischer hinterfragt, die Entscheidungslogik von Algorithmen wird gerechter und transparenter gemacht. „Das geht auf jeden Fall in die richtige Richtung“, findet Zehlike. Auch sonst tut sich eine Menge. Seit Caroline Criado-Perez vor zwei Jahren das Buch „Unsichtbare Frauen“ veröffentlichte, wird deutlich mehr über den Gender Data Gap und seine Auswirkungen auf die Lebensrealität von Frauen gesprochen. Die Autorin hat darin eine Unmenge an Beispielen zusammengetragen, die offenlegen, wie systematisch das Problem ist. „Entscheidend ist das Muster“, schreibt sie dann auch auf den ersten Seiten. Und kommt am Ende zu dem Schluss: „Ist es (an-)erkannt, kann man es angehen – etwa, indem man Frauen in Entscheidungspositionen fördert.“

  • Karriere-Turbo Mentoring

    STRIVE+ Sie sind Vertrauenspersonen, geben Rat und öffnen Türen: Mentor:innen können Karrieren prägen und pushen. Wie funktioniert das – und wie findet sich das passende Tandem? Gründerin Laura Lewandowski (30) und Managerin Manuela Rousseau (65) erzählen von ihren Erfahrungen. Wer einmal das Glück hatte, von einer Mentorin oder einem Mentor begleitet zu werden, profitiert möglicherweise die gesamte Karriere lang von dieser Verbindung. Und tatsächlich könnte es keine bessere Winwin-Konstellation geben: Eine erfahrene Kollegin oder ein erfahrener Kollege nimmt sich unentgeltlich Zeit, den Mentee zu fördern, und hilft vielleicht sogar, eine berufliche Identität zu stiften. Umgekehrt erfahren Mentor:innen, was die jüngere Generation aktuell beschäftigt, wie Karrieren heute gelingen oder woran sie scheitern. Mentoring ist Wissenstransfer in beide Richtungen. „Ich war Anfang 30, als ich bei Beiersdorf in die Pressestelle wechselte. Klaus Peter Nebel, damals Leiter der Abteilung, erkannte mein Talent. Er traute mir Dinge zu, von denen ich dachte: Das kann ich doch nie! Etwa eine Vorlesung an der Universität halten“, erzählt Manuela Rousseau von ihrer ersten Erfahrung mit einem Mentor. Heute ist die 65-Jährige stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei Beiersdorf und seit 2009 im Aufsichtsrat bei maxingvest ag. Rousseau ist seit Jahrzehnten selbst Mentorin, nimmt unter anderem am Mentoring-Programm der Universitäts-Gesellschaft Hamburg teil und schreibt darüber auch in ihrem Buch „Wir brauchen Frauen, die sich trauen“ (Ariston). „Wir Mentorinnen suchen zuweilen wie Trüffelschweine das Wertvolle, das Große in einer Person. Und helfen, dieses Potenzial zu entwickeln. Ich bin immer wieder erstaunt, was gutes Zuhören ausmacht, dadurch finde ich das verborgene Entwicklungspotenzial“, erzählt Rousseau. Welche Fragen werden gestellt? Mentees müssen wissen, was sie von Mentor:innen lernen möchten: Habe ich eine mentale Blockade, komme ich mit meinem Chef nicht klar, möchte ich den nächsten Karriereschritt angehen? Erst dann können passende Sparringspartner:innen ausgemacht werden. Junge Führungskräfte kommen auf Rousseau zum Beispiel mit Fragen wie diesen zu: Ich habe die Chance, eine Führungsposition anzunehmen, plane aber in absehbarer Zeit, Kinder zu bekommen. Soll ich das Angebot annehmen? Oder: Ich bin in meine erste Führungsposition befördert worden. Wie kann ich meine Mitarbeitenden motivieren und im Kreis der anderen Führungskräfte auf Augenhöhe kommen? Wie man Mentor:innen findet In den meisten Fällen finden sich Mentor:in und Mentee nicht zufällig. Sondern: Eine kommt auf die andere zu, fragt nach Rat, Hilfe, Erfahrung. Mentor:innen in spe fühlen sich häufig geehrt, wenn sie jemand um diesen Gefallen bittet. Deshalb sollte man sich trauen, auch Leute mit vollem Terminkalender zu fragen. Rousseau: „Das ist hierarchieunabhängig: jeder kann jeden ansprechen. Aber ist das zielführend und klug? Mentoring ist Vertrauenssache, deshalb ist der Zugang leichter, wenn eine Beziehung zu der Wunschperson besteht.“ Bei Beiersdorf stellt das Programm „Move Forward“ Kontakte zwischen Mentor:innen und Mentees her. Rousseau wird aber auch von Mitarbeitenden initiativ kontaktiert, etwa per Mail, manche bitten um einen Telefontermin. Und über die Empfehlung von Kolleg:innen läuft es auch. „Eine Mentee im Unternehmen ist für mich natürlich einfacher, weil wir zwischendurch einen Kaffee trinken gehen können. Aber ich begleite Frauen auch außerhalb von Beiersdorf und knapse mir die Zeit gerne ab. Im Schnitt betreue ich zwei Frauen im Jahr, entweder gematcht vom Deutschen Kulturrat, der Uni Hamburg oder persönlich kontaktiert.“ Für Angestellte macht es Sinn, sich in der Personalabteilung nach einem MentoringProgramm zu erkundigen und in Erfahrung zu bringen, welche Voraussetzungen für die Teilnahme erfüllt sein müssen. Auch für Studierende gibt es in Unternehmen Mentoring, beispielsweise „Yolante“, das Programm von Siemens. Unternehmer:innen und Selbstständige können sich für Mentoring-Programme ihres zuständigen Berufsverbands bewerben. Es gibt zahlreiche (lokale) Angebote, als Beispiel sei der Deutsche Kulturrat genannt, der ein hochrangig besetztes Tandem-Programm anbietet. Auch Hochschulen wie etwa die WHU Otto Beisheim School of Management matchen Alumni mit Studierenden („In Praxi“). Mentoring ist Wissenstransfer in beide Richtungen Mentees dürfen die Initiative ergreifen Der vielleicht zuverlässigste Weg, perfekte Mentor:innen für sich zu finden: mutig sein und selbst jemanden ansprechen. So ist es Laura Lewandowski angegangen. Die 30-Jährige ist Kolumnistin, unter anderem für den „Business Insider“ – sie möchte aber ein Startup gründen. Wie das gehen könnte, ließ sie sich von Mentor:innen erklären. So fragte sie die New Yorker Investorin Susan Danziger, die sie zuvor bei einem Networking-Dinner in Berlin kennengelernt hatte. Lewandowski empfiehlt, bei einer solchen Anfrage konkret zu benennen, wofür man das Gegenüber schätzt und was man von ihr oder ihm lernen möchte. Von Danziger wollte sie erfahren, wie man delegiert – und wie sie aus dem vielen Content, den sie als Journalistin produziert, ein Businessmodell macht. „Wir haben uns alle paar Wochen zusammengesetzt und sind checklistenmäßig meine Punkte durchgegangen. Susan hat mir nicht nur Impulse gegeben, sondern mich auch mit tollen Leuten vernetzt“, sagt Lewandowski. Ihr zweiter Mentor war der MyPostcard-Gründer Oliver Kray. Lewandowski wollte ihn unbedingt als Mentor, „weil er nicht darauf schaut, was andere für richtig oder falsch halten. Oliver ist kein glattgebügelter Berater, sondern Guerilla.“ Er war derjenige, der Lewandowski klargemacht hat, dass man Mentor:innen proaktiv anfragt. Kray habe sie dann dazu ermutigt, „groß zu denken“ und nicht in kleinen Projekten, das „Bigger Picture“ zu sehen. Heute hat Lewandowski ihren eigenen Kanal auf YouTube. Darauf interviewt sie Menschen, von denen sie selbst etwas gelernt hat, die ihr zum Beispiel gezeigt haben, wie man Gesundheit und Erfolg vereint. Name der Reihe: „Meet Your Mentor“. In Planung ist Smart Chiefs, ein Medienhaus, das einen Newsletter sowie ein Medientraining für Thoughtleader:innen anbietet. "Mentor:innen suchen das Wertvolle, das Große in einer Person." - Manuela Rousseau Wer kommt als Mentor:in in Frage? Sicher, es sollte eine Art von Gefälle geben. Im Alter muss es nicht unbedingt begründet liegen. Kenntnisse in einer Branche oder Erfahrung in einer Position können ausschlaggebend sein. Wichtig ist, dass man von Expertise und Kontakten der Mentor:innen profitiert – sonst wäre es ein Austausch unter Kolleg:innen. Und: Die Chemie muss stimmen. „Ich empfehle ein erstes Glas Wein beim Italiener, außerhalb des Business. So kläre ich in einer entspannten Atmosphäre, ob es passt“, sagt Manuela Rousseau. Eine Blaupause oder gar Regeln gibt es beim Mentoring nicht. Üblich ist aber, dass man sich über einen Zeitraum von etwa sechs bis zwölf Monaten regelmäßig trifft. Und: Eine klare Absprache ist existenziell. Die Mentorin soll schließlich wissen, wohin die Gespräche führen. Deshalb klären beide im Vorfeld die Ziele. Ob ein Mann oder eine Frau als Sparringspartner:in besser ist, hängt von den Fragestellungen und auch vom Bauchgefühl ab. Allerdings: Frauen sollten sich nicht unbedingt ausschließlich in Frauennetzwerken bewegen. Männer zeigen häufig eine andere Perspektive auf, was interessant sein kann. „Frauen unterhalten sich untereinander sicherlich anders. Aber das Bedürfnis, sich im Job zu entwickeln, etwas zu lernen oder Tipps zu bekommen, ist doch überall gleich“, sagt Manuela Rousseau. Türen öffnen, Impulse geben, Vertrauensperson sein Manuela Rousseau weiß: Ihre Karriere verdankt sie nicht nur Können, Fleiß und Willen, sondern auch Mentoren wie Klaus Peter Nebel. Noch heute, rund 35 Jahre später, kontaktiert sie ihn, wenn wichtige Entscheidungen anstehen. Dass aus einer Mentoring-Verbindung eine lebenslange Freundschaft wird, ist sicher die Ausnahme. Mentoring ist vielmehr dafür da, in Gesprächen Potenziale zu erkennen, wohlwollend auf den Lebenslauf des oder der Mentee zu blicken, Impulse zu geben, Vertrauensperson zu sein, Türen und Netzwerke zu öffnen. Rousseau zum Beispiel nimmt ihre Mentees zu Veranstaltungen mit, zu denen diese sonst keinen Zugang hätten. Sie findet: „Wenn wir nicht solidarisch sind, Wissen und Kontakte teilen, wie soll das alles dann einen Sinn ergeben?“ Manuela Rousseau (65) ist seit 1999 Mitglied im Aufsichtsrat der Beiersdorf AG und seit April 2019 stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende. Seit 2009 sitzt sie außerdem im Aufsichtsrat der maxingvest ag. Rousseau engagiert sich ehrenamtlich bei Frauen in die Aufsichtsräte e.V. (FidAR) und lehrt Medien- und Kulturmanagement in Hamburg, Schwerpunkt Fundraising Management. Laura Lewandowski (30) hat bei der DPA volontiert und beriet in den letzten Jahren Firmen wie Facebook, Google und Uber in Bezug auf Storytelling. Sie hostet den Podcast „Innovator Sessions“ von Red Bull, ist Kolumnistin beim „Business Insider“ und wurde 2019 von „Medium“ in die Liste der „Top 30 bis 30“ aufgenommen. Sie betreibt einen YouTube-Kanal: „Meet your Mentor“.

