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- Neue Perspektiven als Erfolgsrezept
Kolumne | Nur wer seine Kund:innen und Mitarbeiter:innen versteht, kann als Führungskraft richtig handeln, findet Outfittery-CEO Julia Bösch. In ihrem Unternehmen setzt sie deshalb darauf, regelmäßig die Perspektive zu wechseln und dafür in andere Rollen zu schlüpfen – und wird dabei manchmal auch zur Stylistin. Als extrem neugieriger Mensch habe ich Rollenspiele schon immer geliebt – in der Schule sogar Theater gespielt. Auch wenn es viel Kraft, Vorbereitung und Überwindung kosten kann – für mich hat es einen positiven Effekt, mich in andere hineinzuversetzen, die eigene Komfortzone zu verlassen, neue Dinge zu tun und die Perspektive zu wechseln. Besonders im Job bringt es mich und das Team auf vielen Ebenen weiter. Neues Spiel, neues Glück Vor einigen Wochen haben wir bei Outfittery das Prinzip der rotierenden Rollen für unser Leadership-Meeting eingeführt. Das heißt, es wird abwechselnd moderiert, kritisiert, protokolliert und so weiter. Es ist erstaunlich, wie sich seitdem die Dynamik verändert hat. Wir alle sind irgendwie wacher als vorher, bereiten uns anders vor, hören einander aufmerksamer zu und kommen schneller zu Ergebnissen. „Eat your own dog food!“ Seit jeher predige ich meinem Team, dass wir unseren Service regelmäßig selbst testen, also in die Rolle unserer Kund:innen schlüpfen müssen, um besser zu werden: Eat your own dog food! Ich persönlich fand das schon immer sehr erkenntnisbringend – seit wir den Outfittery-Service auch für Frauen anbieten, macht es mir richtig Spaß! Ich merke, wie, unabhängig von den Learnings, die wir daraus ziehen, die Begeisterung für das eigene Produkt steigt. Wie emotional wir alle sind, wenn wir unsere Erlebnisse teilen. Und was das wiederum für die Motivation im Job-Alltag bedeutet. Wer „am eigenen Leib“ testet, versteht nicht nur die Customer-Journey besser, sondern entwickelt eine viel intensivere Bindung zum Produkt, zum Unternehmen. Und davon profitieren alle. Durch die praktische Erfahrung des Rollenwechsels verstehe ich die Probleme und Herausforderungen des Jobs viel besser als durch bloße Schilderungen. „Man muss den Schmerz selbst gespürt haben!“ Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und versuche mich regelmäßig selbst als Outfittery-Stylistin – schlüpfe also in die Rolle der Mitarbeiter:innen, die so maßgeblich zum Erfolg unseres Unternehmens beitragen. Und obwohl ich das seit Jahren tue, schwitze ich immer noch jedes Mal Blut und Wasser. Die Teams lieben es – es werden sogar Wetten abgeschlossen, wie hoch (oder eben niedrig) meine Erfolgsquote sein wird. Alle haben ihren Spaß. Und auch ich kann inzwischen herzlich über den ein oder anderen Styling-Fehlgriff lachen. Das Wichtigste ist jedoch, dass ich jedes Mal mit Learnings aus dieser Experience gehe: Durch die praktische Erfahrung des Rollenwechsels verstehe ich die Probleme und Herausforderungen des Jobs viel besser als durch bloße Schilderungen im Mitarbeiter:innengespräch und kann als Führungskraft ganz anders auf Bedürfnisse reagieren. Man muss den Schmerz einfach selbst gespürt haben! Und noch etwas passiert jedes Mal: Ich spüre diesen Wahnsinnsrespekt davor, wie viel Expertise unsere Stylist:innen haben. Dass sie einen Menschen nur kurz ansehen müssen, um zu erkennen, was ihm oder ihr gefällt. Die Wertschätzung ihrer Arbeit steigt dadurch noch weiter. Rolle(n) vorwärts Das In-andere-Rollen schlüpfen kann klein oder groß sein, passiert mal sehr bewusst und mal eher zufällig. Ich lebe von allem etwas. Als CEO nehme ich sowieso schon viele Rollen ein, bin mal die Antreiberin, mal die Kritikerin, mal die Zuhörerin. Und auch als Julia habe ich immer noch große Freude daran. Wenn ich mich für unsere berühmten Outfittery-Kostümpartys verkleide, zum Beispiel. Da kann ich schon mal zum Spice Girl werden. Oder zum Hippie. Und das ist dann das absolute Gegenteil von anstrengend! Über die Autorin Julia Bösch ist CEO und Mitgründerin von Outfittery, Europas führender Personal Shopping Service für Frauen und Männer. Ihre berufliche Karriere startete sie 2009 bei Zalando. Begeistert vom E-Commerce und seinen technologischen Möglichkeiten, gründete sie 2012 gemeinsam mit Anna Alex Outfittery. Die 37-jährige zählt zu Deutschlands erfolgreichsten und bekanntesten Gründer:innen und hat eines der innovativsten E- Commerce-Unternehmen in Europa aufgebaut.
- Was deutsche Unternehmen von Tesla lernen können
STRIVE+ | Jahrelang wurde er dafür belächelt, dass er Fan des E-Autobauers ist. Jetzt zeigt sich, dass Philipp Depiereux, Digitalpionier und Gründer der Digitalberatung Etventure, damit trotzdem richtig lag.
- Mut haben, loslassen, reflektieren
STRIVE+ | Hildegard Wortmann ist Vorständin bei Audi. Sie ist eine passionierte Leaderin, die wenig auf Hierarchien , dafür viel auf Vertrauen setzt. Und auf Nahbarkeit – für die sich die Top-Managerin sogar Slots im Kalender freihält. Frau Wortmann, ein Zwischenfazit nach einem Jahr Corona: Welche Ihrer Qualitäten als Managerin und Führungskraft hat sich während der Pandemie bisher als besonders wichtig erwiesen? Das waren vor allem zwei Aspekte. Erstens haben wir im Vorstand sehr schnell reagiert. Wir mussten Entscheidungswege verkürzen, konnten sie nicht mehr durch einzelne Gremien tragen. Jede/r musste eigenständig Programme entwic keln und umsetzen, also in die volle Verantwortung gehen. Und gleichzeitig die anderen machen lassen, ohne alle Details zu kennen. Das hat viel mit Vertrauen und Loslassen zu tun. Diese Arbeitsweise liegt mir: zu den eigenen Themen stehen, ohne die ständige Rückversicherung von außen. Die Ver antwortung ist dann viel sichtbarer, und das erfordert Mut. Was war der zweite Aspekt? Im Umgang mit den Mitarbeiter:innen habe ich mir besonders viel Zeit für die Kommunikation genommen. In den vergangenen zwölf Monaten habe ich viele Gespräche geführt, auch mit den Kolleg:innen in den weltweiten Märkten, und habe für sie zusätzlich Videobotschaften aufgenommen. Vor allem, um den Mitarbeiter:innen in von der Pandemie schwer betroffenen Ländern Mut zu machen. Empathie ist mir immer wichtig, genauso wie das gegenseitige Zuhören, Verstehen und aktive Austauschen. Das meine ich auch mit meinem Credo „LLX“ – Listen, Learn, Exchange. Während Corona hat das nochmal eine besonders große Rolle gespielt. Das hört sich zeitintensiv an. Mit wie vielen Mitarbeiter:innen stehen Sie pro Tag in Kontakt? Wie viele Direct Reports haben Sie als Vorständin? Ehrliche Antwort? Ich habe sie noch nie gezählt. So funktioniere ich nicht. Ich arbeite an Themen – und dann eben mit den Menschen zusammen, die mit diesen Themen befasst sind, unabhängig von der Hierarchie. Auch das ist für mich Diversity. Wenn ich schätzen müsste: Wahrscheinlich habe ich im Laufe einer Woche mit etwa 50 verschiedenen Mitarbeiter:innen näheren Kontakt. Bleibt dabei Raum für individuellen, zwischenmenschlichen Austausch? Ja, und das habe ich im vergangenen Jahr noch einmal verstärkt. Ich mache regelmäßig Calls, für die ich bewusst keine Agenda aufsetze, in denen wir einfach nur reden. Der offene Austausch steht im Vordergrund. Das kann auch mal eine Stunde dauern, und die nehme ich mir. Für die Mitarbeiter:innen ist das eine schöne Möglichkeit, mit dem Vorstand direkt in Kontakt zu treten. Das kostet zwar Zeit. Aber ich ziehe aus diesen Terminen auch viel Energie heraus, die ich dann an das Team weitergeben kann. Sie haben eben schon die Themen Loslassen, Vertrauen angesprochen. Das setzt Ruhe und Gelassenheit voraus, auch Vertrauen in sich selbst. Konnten Sie das schon immer – oder mussten Sie das lernen? Waren Sie jemals eine Micromanagerin? Das habe ich mir sehr früh abgewöhnt. Wenn Sie ein inhaltlich sehr breites Aufgabenspektrum zu bewältigen haben, bleibt Ihnen nichts Anderes übrig – dann können Sie nicht mehr in allem die Expertin sein und alle Entscheidungen nur alleine treffen. Ich war in meiner Karriere früh mit technischen Fragestellungen konfrontiert, bin selbst aber keine Ingenieurin. Daran habe ich gelernt, wie das funktioniert: präzise formulierte Ziele vorgeben, einen Orientierungsrahmen setzen, transparent sein und falls notwendig justieren. "Ich habe mir systematisch angewöhnt, zu reflektieren." - Hildegart Wortmann Wie erkennen Sie den Punkt, an dem Sie doch noch mal reingehen müssen? Dringen die dafür wichtigen Impulse zu Ihnen als Vorständin überhaupt noch vor? Genau deshalb ist es für mich so wichtig, nahbar zu sein. So wie ich kommuniziere und mit den Menschen zusammenarbeite – das erzeugt Vertrauen, in beide Richtungen. Dadurch bekomme ich sehr viel mit. Würde ich hierarchischer arbeiten, wäre das sicherlich anders. Am Ende gehört aber auch immer ein Schuss Intuition dazu. Den muss man haben, um zu merken, ob es irgendwo hängt. Wie sieht diese Erreichbarkeit aus, die Sie beschreiben? Die sprichwörtliche Tür, die immer offensteht, können Sie als Vorständin ja sicher nicht gewährleisten, oder? Doch, genau so – Corona mal ausgeblendet, versteht sich. Mein Kalender ist von früh bis spät durchgetaktet, das stimmt natürlich. Aber ich lasse bewusst Freiräume, um das möglich zu machen. Ich habe eine ganz fantastische Assistentin. Wenn da jemand vor meiner Tür steht, kann sie einschätzen: Okay, er oder sie braucht jetzt den menschlichen Kontakt – und dann findet sie eine Möglichkeit. Das ist mir wichtig. Und: Ich schicke auch mal eben eine SMS raus oder antworte in Chats. Ich bin erreichbar und plane die Nahbarkeit ein. Wie funktioniert das konkret: eingeplante Nahbarkeit? Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wenn ich vor Corona in die Märkte gereist bin, und wenn es auch nur ein kurzer Besuch war, dann gab es immer einen festen Punkt auf der Agenda: einen Round Table für die Nachwuchskräfte. Und zwar alleine mit ihnen, ohne ihre Vorgesetzten. Ich möchte ein Gefühl dafür bekommen, wie sie ticken, was ihnen wichtig ist, wo sie stehen. Es braucht also beides: Die Freude am Austausch – und das systematische Einfordern für die Zeit, die man dafür benötigt. An welchem Punkt müssen Sie, als Führungskraft, auch heute noch an sich arbeiten? Am wichtigsten finde ich, dass man als Führungskraft das lebenslange Lernen beibehält. Die eigene Offenheit und Agilität sind für mich sehr entscheidend. Was man sich außerdem immer bewahren muss: die Kritikfähigkeit und die Selbstreflexion. In einer Position wie meiner ist das gar nicht so einfach. Sie bekommen selbstverständlich viel Feedback, aber das ist eben nicht immer ehrlich. Obwohl jede/r um mich herum weiß, wie wichtig mir das ist, traut sich das nicht jede/r. Ich habe mir deshalb systematisch angewöhnt, zu reflektieren und gezielt Rückmeldung einzuholen. Nach Auftritten oder Besprechungen frage ich mein Team unmittelbar: Wie war das jetzt? Ka m an, was ich rüberbringen wollte? Wie habe ich gewirkt? Funktioniert das auch ganz oben – geben Sie und Ihre Kollegen im Vorstand einander Feedback? Ich mache das auf jeden Fall und ich fordere das auch für mich ein, ganz direkt. Das bringe ich einfach mit – ich bin so, und ich möchte ja authentisch sein. Wir kommt das an, vor allem bei Ihren männlichen Kollegen? Es funktioniert gut. Wir als Vorstandsteam sind generell sehr offen miteinander und haben einen extrem guten Teamspirit. Frau Wortmann, Sie kamen 2019 in den Vorstand von Audi – als erste Frau. Davor haben Sie bereits über 20 Jahre in Führungspositionen gearbeitet. Dürfen Top-Managerinnen heute anders sein als früher? Die Generation an Managerinnen, dir vor mir kam – das waren Vorreiterinnen. Für uns alle. Sie mussten sich sicherlich noch stärker mit Stereotypen auseinandersetzen, als wir es heute müssen. Ich hatte eine Kollegin, die mich sehr fasziniert hat, sie hat viel erreicht. Als sie sich in den Ruhestand verabschiedete, sagte sie zu mir: „Tun Sie mir den Gefallen und bleiben Sie, wie Sie sind. Werden Sie auf keinen Fall so, wie ich es war.