  • Bis zum letzten Atemzug

    STRIVE+ Kurzfristig haben wir Beate Sander, Aktienmillionärin und bekannt als „Börsen-Oma“, für ein Interview angefragt. Ihre Antwort kam prompt: Sie habe nur noch heute Zeit für ein Gespräch. Ihre Krebstumore sorgten für ein fortschreitendes Organversagen. Fünf Tage nach unserem Gespräch ist Beate Sander gestorben. Hier gibt sie ein letztes Mal Tipps rund um den Aktienhandel. „Ich weiß wirklich nicht, ob ich den heutigen Tag überleben werde.“ Beate Sander sagt dies ohne Umschweife, ohne viel Aufhebens und mit einer Selbstverständlichkeit, als handele es sich um einen Zahnarzttermin und nicht um ihren nahen Tod, von dem sie da spricht. Dieser Satz wirkt wie eine Kopfnuss. Er trifft hart und in seiner Deutlichkeit völlig unvorbereitet. Vom Tod spricht man nicht. Genauso wenig wie über Geld. Doch mit solchen Konventionen hat sich Beate Sander nie aufgehalten. Damit wird sie jetzt, an ihren letzten Tagen, nicht mehr anfangen. „Ich bin kein Mensch, der um den heißen Brei herumredet. Ich tue nicht so, als ob das eine Grippe wäre. Wenn man so ein schweres Leben als Kind hatte wie ich, wenn man diszipliniert ist und sich erreichbare Ziele setzt, dann lernt man vernünftig zu klagen und dann kann man auch mit ungewohnten Situationen gut zurechtkommen. Mit meinem Tod kann ich mit 82 Jahren, auf dem Gipfel meines Erfolgs, locker umgehen.“ Warum sie jetzt noch Interviews gibt? Sie will jeden ihr bleibenden Moment sinnvoll nutzen. „Bis zum letzten Atemzug kämpfe ich für Frauen und für ihre Kapitalvermehrung.“ Beate Sander ist unbequem. Von Altersmilde keine Spur. Dieses Gespräch wird kein gemütliches. Beate Sander klingt nicht wie eine Sterbende. Im Gegenteil: Ihre Stimme ist kraftvoll und lässt erahnen, wie bestimmt und unnachgiebig sie ihr Leben lang war - mit sich selbst vor allem. Vielleicht auch mit ihren Mitmenschen, ihren Schülern. Ihre Mutter habe sie nie leiden können, erzählt sie in Interviews. Weil sie nicht so gewesen sei, wie Mädchen damals zu sein hatten. Weder interessierte sie sich für Mode, was bis zu ihrem Tod so bleiben sollte, noch hatte sie großes Interesse, sich einen Mann zu angeln. Lieber boxte sie mit ihnen und spielte Fußball. Ihre Familie sei früher sehr reich gewesen. Im Krieg ging dann alles verloren. Beate Sander wurde Realschullehrerin, heiratete doch, bekam zwei Kinder und führte, so klingt es, ein gutes Leben - allerdings ohne große Sprünge machen zu können. Erst mit 59 Jahren, als ihre Kinder auf eigenen Beinen standen und sie etwas Geld gespart hatte, kaufte sie ihre erste Aktie von der Deutschen Telekom. Ein Papier, das für seine Volatilität reichlich verspottet worden ist: „Mal ist sie hoch, mal ist sie niedrig. Wie der Arsch vom alten Friedrich“, zitiert sie die Spötter von damals gern. Bis zuletzt hält die Autorin von Bestsellern wie „Der Börsenführerschein“ Aktien des Telekommunikationsunternehmens in ihrem Portfolio. Minus gemacht habe sie mit dieser Aktie nie. „Ist zwar kein Rennpferd. Die Kurse sind nicht doll. Aber man bekommt eine anständige, steuerfreie Dividende heraus.“ „Wer sich von so idiotisch hohen Kursen beeinflussen lässt, ist selbst schuld.“ - Beate Sander Ein Fall wie Wirecard, bei dem zahlreiche Aktionäre um Geld betrogen worden sind, hält sie für Anlegerfehler. „Wer sich von so idiotisch hohen Kursen beeinflussen lässt, ist selbst schuld.“ Sie ist rigoros in ihren Aussagen. Diplomatie wird im Alter überflüssig. Wem sollte man es noch recht machen müssen? Die Frage, ob Fälle wie Nikola Vorboten einer drohenden Blase seien, wischt sie verärgert weg. Insbesondere Nikola habe nichts mit einer Blase zu tun, sondern schlichtweg mit miserablen Aktienanlagen. „Warum investieren die Leute in so eine Firma? Warum nicht in PowerCell oder in Linde, die als drittes Geschäftsfeld auch Wasserstoff haben?“ Die Anleger hätten hier versagt und ihr Geld für Blödsinn ausgegeben. Anstatt Bilanzen zu lesen, seien sie auf schlechte Tricks hereingefallen, so das vernichtende Urteil. Wenn man wissen möchte, wie sie eigentlich zum Börsenhandel gekommen ist, der bekommt eine sehr knappe und etwas ruppige Antwort. Sie habe Schulbücher geschrieben. Und dann investiere man eben, sobald es geht. Beate Sander sagt das so, als verstünde sie die Frage nicht. Als wäre privater Aktienhandel ein Naturgesetz. Ein Leben ohne Börse? Für Sander wäre das wahrscheinlich ein Leben ohne Sinn. Die etwas ausführlichere Erklärung für ihren Aktieneinstieg lautet so: Beate Sander leitete an ihrer Schule eine Börsen-AG und stellte fest, dass es keine guten Schulbücher gab. Also schrieb sie kurzentschlossen selbst eins, das prompt zum Bestseller wurde. Danach schrieb sie weitere Bücher, unzählige Kolumnen und knackte mit 75 Jahren ihre erste Million an der Börse. Anfangen in Aktien zu investieren sollte man so früh wie möglich. Aber spät sei besser als nie, sagt sie. Das Geld auf dem Sparbuch zu lassen, sei grober Unsinn. Das Sparbuch gaukele eine Sicherheit vor, die in Wirklichkeit nicht existiere. Der Kaufkraftverlust dagegen sei real. „Man sieht es dem Geld nicht an. Man sieht nicht, dass es mit der Zeit weniger wert ist, denn der Betrag bleibt derselbe. Wer heute nicht in Aktien investiert, hat bereits verloren.“, sagt sie eindringlich. Von pauschalen Investment-Tipps für Anfänger hält sie derweil gar nichts. „Die Leute müssen nach ihrem individuellen Situation ausgerichtet starten.“ Wenn man verhältnismäßig wenig Geld hat, weniger als 10 Tausend Euro Kapital, dann rät sie zu Sparplänen mit ETF’s. Das sind fondsgebundene Aktienkörbe, die dem Kursverlauf großer Indices wie dem Dax entsprechen und daher breit gestreut sind und somit geringeren Risiken ausgesetzt sind. „Niemals auf Einzelaktien setzen, schon gar nicht, wenn das Kapitalvolumen noch gering ist.“ So lautet der erste Grundsatz ihrer Hoch-Tief-Mut-Strategie: „Breit gestreut, nie bereut“. Beate Sander hält nichts von kurzfristigen Spekulationen. Sie habe immer nur das gekauft, was sie langfristig behalten wollte. Aktien abgestoßen habe sie immer nur zu Höchstpreisen mit mehr als 100 Prozent Gewinn und auch dann habe sie immer nur Teilverkäufe getätigt. „Kein Fluch, sondern Segen: langfristig anlegen“, lautet ihr zweiter Grundsatz. Beate Sander hat knapp drei Millionen Euro an der Börse verdient. Durch die Corona-Krise hat sie zwischenzeitlich 500 Tausend Euro verloren, die sie in wenigen Monaten wieder zurückgeholt hatte. Wichtig, nicht nur in Krisenzeiten, sei es, Ruhe zu bewahren und besonnen zu bleiben. So lautet der dritte Grundsatz von Sanders Strategie: meide die gefährlichen Vier: Euphorie, Panik, Angst und Gier. Sie plädiert für eine antizyklische Anlagestrategie, das heißt zu niedrigen Kursen ab mindestens 1.000 Euro einzusteigen und rät damit zum genauen Gegenteil dessen, was Anlagestrategen sonst oftmals propagieren. Investieren sollte man generell nur Geld, auf das man notfalls verzichten könnte. Zu den Aktien, die von Sander als solide und zuverlässig eingestuft werden, sogenannte „ewige Aktien“ gehören Adidas, Allianz, SAP oder die Münchner Rück, sowie die großen US-Amerikanischen und chinesischen Tech-Konzerne wie Alphabet, Amazon, Apple, Tencent oder Alibaba. Reich wird man durch diese Firmen in der Regel wohl nicht mehr, aber sie schütten nach Sander „vernünftige Dividenden“ aus. Als wichtigen neuen Markt, neben den Bereichen KI, Robotics und Health, sieht sie den Bereich Sustainability. „Ich beschränke mich auf Unternehmen, die die schlimmsten Sünden unterlassen und glaube ansonsten den Analysen und Bilanzen. Ich bin nicht päpstlicher als der Papst.“ - Beate Sander Um diese Thematik dreht sich ihr neuestes Buch „Gutes Gewissen und dennoch erfolgreich“, das noch kurz vor ihrem Tod erschienen ist. Die Frage, inwiefern Anleger „Greenwashing“ erkennen könnten, beantwortet sie mit ihrer mittlerweile gewohnt deutlichen Art: „Ich beschränke mich auf Unternehmen, die die schlimmsten Sünden unterlassen und glaube ansonsten den Analysen und Bilanzen. Ich bin nicht päpstlicher als der Papst.“ Nein, das ist Beate Sander wirklich nicht gewesen. Sie war gnadenlos direkt und entwaffnend ehrlich. Mit der Börse, mit Anlegern, aber auch mit sich selbst. Eine Frau, die unter Schmerzen und kurz vor ihrem Tod noch daran dachte, Menschen und vor allem Frauen an die Börse zu bringen. Vielleicht sollten wir ihr den Gefallen tun und es mit unseren individuellen Mitteln und Möglichkeiten zumindest versuchen.