“ Sie hat darauf angespielt, dass man in der Vergangenheit als Frau eine gewisse Härte mit ins Geschäft bringen musste. Man musste besser und tougher sein als die Männer. Dieses Gegeneinander ist heute nicht mehr zielführend. Mir geht es darum, gemeinsam im Team Ziele voranzubringen und die Gesellschaft zu gestalten. Bemerken Sie auch eine Veränderung bei den jungen Frauen, die nachrücken? Die jungen Frauen sind sich erstaunlich früh sehr klar darüber, was sie wollen – und was nicht. Sie fragen auch kritisch, ob eine Karriere wie meine wirklich erstrebenswert ist, ob das Privatleben nicht zu kurz kommt. Ich finde das gut, weil das zeigt, dass sie wirklich reflektieren. Sie holen sich sehr viele Informationen ein, bitten gezielt um Mentorship. Was empfehlen Sie ihnen? Sich ein Netzwerk aufzubauen und gute Wegbegleiter:innen an die Seite zu holen. Viele Fragen stellen, nach Mentor:innen für eine ehrliche Karriereberatung suchen und sich am Netzwerk beteiligen, online und offline – das ist in jedem Fall sinnvoll. Eine Karriere, wie Sie sie haben – kann man die planen? Ich persönlich bin es nicht von Anfang an strategisch angegangen in dem Sinne, dass ich nach dem Abitur gesagt habe: Ich möchte Vorständin in der Automobilindustrie werden. So funktioniert das nicht. Was ich aber immer wollte, war Unabhängigkeit, auch finanzielle. Ich wollte schnell in eine Position kommen, in der ich ein selbstständiges Leben führen kann. Das war mein Treiber, das hat mich dazu gebracht, mich immer wieder zu hinterfragen: Was muss ich tun, um zügig vorranzukommen? Sie haben sich keine konkreten Ziele gesetzt? Doch, und die braucht es. Man braucht einen Plan und der muss auch möglichst bildlich sein: Wo will ich in fünf, in zehn, in 15 Jahren stehe n? Natürlich kommt es dann sowieso anders – aber es ist wichtig, zu wissen, wo man hinmöchte. Das sage ich auch jungen Kolleg:innen immer: Karriere ist nicht das, worum man sich nicht kümmert. Karriere entsteht, wenn man wirklich einen Plan hat, sich breit und offen genug aufstellt und fl exibel bleibt. Worauf achten Sie besonders, wenn Sie neue Leute einstellen oder befördern? Einer der wichtigsten Bausteine für eine erfolgreiche Karriere ist, im Ausland gelebt und gearbeitet zu haben, in einem anderen Kulturkreis. Rückblickend waren für mich die Jahre, die ich in einem anderen Land verbracht habe, immer die besten Zeiten, in denen ich am meisten persönlich gewachsen bin. Weil ich mich als Führungskraft und Mensch beweisen musste. Darauf achte ich auch bei Kandidat:innen. Frühe, mehrjährige Auslandserfahrungen sind mit das Wichtigste, um sich ein offenes Mindset anzueignen. "Karriere entsteht, wenn man wirklich einen Plan hat." - Hildegart Wortmann Was ist außerdem wichtig? Dass Menschen unterschiedliche Dinge gemacht haben. Bei jemandem, der immer genau das gleiche gemacht hat, da fehlt mir die Phantasie: Wie soll er oder sie die Offenheit mitbringen, die wir suchen? Ein breites Aufstellen, internationale Erfahrung, Netzwerke, Engagement und Inspiration sind für mich die wichtigsten Bausteine, die ich mir bei den Bewerber:innen genauer anschaue. Wie sorgen Sie dafür, dass aus Ihren Teams genügend Frauen nach oben kommen? Gleichberechtigung passiert nicht von alleine. Ich achte darauf, dass die Teams divers besetzt sind – und dass auf jeder Kandidaten:innenliste für einen Posten auch Frauen stehen. Dafür gehe ich die Talente bewusst durch, suche auch nach Frauen, die wir fördern und befördern können. Das braucht Zeit und passiert nicht nur dadurch, dass man eine Quote setzt. Bei diesem Thema bin ich eher verhalten. Warum? Weil ich eine Frau nur dann besetzen möchte, wenn sie auch wirklich die beste Besetzung für den Job ist. Für mich sind Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten entscheidend – unabhängig von Geschlecht und Herkunft. Als Chefin trage ich also eine doppelte Verantwortung. Nicht nur dafür, Talente auf bestimmte Positionen zu bringen. Ich muss auch sicher sein, dass sie sich dort bewähren können und nicht verbrannt werden. Das gilt für Männer wie Frauen. Wird es für Frauen eigentlich einfacher, je weiter sie nach oben kommen – oder schwieriger? Natürlich ist vieles von dem, was ich tue, inzwischen sichtbar. Zum Beispiel werden manchmal Aussagen aus meinen Interviews aus dem Kontext gerissen. Oder wenn ich auf LinkedIn eine nette Unterhaltung führe – das wird gelesen und bewertet. Ich habe da aber eine innere Gelassenheit entwickelt und rege mich nicht mehr über jeden Artikel auf. Man muss zu sich selbst und dem, was man erreicht hat, stehen. Und wie hat sich der direkte Umgang mit Ihnen verändert? Ich nehme an, dass Sie heute nicht mehr für die Assistentin gehalten werden – wenn Ihnen das überhaupt jemals passiert ist. (lacht) Es gab solche Momente, das stimmt schon. Das kommt heute nicht mehr vor. Lustige Situationen gibt es aber immer noch. Ich gehe mit meinem Posten nicht hausieren, sage selten von vorneherein, dass ich im Vorstand von Audi bin. Ich möchte mir selbst treu bleiben und in erster Linie als starke, herzliche Persönlichkeit wahrgenommen werden. Ab und zu werde ich dann noch immer gefragt, was ich denn so mache, beruflich. Ich antworte dann meistens mit der Wahrheit: Ich verkaufe Autos. Hildegard Wortmann (54) wurde 1966 in Münster geboren. Sie ist staatlich geprüfte Fremdsprachenkorrespondentin und studierte BWL an der FH Münster. Ihre Karriere startete bei Unilever, wo sie Marketing Director für Calvin Klein wurde; nebenbei machte sie ihren MBA in London.1998 ging sie zu BMW, wo sie Markenchefin war und ab 2018 die Vertriebsregion Asien-Pazifik verantwortete. Im Juli 2019 wechselte sie in den Vorstand der Audi AG, als erste Frau. Sie verantwortet den Bereich Marketing und Vertrieb. Die Audi AG sitzt in Ingoldstadt gehört zum Volkswagenkonzern. Das Unternehmen ist in mehr als 100 Märkten aktiv und beschäftigt weltweit rund 87.000 Mitarbeiter:innen, davon über 60.000 in Deutschland. 2020 lieferte Audi knapp 1,7 Mio. Autos aus.
- Wie kann ich mit Neid umgehen und ihn für mich nutzen?
STRIVE+ | Er gilt als Charakterschwäche, im religiösen Sinne sogar als Todsünde. Dabei hat der gute, alte Neid vor allem eins: ein Image-Problem. Denn wer es schafft, der hitzigen Emotion gegenüber cool zu bleiben, kann sie als Motor nutzen. Wie geht das? Hand aufs Herz, waren Sie schon einmal so richtig neidisch? Und haben, etwa bei einer Beförderungsfeier in der Büroküche, zwar mit den Kolleg:innen angestoßen, aber klammheimlich in der Hosentasche die Faust zusammengeballt? Neid gilt in unserer Gesellschaft als Charakterschwäche. Friedrich Nietzsche bezeichnete das Gefühl als „Schamteil der menschlichen Seele“, Seneca warnte vor knapp 2.000 Jahren: „Nie wird einer glücklich sein, den das größere Glück eines anderen wurmt.“ Noch härter als die beiden Philosophen geht die katholische Kirche mit dem Gefühl ins Gericht und führt es gar unter ihren sieben Todsünden – also jenen „Hauptsünden“, die als besonders verwerflich eingeschätzt werden und durch die der Mensch die Gemeinschaft mit Gott mit vollem Willen verlässt. Oha! Was aber geschieht aus psychologischer Sicht in der Büroküche? Die Sozialpsychologin Katja Corcoran (49) von der Karl-Franzens-Universität in Graz beschäftigt sich in ihrer Forschung mit den Konsequenzen von sozialen Vergleichen. Sie erklärt: „Der typische Auslöser für Neid ist ein Auswärtsvergleich. Ich sehe eine andere Person, die etwas hat oder kann, was ich auch haben oder können will – das geht mit einem gewissen Schmerz einher.“ Ob und wie stark eine Person diesen Schmerz empfindet, ist individuell unterschiedlich und hängt davon ab, wie leistungs- und statusorientiert oder auch gierig sie ist. Als Reaktion auf Neid gibt es dann zwei Möglichkeiten: Wenn es gut läuft, nutzt man ihn als Motivation, dasselbe zu erreichen und mit den Beneideten aufzuschließen. Läuft es schlecht, entsteht Missgunst. Diese bösartige Form des Neides geht dann oft mit dem Versuch einher, andere zu sich herunterzuziehen – etwa in Form von Mobbing, Intrigen oder übler Nachrede. Man muss auch gönnen können Neid als positiven Motor nutzen zu können, hat etwas mit einer Geisteshaltung zu tun. Mit dem Gedanken „Das will ich auch erreichen!“ geht es los. Sinnvoll ist es, sich auch immer wieder das Ziel vor Augen zu halten und für den Weg grundlegende Fragestellungen zu klären. Etwa: Wo genau will ich hin? Warum will ich da hin? Welche Schritte muss ich einleiten? „Das ist dann eine Frage der Handlungsregulation. Sprich: Wie kann ich mein Handeln ausrichten, damit ich dahin komme, wo die andere Person bereits ist?“, sagt die Psychologin. Wenn es gut läuft, nutzt man Neid als Motivation. Läuft es schlecht entsteht Missgunst Dabei gibt es nur ein Problem: Um ins Handeln zu kommen, muss das schmerzhafte Gefühl von Neid zunächst einmal überwunden werden. Untersuchungen deuten darauf hin, dass es hilft, sich beim Erreichen seiner Ziele in einer positiven Gedankenwelt zu beenden. Ein gut funktionierendes Werkzeug, um sich in Stimmung zu bringen, ist Vorfreude. Wer es schafft, gedanklich an seine Stärken zum Überwinden von Barrieren anzuknüpfen und sich aufs Ziel zu freuen, hat die beste Startposition. Ob und welche Art von Neid entsteht, wird auch durch das Gerechtigkeitsempfinden gesteuert. Haben andere sich die Belohnung selbst erarbeitet, einiges an Energie in die Sache gesteckt und viel Einsatz für den neuen Posten gezeigt? Dann fällt es mit dem Gönnen weniger schwer. Ebenso, wenn die Antwort auf die Frage „Könnte ich aus eigener Kraft Ähnliches erreichen?“ klar „Ja“ lautet. Das Gefühl der Kontrollierbarkeit ist dabei zentral. Wenn ich glaube, überhaupt nicht hinkommen zu können, wo andere sind – dann bleibt mir nichts anderes übrig, als sie zu mir runterzuziehen. Neid ist auch Chef:innen-Sache In einem kompetitiven Klima, also zum Beispiel bei der Arbeit, trifft Neid auf besonders fruchtbaren Boden. Dazu kommt: Nicht immer geht dort alles nachvollziehbar und gerecht zu. Wird im Berufsleben zum Beispiel wiederholt wahrgenommen, dass andere schneller vorankommen und in höhere Positionen besetzt werden, kann Motivation schnell in negative Emotionen umschlagen. Zwar lassen sich in unserer Leistungsgesellschaft potenziell Neid auslösende Situationen im Job kaum vermeiden – am Ende des Tages kann eben meist nur eine Person befördert werden. Unternehmen können gegen die Entstehung destruktiver Gefühle ansteuern. Bei Rahmenbedingungen haben Vorgesetzte zum Beispiel durchaus Gestaltungsmöglichkeiten, etwa bei der Verteilungsgerechtigkeit. Die Forschung hat gezeigt, dass es dabei weniger darum geht, wer einen Posten letztendlich bekommt. Sondern vielmehr um die transparente Darstellung der Prozesse. Sie ist ausschlaggebend dafür, dass Mitarbeiter:innen Entscheidungen akzeptieren. Außerdem können Chef:innen ihre Mitarbeiter:innen in puncto Kontrollierbarkeit unterstützen. Werden die Mechanismen einer Beförderung offen kommuniziert, bleibt für negativen Neid wenig Spielraum. „Wenn ich weiß, warum andere etwas bekommen haben und wenn klar ist, was ich tun müsste, um dasselbe zu bekommen, entsteht eher keine Missgunst“, so Corcoran. Positives Denken gegen negative Gefühle Agieren eigene Chef:innen weniger transparent und spürt man eben doch einmal Neid aufkommen, lohnt es sich, das Gefühl offen zuzugeben. Vielleicht nicht unbedingt den Kolleg:innen gegenüber. Aber Corcoran zählt als Sozialpsychologin auf die Kraft der Gemeinschaft. Denn obwohl Neid im Sozialen entsteht, liegen genau dort auch die Möglichkeiten für positives Denken und Verarbeitung. „Gegenüber Freund:innen oder wohlwollenden Menschen kann es durchaus helfen, negative Emotionen zu zeigen und mit ihnen darüber zu sprechen. Negative Gefühle haben eine bestimmte Funktionalität. Neid hat etwas mit dem sozialen Gefüge zu tun. Wir erkennen durch ihn, wer wo steht und wohin ich selbst will.