  • 3 Selfcare-Mythen, die wir hinterfragen sollten

    Anzeige |  Selfcare ist in aller Munde – doch wie bei jedem Trendthema halten sich auch wenn es um die eigene Selbstfürsorge geht hartnäckige Mythen, bei denen es sich lohnt, genauer hinzuschauen. Dass Stress für viele von uns ein mühseliger Alltagsbegleiter geworden ist, ist lange kein Geheimnis mehr: Zu oft hetzen wir von einer Situation zur nächsten, denken beim Frühstück daran, was im Job ansteht und planen während der Arbeit, was am Abend noch erledigt werden muss. Dem Hier und Jetzt schenken wir selten unsere volle Aufmerksamkeit. Synonym für die Lösung all unserer Stressprobleme stand in den letzten Jahren immer wieder der Begriff "Selfcare". Indem wir uns besser um uns selbst kümmern, sollen wir zu mehr Ausgeglichenheit, Zufriedenheit und Lebensqualität finden. Selfcare und mentales Wohlbefinden sind auch für uns bei Kaloon Mindful Care von zentraler Bedeutung. Wir haben deshalb drei große Mythen zum Thema Selfcare unter die Lupe genommen und geben passende Tipps, wie achtsame Selbstfürsorge im Alltag erreicht werden kann: Hin und wieder kann echte Selbstfürsorge von uns verlangen, dass wir uns aus unserer Komfortzone herauswagen Mythos 1: Selfcare passiert in der Komfortzone Für viele von uns malt sich das Bild von Selfcare wohlig warm: Zuhause einkuscheln, sich ein Wellness Treatment gönnen, beruhigende Düfte und Klänge genießen. Hin und wieder kann echte Selbstfürsorge allerdings von uns verlangen, dass wir uns aus unserer Komfortzone herauswagen. Hierzu können vermeintlich simple To-Do’s gehören, wie beispielsweise den Vorsorgetermin beim Arzt zu organisieren, den wir schon ewig vor uns herschieben. Aber auch größere Herausforderungen, wie zum Beispiel ein ernstes Gespräch mit einer Person, die unsere persönlichen Grenzen immer wieder überschreitet, können unvermeidlich für die eigene Selbstfürsorge sein. Unser Tipp : Hören Sie bewusst in sich hinein! Körper und Geist wissen oftmals sehr gut, was sie benötigen, und geben dementsprechend Signale. Finden Sie Balance, indem Sie bei jeder Entscheidung bewusst hinterfragen, inwiefern sie Ihnen im aktuellen Moment, aber auch auf Dauer guttut – physisch, mental und emotional. Mythos 2: Selfcare bedeutet stundenlanges Baden & tägliches Meditieren Ob tägliche Meditation oder regelmäßiger Pilateskurs: Oftmals ist es nicht leicht, neue Selfcare-Rituale in unseren Alltag zu integrieren – wir scheitern dabei meist nicht an unserer Motivation, uns etwas Gutes zu tun, sondern an unserem verzerrten Bild wahrer Selbstfürsorge. Wir alle können individuell die Momente finden, die uns zum Abschalten bringen – die Liste möglicher Aktivitäten hört hier aber nicht bei Yoga oder Atemtechniken auf, und unsere Selfcare-Praxen müssen ebenfalls nicht den Großteil unserer Freizeit einnehmen. Hin und wieder reichen beispielsweise das Genießen des ersten morgendlichen Kaffees, ausreichend Schlaf oder ein kurzes Telefonat mit einem geliebten Menschen aus, um neue Kraft für den Tag zu sammeln. Unser Tipp: Denken Sie an etwas, das für Sie bereits zur täglichen Routine gehört – beispielsweise Ihre abendliche Hautpflege – und entscheiden Sie sich eine Woche lang, diese Aktivität in einen bewussten Moment der Achtsamkeit für sich selbst zu verwandeln. Das kann rein gedanklich funktionieren, oder aber unterstützt durch passende Produkte, wie beispielsweise ein beruhigendes Schlafspray oder eine effektive Nachtcreme . In jedem Fall eignet sich ein Moment vor dem Schlafengehen, wenn sie den Tag hinter sich lassen können. Wir sollten vermeiden, Selfcare als eine seltene Auszeit von unserem hektischen Alltag zu sehen Mythos 3: Selfcare ist Detox vom Alltag Es klingt nach einem Klischee, aber: Selfcare sollte im Idealfall ein fester Bestandteil unseres Alltags sein. Natürlich kann unser Alltag nicht nur aus Aktivitäten bestehen, die wir lieben und die uns guttun – denn Steuererklärungen müssen genauso erledigt werden, wie beispielsweise eine wichtige, aber anstrengende Aufgabe bei der Arbeit. Wir sollten dennoch vermeiden, Selfcare als eine seltene Auszeit von unserem hektischen Alltag zu sehen und uns bewusst machen, was in unserem Leben bereits für den benötigten, regelmäßigen Ausgleich sorgen kann: ob wertvolle Zeit mit geliebten Menschen, ein Hobby oder auch eine Aufgabe bei der Arbeit, während derer wir vollkommen "im Flow" sind. Denn: Keine Komponente unseres Lebens ist für gewöhnlich ausschließlich Stressfaktor oder Entspannungsquelle – auch hier kommt es auf die richtige Balance an. Unser Tipp : Schreiben Sie auf, welche Aktivitäten Sie im Alltag entspannen lassen und glücklich machen. Darauf basierend können Sie in einem nächsten Schritt analysieren und entscheiden: Wie groß ist der Anteil dieser Aktivitäten auf Ihrer täglichen To-Do-Liste und ist es möglich, diesen Anteil auf einfache Weise zu steigern? Das Hinterfragen der größten Selfcare-Mythen zeigt, dass achtsame Selbstfürsorge nicht kompliziert oder zeitintensiv sein muss. Allgemein gilt: Wenn eine vermeintliche Selfcare-Aktivität uns unnötig stresst, statt uns gut zu tun, handelt es sich vielleicht nicht um wahre Selbstfürsorge. Einen wichtigen Anhaltspunkt bieten stattdessen die innere Balance und der Blick auf das große Ganze. Bei Kaloon Mindful Care folgen wir genau diesem Ansatz und unterstützen Sie durch innovative Schlaf- und Stresslösungen dabei, auf achtsame Weise Ihr volles Potenzial zu entfalten. Sie wollen mehr zu der Idee hinter Kaloon Mindful Care und unseren Produkten erfahren? Weitere Informationen finden Sie in unserem exklusiven Onlineshop unter kaloon-mindfulcare.com . Kaloon Mindful Care ist eine neue Premium-Beautybrand, die neben nährenden Formeln für ein strahlendes Hautbild ein vollständiges Spektrum an schlaffördernden und Stress-reduzierenden Formeln bietet. Die innovativen Produkte, darunter Schlafcremes, ein Kissenspray und eine Duftkerze, wurden in Zusammenarbeit mit weltweit führenden Parfümhäusern, sowie Experten für Schlaf- und Stressforschung entwickelt, immer mit einem Ziel: das physische und mentale Wohlbefinden von Frauen ganzheitlich, achtsam und auf wissenschaftlicher Basis zu verbessern.

  • Wie viel Wachstum ist noch gut?