“ Grund, sich für die unpopuläre Emotion zu schämen, gibt es also nicht. Zumal man sich durch das wahrgenommene Defizit meist ohnehin schon schlecht fühlt. Um sich aus einer destruktiven Gedankenspirale herauszuwinden, sollten Gefühle lieber zugelassen als verdrängt und als eine normale Reaktion akzeptiert werden. Wer von negativen Emotionen überwältigt wird, kann beispielsweise mithilfe von Achtsamkeitstraining lernen, sie nicht gleich zu bewerten, sondern erst einmal neutral anzuschauen. Und sich dann in Ruhe überlegen, was man mit ihnen machen möchte. Sie wieder gehen lassen – oder sie als Motor einsetzen? Hilfe, ich bin neidisch! Was tun? 10 Tipps für den Umgang mit Neid 1. Erkennen Den Neid erkennen und neutral als funktionale Emotion betrachten. 2. Durchatmen Durchatmen und das Werten abstellen. 3. Aussprechen Mit Freund:innen über die Neidgefühle sprechen. 4. Gehen lassen Missgünstige Gedanken bewusst wegschicken. 5. Positiv denken „Das will ich auch erreichen!“ 6. Visualisieren Das Ziel klar formulieren und sich vorstellen. 7. Schritt für Schritt Schritte zum Erreichen des Ziels durchspielen. 8. Kommunikation Mit dem Umfeld (z.B. Chef:innen) die Absichten besprechen. 9. Vorfreude Durch Vorfreude auf das Ziel für eine positive Stimmung sorgen. 10. Danke! Dankbarkeit üben. Wer positiv auf sich und das Leben schaut, kommt leichter ins Handeln.
- 5 Versicherungen, die Sie wirklich brauchen
Strive+ | Was man versichern muss, ist schwer zu kalkulieren: Wir sichern uns gegen Fälle ab, die hoffentlich nie eintreten. Dann fühlt es sich an wie rausgeschmissenes Geld. Kommt es doch zur Extremsituation, kann es allerdings teuer werden. Die Krankenversicherung ist Pflicht in Deutschland. Für Angestellte auch die gesetzliche Rentenversicherung. Darüber hinaus gibt es fünf wichtige Policen, die jede:r haben sollte.
- Fünf Dinge, die ich mir vom Jahr 2022 wünsche
Gastbeitrag | Michael Trautmann ist einer der bekanntesten Werber Deutschlands. Nach seinen Agenturgründungen kempertrautmann und thjnk ist er mit HYROX und mit New Work Masterskills (NWMS GmbH) aktiv. Darüber hinaus hostet er gemeinsam mit Christoph Magnussen den erfolgreichen Podcast "On the Way to New Work". Für STRIVE zählt Trautmann seine fünf größten Wünsche für 2022 auf. ...besser zuhören. Für mich war mein Podcast „On the Way to New Work“ mit nunmehr 300 Episoden die beste Schule, um zu lernen, was es bedeutet, wirklich zuzuhören. Es ist nämlich nicht der Zeitraum, in dem wir warten, bis wir endlich selbst wieder dran sind, sondern es ist der Zeitraum eines Gespräches, in dem wir wirklich etwas Neues lernen können. Der US-amerikanische Kommunikationsexperte Fred Dust erklärt es uns in seinem Buch „Making Conversation“ und in unserem Podcast in der Folge 300. Zusammengefasst: Wir haben es verlernt, zuzuhören. Die Gründe? Er nennt das Fernsehen, das in vielen amerikanischen Familien dazu geführt hat, dass es kaum noch echte Gespräche gibt, und er nennt die Schulen, in denen wir unseren Kindern als erstes beibringen, sich zu melden. Das Problem? Wer sich meldet, hört nicht mehr zu. Wenn wir hier wieder besser werden und uns wirklich Mühe geben, unsere Geprächspartner:innen zu verstehen, dann können wir … … Brücken bauen und Gräben zuschütten. Ob es der tiefe Graben ist, den spätestens die Trump-Administration in den USA zischen den Demokraten und den Republikanern offenkundig gemacht hat oder der Graben, den Impfbefürworter:innen und Impfgegner:innen derzeit immer tiefer ausschaufeln. Wir neigen als Gesellschaft dazu, nur noch unsere eigenen Positionen als die richtigen zu akzeptieren. Ich wünsche mir, dass wir uns aus unseren Komfortzonen und Blasen wieder heraustrauen, uns nicht sofort canceln, wenn unser Gegenüber eine andere Meinung vertritt. Wie das gehen kann? Dr. Laura Wendt, unsere Gesprächspartnerin in Folge 299, ist ein leuchtendes Beispiel. Aufgewachsenen in einer Sekte und geprägt durch ein konservatives Weltbild glaubte sie lange, dass schwul oder lesbisch sein eine Sünde sei. Heute zählt die promovierte Psychologin zu den Menschen, die dabei helfen, dass Unternehmen ... Noch zu oft gehen Führungskräfte den leichten Weg und suchen nach selbstähnlichen Typen. … Diversität, Inklusion, Zugehörigkeit und Gleichberechtigung leben. Eine erdrückend große Anzahl von Studien zeigt es: Diverse Teams kommen zu besseren und kreativeren Lösungen und die Teammitglieder in solchen Teams setzten sich mehr ein. Michael Krause, Europachef bei Spotify berichtet davon, welche Bedeutung das Thema in seinem Unternehmen hat. „Diversität ist die Einladung zur Party, Inklusion heißt, dass auch zusammen getanzt wird.“ Die für „People and Culture“ verantwortliche Spotify-Managerin Katarina Berg ergänzt, dass es aber erst dann Zugehörigkeit ist, wenn sie auch deine Musik spielen. Die ehemalige Lufthansa-Vorständin Simone Menne ergänzt in Folge 235 unseres Podcasts um die Gleichberechtigung. Um in unserem Bild zu bleiben, würde das dann vielleicht bedeuten, dass du auch an den Einnahmen der Party beteiligt wirst. Noch zu oft gehen Führungskräfte den leichten Weg und suchen nach selbstähnlichen Typen. Das mag am Anfang dazu führen, dass Teams leichter zu führen sind, weil sie sich besser verstehen. Wirklich erfolgreich ist das deutlich seltener. Wir brauchen viele Blickwinkel, um die dringenden Probleme anzugehen. Zum Beispiel müssen wir endlich … … nachhaltiger Leben. Die Waldbrände, Flutkatstrophen und gefährliche Temperaturrekorde aus dem Jahr 2021 sind bei den Menschen, die nicht direkt betroffen waren, schon wieder in den Hintergrund getreten. Aber es lässt sich nicht mehr wegdiskutieren, wir müssen handeln. Wir verbrauchen zu viel und wir kümmern uns zu wenig darum, wie wir das Gleichgewicht, dass wir zerstören, wieder hergestellt bekommen. Klimaerwärmung, Überfischung, Massentierhaltung, Artensterben, Müll – die Problem sind vielfältig, sie sind bekannt und ich wünsche mir, dass wir alle unser Verhalten verbessern und ich wünsche mir Unternehmer:innen, die sich mit diesen Themen beschäftigen. Ich wünsche mir zu guter Letzt … …eine entschlossene und mutige Bundesregierung. Nicht nur Friedrich Merz, der im dritten Anlauf erfolgreiche und designierte CDU-Chef, sollte sich eine erfolgreiche Regierung wünschen (Fun Fact: Das hat er so gesagt!). Die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, dulden keinen Aufschub und ich wünsche mir, dass die vielen Impulse und Initiativen, die unser Land braucht, in diesem Jahr auch von unserer neuen Regierung kommen. Ach ja: und Weltfrieden, aber den wünsche ich mir jedes Jahr. Michael Trautmann ist Co-Founder der thjnk AG, der Upsolut Sports GmbH (HYROX), der NWMS GmbH (New Work Masterskills) sowie Co-Host des Podcasts “On the Way to New Work”.
- 8 Tipps für effizienteres Arbeiten
STRIVE+ | Mehr schaffen, ohne erschöpft zu sein? Vom Biorhythmus bis zur sogenannten Lösungs-Trance: 8 Tricks, wie Sie Ihre Energie richtig einsetzen.
- So legt die Gründerin von Financery ihr Geld an
Strive+ | Wenn sie ihrem 18-jährigen Ich einen Tipp in Sachen Geldanlage geben könnte, wäre das: früher anfangen. Warum – und was Maria Mann (38), die Gründerin von Financery, heute mit ihrem Geld macht, erzählt sie hier.
- Warum es sich lohnt, jung zu gründen
Meine Gründungsstory | Die Generation Z ist geprägt von Umbruch, Digitalisierung, Klimawandel und der Corona-Pandemie. Doch jede Herausforderung bringt schlaue Köpfe hervor, die sich ihrer annehmen. So auch Yaël Meier, die selbst Teil der „GenZ“ ist. Die heute 21-Jährige ist Gründerin der Agentur ZEAM , die Unternehmen dabei unterstützt, die junge Zielgruppe zu erreichen. Wir sprechen mit der jungen Unternehmerin darüber, warum dies bisher vielen Unternehmen noch nicht gelingt und welche persönlichen Herausforderungen ihr beim Gründen begegnet sind. Stellen Sie sich (und ggfs. Ihr Team) doch einmal vor. Mein Name ist Yaël Meier, ich bin 21 Jahre alt und habe ZEAM Anfang 2020 mit meinem Lebenspartner Jo Dietrich gegründet. ZEAM ist eine „Generation Z Agentur“ und wir verfolgen die Mission “connecting companies with the future”. Wir möchten Unternehmen dabei unterstützen, die GenZ zu erreichen und zu begeistern. Die meisten Unternehmen haben große Schwierigkeiten dabei, junge Talente und junge Kund:innen anzusprechen. Oftmals hängt das damit zusammen, dass sie die Bedürfnisse und Lebenswelten von der jungen Generation nicht kennen. Alle lesen Reports und Studien über die Generation Z – vergessen dann aber, dass sie MIT ihnen reden sollten, statt nur ÜBER sie. Wir möchten jungen Menschen mit ZEAM eine Stimme in einer Welt geben, die größtenteils von älteren Generationen gesteuert wird. Für ZEAM arbeiten nun bereits 13 Mitarbeiter:innen und wir sind immer auf der Suche nach neuen Talenten. Dabei ist es uns egal, ob jemand einen Uniabschluss hat oder nicht. Vielmehr liegt es uns am Herzen, dass man motiviert ist und Vollgas gibt. Ich selbst habe übrigens auch nicht studiert, sondern nach dem Gymnasium direkt angefangen als Journalistin und Schauspielerin zu arbeiten. Was hat Sie zum Gründen bewogen? Ich wusste eigentlich schon immer, dass ich mal etwas Eigenes aufbauen will. Erst mit der Idee zu ZEAM wurde dieser Wunsch zur Realität. „In den Teams, welche die Produkte und Marketing-Konzepte für 14-25-Jährige entwickelten, ist niemand unter 30." - Yaël Meier Wie entstand die Idee? Jo und ich sind beide früh ins Berufsleben eingestiegen und waren in den Medien tätig. Ich habe bei einem der zwei größten privaten Schweizer Medienunternehmen als Journalistin gearbeitet, aus der Lebenswelt von jungen Menschen berichtet und Formate für die junge Zielgruppe erstellt. Dabei war ich immer die „Expertin für die Jungen“. Ich wurde angefragt zu dem Thema Gastartikel in Zeitungen zu schreiben und nach meiner Meinung zu Produkten gefragt, die die Gen Z ansprechen sollten. Jo ging es in seinem Berufsfeld ähnlich. In dieser Zeit sind uns immer öfter Produkte und Werbungen aufgefallen, die an unsere Altersgruppe gerichtet waren, so aber niemals funktionieren würden. Als wir herausfinden wollten, wie so etwas passieren kann, ohne, dass das jemand den Firmen sagt, haben wir etwas festgestellt: In den Teams, welche die Produkte und Marketing-Konzepte für 14-25-Jährige entwickelten, ist niemand unter 30 – so merkten wir, dass Unternehmen nicht mehr verstehen, wie Junge ticken, diese aber eine extrem relevante Zielgruppe sind. So war die Idee zu ZEAM geboren. Haben Sie allein gegründet oder im Team? Warum? Ich habe gemeinsam mit meinem Lebenspartner Jo Dietrich die Generation Z Agentur gegründet. Wir ergänzen uns unglaublich gut und sind privat sowie professionell