    Kolumne Neues Unternehmertum | Im Post-Wachstum-Zeitalter offen darüber zu reden und vor allem offen dazu zu stehen, dass Wachstum etwas Gutes ist, ist eine mutigere Angelegenheit, als man spontan denkt. Und doch führt kein Weg daran vorbei. Wachstum muss anders, besser und weniger werden (Symbolbild) Ich habe es Anfang des Jahres getan: Mich offiziell, grundsätzlich und nachlesbar zu Wachstum bekannt. Wirtschaftswachstum. Ich habe es sogar in meinem persönlich formulierten Antrieb auf meinem LinkedIn-Profil dauerhaft getan. Seitdem ereilen mich regelmäßig überraschte bis irritierte Kommentare: Wie ich einerseits nachhaltiges Unternehmertum gestalten, aber andererseits noch über „corporate success“ reden kann? Dass darinnen doch der „böse“ Wachstumsgedanke schlummert, der inzwischen etwas nachweislich Schlechtes ist! Und bin ich, wenn ich Unternehmenswachstum explizit formuliere, nicht sowieso komplett aus der Zeit gefallen? Diese Gedanken begegnen mir auch, wenn ich in persönlichen Gesprächen mit Nachwuchstalenten in Seminaren oder Mentees in meiner Firma rede. Unternehmenserfolg? Unternehmenswachstum? Unternehmensprofit? Es ist verdammt uncool geworden, darüber zu reden – geschweige denn dazu zu stehen! Umso mehr müssen wir vielleicht genau jetzt im Post-Wachstums-Zeitalter eine Prä-Wachstumsdebatte führen: Denn natürlich brauchen wir Wachstum! Und wir dürfen Profit nicht schlecht reden! Denn beides bedeutet Entwicklung, Innovationsfähigkeit und Wohlstand. Und alles drei brauchen wir in diesem Jahrzehnt. Die wachsende Wirtschaft ist neben Politik und Gesellschaft einer der Schlüssel für die nötige Systemveränderung. So weit so beieinander sind wir hoffentlich noch, liebe:r Leser:in. Aber schauen wir weiter genauer hin, denn natürlich muss sich in einem neuen Wirtschaftssystem auch Wachstum selbst verändern: Es muss aus meiner Sicht anders, besser und weniger werden. Alles drei zugleich. Anders: Wachstum darf nicht mehr auf Kosten anderer gehen. Besser: Weil wir Wachstum im Multi-Stakeholder-Modell vielfältiger verstehen und messen. Weniger: Weil Wachstum in den entwickelten Industriegesellschaften trotzdem weniger Konsum bedeutet. Auch wenn wir bis heute nur ungern in aller Deutlichkeit darüber reden. Alles drei bedeutet nichts anderes, als dass wir in den kommenden Jahren dieses neue Wachstum in ein regeneratives Wirtschaftssystem einbetten müssen: Kreislaufwirtschaft und Ausrichtung an Löhnen, die auf der ganzen Welt ein menschenwürdiges Leben ermöglichen, sichern das „andere“ Wachstum. Parallel macht es keinen Sinn, weiter einseitige Wachstumsraten auszurufen: Denn Wachstum definiert sich als das „bessere“ Wachstum, wenn wir es als ganzheitlichen Erfolg begreifen: Wenn die Profitfähigkeit eines Unternehmens sichergestellt ist, wird es stärkere und weniger starke Jahre in den betriebswirtschaftlichen Kennzahlen geben. Dies schwankt auch mit äußeren Marktentwicklungen, die wir dringend lernen sollten anzuerkennen. Parallel können wir darinnen wachsen, nicht nur klimaneutral, sondern klimapositiv zu werden. Das Zugehörigkeitsgefühl der Mitarbeitenden zu erhöhen. Oder die Innovationskraft nachweislich zu stärken. All das ist Wachstum und sichert zukünftigen Erfolg. Zuletzt bedeutet neues Wachstum auch „weniger“: Vor allem für uns, die wir im Überschuss leben. Bei allen Gewinngeschichten, die ein neues Wirtschaftssystem an Lebensqualität mit sich bringt und die ich überzeugt erzähle, müssen wir auch den Verzicht akzeptieren. Und vor allem beginnen ihn zu moderieren! Denn zum einen rutschen wir gerade in ein neues Zeitalter der Knappheit, das wir aktuell bereits spüren. Und zum anderen brauchen wir in unserem Land weniger Konsum: Nicht genauso viele Klamotten, jetzt nur in gerecht und nachhaltig, sondern weniger dieser „guten Klamotten“. Nicht genauso viele Autos, sondern weniger „gute Autos“. Nicht genauso viel Tourismus, sondern weniger „guter Tourismus“. Sie wissen, was ich meine. Wir werden mehr teilen, mehr selbst produzieren, mehr re- und upcyclen müssen. Und damit auch wieder selbst aktiver zum Erstellen eines Teils unseres Konsums beitragen müssen. Die Zeit dazu werden wir in einer automatisierten Welt haben. Das ist eine riesige Verwandlung in den industriellen Gesellschaften, die wir uns nicht mal ansatzweise bewusst gemacht haben. Und die natürlich ein wichtiger Teil der weiteren Wachstumsgeschichten, die wir erzählen, sind. Wenn wir das gut machen, bedeutet es bei uns auf der Konsumentenseite weniger passiv einkaufen, konsumieren und besitzen – und stattdessen wieder aktiv mehr selbst machen. Und gerade auch dadurch ein anderes, neues Leben und Miteinander gewinnen. Und wenn wir es noch besser machen, bedeutet es trotzdem noch neue Wachstumschancen für unsere exportierende Wirtschaft und damit gesicherten Wohlstand für uns alle: Denn wer weniger Autos verkauft, verkauft dafür andere, neue Mobilitätsfelder- und Innovationen. Und wer kein Öl mehr verbrennt, dafür neue Energie- und CO2-Bindungstechnologien beherrscht, verkauft diese in die Welt. Unsere neue Welt braucht so viel neues Wachstum in neuen Bereichen! Lasst uns also bitte Wachstum nicht weiter generell verdammen. Sondern ihn genauer betrachten und ganzheitlicher definieren. Und mit diesem differenzierten Blick aus dem Post- das Prae-Wachstums-Zeitalter machen: Lasst uns darüber reden, dass Wachstum weiter etwas Gutes ist. Zumindest, wenn es gutes Wachstum ist. Ich freue mich schon jetzt auf unseren Austausch, der hier beginnt. Und jederzeit online weitergehen kann: stefanie@killingopposites.com . Über die Autorin Stefanie Kuhnhen verantwortet als geschäftsführende Partnerin das strategische Produkt von Grabarz & Partner, einer der führenden inhabergeführten, kreativen Markenagenturen Deutschlands und der Welt. Nicht nur ihre Arbeiten für Unternehmen wie IKEA, Volkswagen, EDEKA oder Burger King wurden mehrfach mit nationalen und internationalen Strategiepreisen ausgezeichnet, sondern auch sie selbst. Stefanie Kuhnhen ist zweifache Mutter und hat im Frühjahr 2018 das Trendbuch „Das Ende der unvereinbaren Gegensätze" publiziert. Seit 2019 ist sie Co-Founderin des Startups „Kokoro“. Eine App, die die zentralen Faktoren gesunder Unternehmenskulturen misst und Teams aktiv dabei unterstützt, ihren emotionalen Zustand zielgerichtet zu verbessern.

  • Wie man erfolgreich in Zeiten von Veränderungen führt

    Gastbeitrag | Durch ihre jahrelange, mit Preisen ausgezeichnete Arbeit in Human Resources ist Gitta Blatt eine spannende Stimme zu Themen wie Leadership und Recruiting. Das macht sie zur guten Ratgeberin für Unternehmen, aber auch für Privatpersonen, die ihre Karriere weiterentwickeln wollen. Hier sind ihre Tipps zum Thema Change und Kommunikation. Geht es Ihnen auch so? Am Jahresende beginnt die typische Zeit der Reflexion: Was war gut, was war anders als geplant und wie habe ich die Überraschungen und Veränderungen des Jahres gemeistert? Wie konnte ich diese Veränderungen in meinem Umfeld und vor allem mit meinem Team managen? Viele Veränderungen in Organisationen scheitern. Tatsächlich scheitern die meisten Change Projekte, nämlich mehr als 65 %. New Work und Change sind heute zwei der beliebtesten Schlagworte. Die Welt verändert sich gerade rasant und wir gestalten darin unseren Platz. Permanenter Wandel war dieses Jahr die einzige Konstante. Aber warum fällt es uns dann so schwer mit Veränderungen erfolgreich umzugehen und was können Sie anders machen? Diskutieren Sie lange und intensiv. Und vor allem regelmäßig. Wann scheitert Change? Ich erlebe das Scheitern immer durch Vorbote. Wenn wir uns eigentlich innerlich gegen den Wandel sträuben. Und wenn wir Widerstände anders interpretieren als unsere Kolleg:innen oder mächtige Stakeholder anders ticken als wir selbst. Und ich empfinde diese innere Gegenwehr immer dann, wenn Erklärungen an der Oberfläche bleiben und Entscheidungen vermeintlich plötzlich ohne Notwendigkeit in die Umlaufbahn der umfangreichen und sorgfältigen Planungen des eigenen Teams geworfen werden. Es werden ein paar neue Richtlinien verkündet und Vorträge gehalten. Wir sind also nach Ansicht dieser Stakeholder „eingebunden“ und „informiert“. Es müsste also laufen bei uns. Tut es aber nicht. Take Away: Diskutieren Sie lange und intensiv. Und vor allem regelmäßig. Arbeit, Zuständigkeiten und Veränderung anders zu denken ist ein schöner, aber anstrengender Prozess. Überzeugung muss erkämpft und übertragen werden. Sie muss von innen kommen und nicht von außen. Wenn dieser Prozess der gemeinsamen Ausrichtung und Überzeugung mit Respekt und auf Augenhöhe geführt wird, erleben wir eine Unternehmenskultur, in der jede:r er oder sie selbst sein kann. Wir können dann motiviert an verinnerlichten Zielen arbeiten, die eine Bedeutung für uns haben. Veränderung auf Augenhöhe entsteht durch einen wachsenden Prozess und nicht durch eine singuläre Entscheidung Co-Creation als Voraussetzung! Jede:r arbeitet in seiner oder ihrer eigenen Wahrnehmung und damit subjektiv. Ich musste lange lernen, die Eignung von Kolleg:innen nach relevanten Fehlern trotzdem nicht gleich anzuzweifeln, sondern zu fragen: welche Faktoren müssen wir verändern, damit er oder sie erfolgreich wird? Braucht es mehr Support, bessere Entscheidungsvollmachten oder war das Handlungsmandat halbherzig? In der Co-Creation-Theorie sind wir nicht einzeln entscheidend, sondern die Verbindungen zwischen uns mit der Summe unserer Interaktionen. Auf Ihr Team übertragen bedeutet es, dass der Erfolg nicht von Ihren jeweiligen Überzeugungen oder Handlungen abhängt, sondern davon, wie Sie sich gegenseitig als Menschen beeinflussen und miteinander umgehen. Veränderung auf Augenhöhe entsteht also durch einen wachsenden Prozess und nicht durch eine singuläre Entscheidung. Take Away: Um diese unterschiedlichen Blickwinkel zu harmonisieren, ist es wichtig, regelmäßig und positiv zu kommunizieren. Die Kommunikation entscheidet darüber, ob die Notwendigkeit angenommen wird und Sinnhaftigkeit für alle entsteht. Die Betonung liegt hierbei auf regelmäßig, denn die Iteration bzw. Wiederholung ist eines der Grundprinzipien der Co-Creation. Planen Sie feste Anlässe, Termine und Routinen dafür ein. Ihr Team muss sich regelmäßig die Fragen stellen können: Was haben wir bisher unternommen? Wie ist es gelaufen? Was hätten wir besser machen können? Sind wir noch auf Kurs? Ermöglichen Sie ihnen untereinander den Perspektivwechsel und Spaß am Miteinander, auch wenn kontroverse Diskussionen anstrengen. Und als letztes: Führen Sie nur Dinge ein, die einen Unterschied machen – geht es darum, präzisere Kriterien für die Definition einzelner Projekte und Themen zu finden. Unterscheiden Sie nicht nach festen Zuständigkeiten, sondern bilden Sie Veränderung in Phasen ab. Gestalten Sie Aufgaben anhand der zeitlichen Dimension gestern – heute – morgen. Dabei fragen wir uns: Was hat gestern, also in der Vergangenheit, funktioniert; was müssen wir aber morgen bzw. in der Zukunft anders machen; welche Weichen müssen wir heute dafür stellen? Ich wünsche allen einen erfolgreichen Countdown in das neue Jahr. Hoffentlich mit Ruhe zwischen den Festtagen, obiges zu sortieren und 2022 gedanklich vorzubereiten. Mit einem Lächeln und auf dem Weg zu einer Unternehmenskultur, die auch in schwierigen Zeiten ein Magnet ist. Über die Autorin: Gitta Blatt, Gründerin von Gitta Blatt HR-Strategy GmbH, unterstützt Unternehmen bei der Personalstrategie und HR-Projekten. Vor dem Schritt zur Selbstständigkeit war Gitta Blatt Managing Director Human Resources des Dentsu-Aegis-Networks in Deutschland. Sie verantwortet hierzulande alle Themen rund um Personal und Organisation für das Network. Blatt arbeitete zuvor bei Sky Deutschland, wo sie als Executive Vice President HR und Organi­sation die internationale Digitalisierung sowie den damit verbundenen Kulturwandel des Medienkonzerns vorangetrieben hat.