ein super Team. Mit VC Geld oder ohne? Warum? Da wir eine Agentur sind, konnten wir mit einer sehr tiefen Kostenstruktur gründen und brauchten kein Fremdkapital. Die 20.000 CHF Startkapital für die GmbH-Gründung konnten wir aus unseren Einkommen finanzieren. Wie haben Sie sich am Anfang finanziert? Ich habe drei Monate nach der Gründung noch bei der Zeitung „Blick“ gearbeitet und Jo war mitten in seinem Masterstudium. Unser Ziel war, so viel zu verdienen, dass wir meinen Lohn substituieren können. Drei Monate nach Gründung war das gegeben und ich konnte 100 Prozent auf ZEAM setzen. Welche Hindernisse hatten Sie beim Gründen? Wir haben im Februar 2020 gegründet, knapp einen Monat bevor es mit Corona so richtig losging. Als der Lockdown kam, wurden viele unserer Aufträge abgesagt und es lief erstmal gar nichts mehr. Da wir aber erst am Anfang standen, hat diese Entschleunigung dabei geholfen, uns zu fokussieren. Wir kamen aus dem Lockdown mit einer klaren Vorstellung, was wir mit ZEAM genau machen wollen. Außerdem war Jo damals noch in Lissabon und wir haben unsere Firma von Beginn remote gedacht. Das hat uns in der Krise unglaublich geholfen und wir haben bis heute kein festes Büro. Was war für Sie persönlich die größte Herausforderung? Herausforderungen sehe ich nicht in dem Moment, in dem sie passieren. Da bin ich voll im Film und mache einfach. Rückblickend würde ich aber sagen, dass ich erst lernen musste, mit Druck umzugehen. Dem Druck, für Mitarbeitende verantwortlich zu sein, dem Druck, den ich mir als Perfektionistin selbst mache und dem finanziellen Druck, als wir noch weniger Projekte umsetzten. Mittlerweile bin ich aber ziemlich gut darin! Wie haben Sie gelernt zu führen? Learning by doing. Das ist in meinen Augen die beste Methode, ein Unternehmen aufzubauen. Ihr Buch-/Filmtipp für Gründer:innen? „The 4 hour work week“. Ein anderes Konzept, wie Arbeiten funktioniert. Wir haben vieles so gemacht, wie es Timothy Ferriss in seinem Buch erklärt – und zwar schon bevor wir das Buch gelesen hatten. Welchen Tipp würde Sie ihrem 18-jährigen Ich in Sachen Gründung geben? Glaube an in dich selbst! Und sammle alle Buchhaltungsbelege von Anfang an richtig – das wird dir extrem viel Zeit und Nerven sparen.
- Riester, Rürup, Riesenquatsch?
STRIVE+ Private Altersvorsorge ist ein Muss, doch die gesetzlich geförderten Varianten haben einen schlechten Ruf. Wir erklären, ob und für wen sich Riester- und Rürup-Rente lohnen.
- Wie wir Frauen aus der Teilzeitfalle holen
Gastbeitrag | Teilzeitbeschäftigung wird meist über Begriffe wie Lohnlücke, Diskriminierung oder das Karriere-Aus thematisiert. Kein Wunder also, dass sich aus dieser Wahrnehmung auch das Denken vieler Frauen speist: wer aufgrund der Familienzeit beruflich kürzertreten muss, landet schnell in der Teilzeitfalle. Das bedeutet für viele nach wie vor, berufliches wie auch finanzielles Abstellgleis. Grund genug, um endlich Positivbeispiele ins Bewusstsein zu rücken, die Teilzeit und Karriere gleichzeitig möglich machen. Die deutsche Teilzeitfalle konnte sich vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Alleinverdienerehe – der Mann arbeitet, die Frau kümmert sich um Heim und Kind – flächendeckend erst so richtig etablieren. Denn bei der Mehrheit der deutschen Haushalte hieß es lange, dass die Frau doch eigentlich nicht arbeiten gehen müsse. Sie solle ihrem vom Job gestressten Ehemann lieber den Rücken freihalten, und sich um die Ausbildung der Kinder kümmern. Und wenn überhaupt noch Zeit bleibt, könne sie doch einfach ein paar Stunden als Bürokraft aushelfen. Eine erfüllende berufliche Entwicklung, ein ernstzunehmendes Gehalt nebst aller Wertschätzung und Anerkennung vor allem für Mütter – schlicht undenkbar. Denn diese Aspekte erfüllt bis heute fast ausschließlich die Vollzeit-Karriere. Wer seine Arbeit um ein paar Stunden reduziert, soll gleich komplett auf seine Karriere verzichten? Wer beruflich pausiert, wird karrieretechnisch abgestraft Zwar hat sich in den letzten Jahren bereits viel getan, zumal mittlerweile häufig beide Eltern arbeiten. Dennoch hat gerade der Wiedereinstieg in Teilzeit für unzählige hochqualifizierte Frauen immer noch den harten Karriere-Knick zur Folge. Aber wie kann es sein, dass diese Frauen, die Zeit mit ihren Kindern verbringen wollen, beruflich so abgestraft werden? Anders ausgedrückt: wer seine Arbeit um ein paar Stunden reduziert, soll gleich komplett auf seine Karriere verzichten? Dr. Nina Gillmann, Gründerin von Twise, und ihr Team haben genau für diesen „Systemfehler“ einen „Systemfix“ entwickelt. Dabei ist die Vision von Twise so einleuchtend wie einfach: alle Menschen sollen die gleichen Karrierechancen entlang ihres gesamten Erwerbslebens haben, unabhängig davon ob und wann sie beruflich mal kürzertreten müssen. Ein besonderes Augenmerk legt das female Start-up dabei auf die Mütter und Väter, denn sie fliegen in der Rush-Hour ihres Erwerbslebens – Familiengründung bei gleichzeitiger beruflicher Profilierung – am häufigsten aus der Karriere-Kurve. Das Modell der Frankfurter Unternehmerin adressiert aber nicht nur die Mütter und Väter. Auch dauergestresste Top-Manager:innen, die temporär ihren Workload reduzieren wollen, können davon profitieren. Im Tandem an die Spitze Denn das Twise-Modell ist ein Tandem-Modell, das es Frauen ermöglicht, ihre Arbeitszeit zu reduzieren und dennoch einer Vollzeit-Karriere gerecht zu werden. Je nach beruflicher Situation, Position und Motivation haben Frauen die Möglichkeit sich ihre