  • Das erste Interview der neuen Doppelspitze von Syzygy

    Die 550 Mann und Frau starke Full-Service-Digitalagentur Syzygy bekommt gerade viel Aufmerksamkeit, da sie etwas geschafft hat, woran sich viele Unternehmen die Zähne ausbeißen: Eine weibliche Doppelspitze in Vorstand und Aufsichtsrat. Mit der Berufung von Antje Neubauer (51) zur Aufsichtsratsvorsitzenden stehen nun seit September zwei kompetente, mutige und visionäre Frauen an der Spitze des Unternehmens. Wir haben mit CEO Franziska von Lewinski (49) und ihrer neuen Sparringspartnerin über ihre Pläne, Visionen, Netzwerke und über ihre Einschätzung zu Sexismus in der Agenturwelt gesprochen. Frau Neubauer, herzlichen Glückwunsch zu der Aufsichtsratsposition bei Syzygy. Bislang haben Sie auf Kundenseite gearbeitet und unter anderem die PR- und Marketingabteilung der Deutschen Bahn geleitet. Warum jetzt der Wechsel auf Agenturseite? Neubauer: Danke für die guten Wünsche. Für mich ist es jedoch weniger ein Wechsel, sondern ein neuer Abschnitt. Aus dem operativen Tagesgeschäft bin ich vor zwei Jahren ausgestiegen, weil ich es so wollte. Aber es hat mich weiterhin gereizt, meine Erfahrungen im Marketing und der Kommunikation einzusetzen. Nur eben in einem anderen Kontext. Und da kam das Angebot, Aufsichtsrätin der Syzygy Group zu werden. Ein börsennotiertes Unternehmen, mit einer starken Position in der Digitalisierung von Marketing und Vertrieb, mit einer weiblichen CEO und einem starken Team – das hat einfach gepasst. Umso mehr freue ich mich, dass ich jetzt den Aufsichtsrat als Vorsitzende anführen darf. Worin ich eine verantwortungsvolle Aufgabe sehe: Das Kontrollgremium hat schließlich die Interessen aller Anteilseigner im Blick. Welche großen Herausforderungen wollen Sie mit Syzygy angehen? Neubauer: Marketing und Vertrieb stehen aufgrund der digitalen Transformation vor großen Herausforderungen. Was sich so abstrakt anhört, ist ja kein Selbstzweck. Es berührt wirklich jedes Unternehmen, jede Marke und nahezu alle Verbraucher:innen. Und genau hier kann Syzygy helfen. Von Lewinski: Digital hat die Kraft, Unternehmen und Marken zu Wachstum und Zukunftssicherheit zu verhelfen. Das bringt uns bei Syzygy einen anhaltenden Schub. Wir liegen im Plan, mit neuen Kund:innen wie die Frankfurter Buchmesse oder Miles&More, mit einem Umsatzzuwachs von rund 10 Prozent und mit einer steigenden Profitabilität. Wir schaffen neue Arbeitsplätze und suchen dafür Talente und Expert:innen. Das ist übrigens gerade eine der größten Herausforderungen. "Natürlich wissen wir beide, dass Syzygy nun eine der ganz wenigen deutschen Aktiengesellschaften ist, die eine weibliche Doppelspitze haben. Wenn wir damit zum Vorbild für andere Unternehmen werden, umso besser." – Franziska von Lewinski Was bedeutet Ihnen die weibliche Doppelspitze, Frau von Lewinski? Von Lewinski : Antje Neubauer hat sich in dem Auswahlverfahren für den Aufsichtsrat ja vor allem deshalb durchgesetzt, weil ihre fachlichen Qualitäten, ihre fundierte Berufserfahrung und ihre ausgeprägte Kompetenz bestens zu Syzygy passen. Zudem hat Antje die Kundenbrille auf und kann uns als Sparringspartner, als Beraterin und eben als Kontrolleurin wichtige Impulse geben. Natürlich wissen wir beide, dass Syzygy nun eine der ganz wenigen deutschen Aktiengesellschaften ist, die eine weibliche Doppelspitze haben. Wenn wir damit zum Vorbild für andere Unternehmen werden, umso besser. Würden Sie sagen, dass es lukrativer ist, Frauen zu besetzen? Von Lewinski : Es ist gut für ein Unternehmen und gut für die jeweilige Person, eine Stelle so zu besetzen, dass die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter ihre und seine Fähigkeiten und Interessen einbringen kann. Und natürlich auch die individuellen sozialen und kulturellen Kompetenzen. All das wird sichtbarer und wirksamer, wenn in den Teams nicht nur Tobias, Andreas und Oliver am Tisch sitzen. Geschlechterdiversität ist da allerdings nur ein Punkt. Ich glaube, dass es grundsätzlich gut ist, wenn eine Belegschaft bunt und kulturell vielgestaltig ist und wenn sich dort unsere gesellschaftliche Realität widerspiegelt. Weil so viel eher kreative Krafträume entstehen. Meine Erfahrung zeigt mir: Überzeugende Ideen und echte Innovationen entstehen vor allem in gemischten Teams. "Sexismus ist ein branchenübergreifendes, ein gesamtgesellschaftliches Thema. Es ist ein Thema, das in allen Unternehmen adressiert werden muss, nicht nur in der Agenturlandschaft." – Antje Neubauer Wir müssen einmal den Elefanten im Raum ansprechen: Letztes Jahr wurde die Agentur Scholz & Friends aufgrund eines Sexismus-Skandals in der Presse zerrissen. Was hat sich seitdem in der Werbebranche getan? Von Lewinski : Der Skandal hat gezeigt, dass wir noch lange nicht da sind, wo wir eigentlich hin müssen in punkto Gleichberechtigung. Das gilt natürlich nicht nur für unsere Branche, sondern meiner Meinung nach für die gesamte Gesellschaft. Ich war froh, dass Scholz & Friends derart transparent und aktiv mit diesem Skandal umgegangen ist, die Sache intern aufgearbeitet hat und auch neue Strukturen geschaffen hat, die eine Wiederholung hoffentlich verhindern. Neubauer: Sexismus ist ein branchenübergreifendes, ein gesamtgesellschaftliches Thema. Es ist ein Thema, das in allen Unternehmen adressiert werden muss, nicht nur in der Agenturlandschaft. Das Ziel sollte sein, ein Fundament zu schaffen, wo es keinen Nährboden mehr gibt für Sexismus oder für Diskriminierung welcher Art auch immer. Kurz nach einer Wahl müssen wir uns fragen: Welche Impulse muss die Politik geben, um solche Zustände zu vermeiden? Von Lewinski: Mir geht es mit der Geschlechtergleichheit in Führungspositionen immer noch viel zu schleppend voran. Ich glaube fest daran, dass solche Skandale nicht mehr passieren würden, wenn wir eine echte Geschlechterparität hätten. Wir brauchen gesetzliche Quoten, um schnell zu einer 50/50 Gender Diversity zu kommen. Für mich steht dabei übrigens fest, dass wir dafür die Unterstützung all der Männer brauchen, die wissen, wie wichtig Diversität auch im Berufsleben ist. Neubauer: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist mir immer noch nicht weit genug. Darunter leiden aber nicht mehr nur die Frauen. Wenn etwa ein Abteilungsleiter sagt, er möchte gerne Elternzeit nehmen, dann kann es kräftig Gegenwind von den Kollegen geben. Es braucht eben immer eine kritische Masse, bis sich Dinge normalisieren. Es braucht mutige Menschen, die vorweg gehen. Es braucht Führungspersonal, das für Gleichberechtigung - in welcher Situation auch immer - verlässlich einsteht. Und eine Politik, die die Rahmenbedingungen schafft, damit die kritische Masse endlich entsteht. "Die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher:innen haben sich stark und dauerhaft verändert. Wer das als Unternehmen oder als Marke geringschätzt oder sogar ignoriert, ist schnell raus." – Franziska von Lewinski Und wenn Sie Ihre Perspektive etwas erweitern und insgesamt auf unsere Wirtschaft schauen? Von Lewinski: Dann bin ich bei der Digitalisierung, dem zweiten Thema, das mich ziemlich umtreibt und das leider noch nicht von allen in seiner ganzen Tragweite erfasst wird. Die Corona-Pandemie und die Lockdowns haben vor allem in den heimischen Wohn- und Arbeitszimmern für einen enormen Digitalisierungsschub gesorgt: Online einkaufen, Yoga online, Gottesdienste online, Museumsbesuche online, Videochats – all das wurde für viele Millionen Menschen selbstverständlich. Wir bei Syzygy nennen es die große digitale Beschleunigung. 18 Millionen Menschen haben innerhalb eines Jahres nach Ausbruch der Pandemie allein in Deutschland ihre private Bildschirmzeit um 50 Prozent oder mehr gesteigert. Die Bedürfnisse und Erwartungen der Verbraucher:innen haben sich stark und dauerhaft verändert, die Ansprüche an digitale Produkte und Dienstleistungen, an digitale Erlebnisse steigen stetig. Wer das als Unternehmen oder als Marke geringschätzt oder sogar ignoriert, ist schnell raus. Deswegen wird es auch endlich Zeit für ein Digitalministerium, das dieser neuen Wirklichkeit gerecht wird und uns auch international wieder wettbewerbsfähig macht. Es geht nicht mehr um das Ob, sondern nur noch darum, wie schnell wir digitalisieren. Bitte nicht mehr lamentieren, sondern einfach machen. Neubauer: Wir stehen vor der großen Aufgabe, unsere Wirtschaft und die öffentliche Verwaltung in allen Bereichen und auf allen Ebenen umfassend zu digitalisieren. Dafür benötigen wir auch ein entsprechendes Bewusstsein, übrigens auch bei den Politiker:innen. Digital sollte wirklich in jedem Ressort stecken. Auch weil die Digitalisierung, finde ich, eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Nicht zuletzt, weil es ja auch um Datenschutz und Verbraucher:innenrechte geht. Die Politik könnte gute Beraterinnen wie Sie gebrauchen. Wer berät Sie, wenn Sie eine andere Perspektive brauchen? Von Lewinski: Ich habe früh verstanden, dass man in und mit einem Team größer wird. Deswegen habe ich mir bewusst Unterstützer:innen gesucht und ein Netzwerk aufgebaut, und zwar aus Männern und Frauen, im Privaten wie in den Unternehmen, in denen ich gearbeitet habe. Austausch, Reflexion, Diskussion, auch mal eine offene konstruktive Konfrontation – große Themen lassen sich im Alleingang eher nicht vernünftig lösen. "Der Blick allein auf das, was andere machen, ist kein wirklicher Innovationsvorsprung." – Antje Neubauer Welche Rolle spielt bei Ihnen das Netzwerk? Gibt es z.B. einen Austausch mit den führenden Female-Köpfen anderer Agenturen? Von Lewinski: Ich bin jemand, die sehr interessiert ist an anderen Perspektiven und Meinungen. Impulse von außen pflege ich daher sehr bewusst und entwickle daraus meine eigenen Strategien und Richtungen. Und dazu gehört für mich unbedingt auch der Austausch mit anderen „female leaders“. Zum Glück gibt es mittlerweile immer mehr Agenturen, die auch von Frauen geführt werden. Das ist gut und wichtig, damit sich auch in unserer Branche die Kultur verändert. Neubauer: Ja, ich glaube, dass ein starkes Netzwerk ein wichtiger Erfolgsfaktor ist. Ich habe sehr davon profitiert, gebe auch viel zurück und investiere hier einige Zeit. Der stete Austausch zu grundsätzlichen Themen wie Führung, neue Arbeitsmodelle, Diversity und Nachhaltigkeit ist mir sehr wichtig. Allerdings muss man seine Hausaufgaben für das eigene Business schon selber erledigen. Da ist der Blick allein auf das, was andere machen, kein wirklicher Innovationsvorsprung. Genau auf den Innovationssprung setzen wir aber bei Syzygy. Vielen Dank für das Gespräch, Frau von Lewinski und Frau Neubauer und viel Erfolg für die Zusammenarbeit!

  • Grenzen setzen: 8 Tipps, mit denen es klappt

    Gastbeitrag | Der Spagat zwischen Karriere und Privatleben ist oft nur mit großer Anstrengung zu bewältigen. Damit diese nicht allzu belastend wird, ist es wichtig, vorher Grenzlinien zu ziehen. Wie das geht, erklärt Ihnen Melanie Lohmann, psychologische Beraterin und Hypnose-Coach in ihrem Gastbeitrag. Feierabend bedeutet für viele nicht, dass sie nach Hause kommen und dann Zeit für sich oder die Familie haben. Da sind noch Mails, die beantwortet werden müssen, das Geschäftshandy klingelt. Und dann ist da noch der Haushalt… Wirklich zur Ruhe kommen und Zeit für sich allein zu finden, ist für viele schwer. Sie wollen allen gerecht werden und bleiben dabei oft selbst auf der Strecke. Hier ist es unerlässlich, Grenzen zu setzen – auch im Hinblick auf die psychische Gesundheit. Es ist dabei in erster Linie wichtig, sich genau zu überlegen, was einem persönlich wichtig ist. Denn nur wer sich darüber klar ist, was er oder sie will, kann das klar kommunizieren und somit Grenzen setzen. Das gilt sowohl für das Berufs- als auch das Privatleben. Weder Familie noch Kolleg:innen können erraten, was stört und was in Ordnung ist – einfach, weil jeder Mensch anders tickt. Während es für die einen völlig normal ist, auch am Wochenende zu arbeiten, sind für andere Wochenenden heilige Familienzeit. Das gilt auch für den Umgang mit Familie und Kindern. Das Wichtigste für das Setzen von Grenzen ist deshalb immer erst die eigene Klarheit. Um stark und gesund zu bleiben und sich dem Stress nicht völlig ausgeliefert zu fühlen, empfiehlt es sich, Strategien zu entwickeln, um sich besser durchzusetzen. Diese 8 Tipps machen einen Anfang 1. Feierabend und Wochenende Kommunizieren Sie klar, wann und über welchem Weg Sie erreichbar sind. Wer um 21 Uhr noch eine Mail schreibt, kann auch bis zum nächsten Tag auf die Beantwortung warten. Wer nach 17 Uhr nicht mehr angerufen werden will, geht entweder nicht mehr ans Handy oder richtet direkt einen Anrufbeantworter ein. 2. Nein sagen Vielen fällt es schwer, Aufgaben oder Termine abzulehnen. Wer klar kommuniziert, warum es aktuell nicht möglich ist, Aufgaben oder Termine anzunehmen, sagt ja zu sich selbst und den eigenen Bedürfnissen. 3. Unterstützung suchen Um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, ist es wichtig, sich Unterstützung zu holen. Das kann eine Haushaltshilfe sein oder auch eine Assistenz im Büro. In jedem Business- und Lebensmodell gibt es Aufgaben, die ausgelagert werden können. Wichtig ist nur, diese zu identifizieren und abzugeben – wenn es die finanziellen Ressourcen zulassen. „Prioritäten lassen sich monatlich, wöchentlich und täglich setzen." - Melanie Lohmann 4. Prioritäten setzen Prioritäten lassen sich monatlich, wöchentlich und täglich setzen. Hier muss jeder selbst entscheiden, was am zielführendsten ist. Was muss heute erledigt werden, was hat bis Ende der Woche Zeit und was kann vielleicht tatsächlich gestrichen werden? Hier lohnt sich auch ein Blick darauf, welche Aktivitäten zielführend und wichtig sind und welche nicht. Je nach Umfang der Aufgaben empfiehlt es sich, Listen zu führen und abzuarbeiten oder mit Tools wie Asana oder Trello zu arbeiten. 5. Zeit für Hobbies, Entspannung und Familie Wer Prioritäten setzt, den Feierabend freihält und sich Unterstützung holt, hat automatisch Zeit gewonnen. Die gewonnene Zeit so einzusetzen, dass es für einen selbst Sinn macht, ist der nächste Schritt. Mein Tipp: Für Hobbies, Familie, Sport und Pausen Termine machen. Ab in den Kalender und Schluss. Termine und Treffen sind nicht verhandelbar. 6. Bedenkzeit einfordern Wir sind es gewohnt, immer direkt zu antworten. Viel zu oft sagen wir vorschnell „Ja“. Im Anschluss folgt dann oft der Ärger. Denn immer wieder sagen wir Dingen zu, für die keine Zeit ist. Mein Tipp: Einen Moment Bedenkzeit erbitten. Fragen, die helfen können, die Antwort zu überdenken, könnten z.B. sein: - Möchte ich das wirklich tun? - Wie viel Zeit, Kraft und auch Lust habe ich wirklich? - Bringt mich ein „Ja“ hier weiter? 7. Eigene Grenzen akzeptieren Die eigenen Grenzen zu erkennen ist das Eine- – sie auch zu akzeptieren, das Andere. Wer gibt schon gerne zu, dass die Leistungsgrenze erreicht ist? Schließlich kommt bekanntlich weiter, wer am meisten leistet, oder? Zum Glück weiß man heute, dass diejenigen, die auf eine gesunde Work-Life-Balance achten, am leistungsfähigsten sind. Wer also ständig über die eigenen Grenzen geht, ist weder leistungsfähiger noch erfolgreicher. Arbeitnehmer:innen und Arbeitgeber:innen dürfen lernen, ehrlich sich selbst gegenüber zu sein. Denn nur, wenn es ihnen gut geht, können sie auch für andere da sein und dauerhaft im Job bestehen. 8. Klären, warum ein „Nein“ so schwerfällt Welche Bedenken, oder Ängste habe ich, wenn ich etwas ablehne? Ist es die Angst vor Ablehnung oder nicht gemocht zu werden? Vielleicht die Angst vor den Konsequenzen? Ich gebe zu bedenken: Die Angst vor den Reaktionen der anderen, bringt Sie in eine Abhängigkeit. Machen Sie sich klar, wie viele Konflikte und Entscheidungen Sie getroffen und bewältigt haben. Sehen Sie die Situationen objektiv und realistisch. Wer Grenzen und Prioritäten setzt, kann Business- und Privatleben besser miteinander kombinieren. Kleine Schritte machen oft schon einen großen Unterschied. Vergessen Sie nicht, dass nicht alles direkt funktioniert. Deshalb gilt auch hier: Probieren Sie die Tipps aus, schauen Sie wie es Ihnen geht und welcher Tipp für Sie am besten funktioniert. Über die Autorin: Melanie Lohmann ist psychologische Beraterin und Hypnose-Coach. Sie lebt mit ihren drei Kindern in Hildesheim. Als ausgebildete Erzieherin brachte sie die Frage nach dem tieferen Sinn des Lebens dazu, eine Ausbildung in der Psychotherapie nach dem Heilpraktiker-Gesetz zu absolvieren. Im Rahmen dieser Ausbildung befasste sie sich intensiv mit Hypnose und lernte Hypnose als Veränderungstool kennen und lieben. Seit zehn Jahren führt sie ihre eigene Praxis und hat bereits über 5000 Menschen in ein glücklicheres, entspannteres und erfolgreicheres Leben begleitet. Besonders häufig unterstützt sie selbstständige Mütter dabei, die Balance zwischen Privatleben und Beruf zu finden. Ihre Website: https://lohmann-mentoring.de/

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