Arbeit mit einer Tandempartnerin zu teilen. Da gibt es beispielsweise die Familiengründerinnen, die im klassischen „Eltern-Tandem“ die Elternzeit überbrücken wollen. Die zweite Gruppe sind Frauen, die nach einer längeren Pause den karrierefördernden Wiedereinstieg ins Berufsleben suchen. Sie möchten nicht in irgendeiner Assistenz-Funktion „geparkt“ werden. Dann gibt es da noch die Umsteigerinnen. Das sind Frauen, die in Vollzeit oder Vollzeit-nahen Positionen tätig sind, aber mehr berufliche Flexibilität brauchen, die sie bei ihrem aktuellen Arbeitgeber nicht finden. Sie suchen dringend Unternehmen, die ihnen flexible Karriere-Optionen bieten, ohne dass sie auf ihre berufliche Selbstverwirklichung verzichten müssen. Auch in der individuellen Arbeitsteilung gibt es viel Varianz. In der Elternzeit sind die gängigen Tandem-Modelle 20/80. In Führungsetagen gibt es auch die Aufteilung 60/60 oder 80/80 Prozent. Diese meist weiblichen Tandems entscheiden sich oft dafür, ihren Arbeitsplatz langfristig zu teilen und im „Doppelpack“ die Karriereleiter zu hoch zu steigen. Damit entstehen auch dem Arbeitgeber enorme Vorteile. Er bindet ambitionierte und qualifizierte Frauen an das Unternehmen, indem er eine langfristige Lösung zur Vereinbarkeit von Jobanforderung und Privatleben schafft und stabilisiert über Tandems auf unterschiedlichen Unternehmensebenen gleichzeitig seine weibliche Talentepipeline bis ins Top-Management. Mit diesem Ansatz wird langfristig nicht nur die Teilzeitfalle abgeschafft, auch der Quote kann man entspannt begegnen. Dr. Nina Gillmann ist CEO & Founder von Twise, einem Startup, das über ein Tandem-Modell Fulltime-Jobsharing ermöglicht. Zuvor war sie zwölf Jahre als Beraterin bei McKinsey & Company tätig. Sie ist verheiratet, hat vier Kinder und lebt in Frankfurt am Main.
- Die grüne Revolution im Gesundheitswesen
Meine Gründungsstory | Seit der Wahl der Ampelkoalition scheint die Legalisierung von Cannabis in Deutschland nicht mehr weit entfernt. Viele Gründer:innen stehen in den Startlöchern und warten nur noch auf den Startschuss. Anna-Sophia Kouparanis ist eine von Ihnen: Sie ist die Co-Gründerin der Bloomwell Group, einem Unternehmen für medizinisches Cannabis. Wir haben mit der Unternehmerin über mögliche Chancen durch die Legalisierung sowie ihre persönlichen Erfolge auf ihrer Gründungsreise gesprochen und darüber, was sie machen würde, wenn sie einen Tag lang Kanzlerin wäre. Liebe Frau Kouparanis, stellen Sie sich und Ihr Unternehmen bitte einmal kurz vor. Ich bin Co-Founderin der Bloomwell Group und Geschäftsführerin der Ilios Santé, einem Großhändler für medizinisches Cannabis. Die Bloomwell Group habe ich letztes Jahr Co-gegründet. Binnen eines Jahres sind wir rasant auf über 160 Mitarbeiter:innen angewachsen, erwarten knapp fünf Millionen Euro Umsatz in den nächsten zwölf Monaten und haben im Oktober zehn Millionen US-Dollar Venture Capital eingesammelt. Im Gründer:innenteam ist es unsere Aufgabe, alle strategischen Entscheidungen zu treffen. Deutschland würde bei einer Legalisierung zu dem weltweit größten legalen Cannabismarkt werden. Der Ökonom Justus Haucap rechnet mit einem Bedarf von 400 Tonnen Cannabis jährlich. Eine große unternehmerische Opportunität für uns. Die Legalisierung ist allerdings regulatorisch anspruchsvoll, der Weg dahin steinig. Wir als Unternehmer:innen müssen uns deshalb auf verschiedene Szenarien und Zeitpläne vorbereiten. „Was mir wichtig ist: Wenn ich in ein paar Jahren sagen kann, dass ich andere Frauen inspiriert habe, ihren Weg ins Unternehmer:innentum zu wagen“ - Anna-Sophia Kouparanis Worauf sind Sie im letzten Jahr besonders stolz? Im Laufe des letzten Jahres konnte ich einige Meilensteine abhaken, von denen ich lange geträumt habe. Auch dank der Erfolge der Bloomwell Group habe ich es als erste Gründerin eines medizinischen Cannabis-Unternehmens in Europa auf die Under 30 Forbes-Liste geschafft. Was mir noch wichtiger wäre als diese Auszeichnung: Wenn ich in ein paar Jahren sagen kann, dass ich dadurch andere Frauen inspiriert habe, ihren Weg ins Unternehmer:innentum zu wagen. Worauf blicken sie aus ihrer bisherigen Gründungszeit gerne zurück? Im medizinischen Bereich haben wir in Deutschland mit unserem Portfolio-Unternehmen Algea Care bereits dazu beitragen, dass chronisch erkrankte Menschen einen besseren Zugang zu einer Therapie mit medizinischem Cannabis erhalten. Das war und ist noch immer schwierig in Deutschland. Von daher bin ich stolz darauf, dass wir mehr als 5.000 chronisch erkrankten Menschen helfen konnten. Gerade das Feedback, das uns tagtäglich erreicht, berührt mich persönlich. Für viele der Menschen hat sich ihr Lebensalltag verbessert. Andererseits geht man davon aus, dass 800.000 Menschen in Deutschland von einer Therapie profitieren könnten – aktuell sind wir davon weit entfernt. In einigen Jahren würde ich es als Erfolg bezeichnen, wenn wir dazu beigetragen haben, dass die Therapie mit medizinischem Cannabis deutlich mehr Menschen zugutekommt. Abwarten müssen wir noch, wie es mit der Cannabis-Legalisierung weitergeht. Falls es eine gibt, wollen wir als Early-Mover mitgestalten und zum Ende des Schwarzmarktes beitragen. Auch das wäre ein Erfolg. Zu guter Letzt noch ein persönliches Wort über mich: Auch wenn ich gelernt habe, mich in der Wirtschaft durchzusetzen; ich bin ein familiärer Mensch. Am Ende des Tages ist die Tatsache, dass es mir und meinen Liebsten gut geht, das was mich wirklich glücklich und erfolgreich macht. Wo sehen Sie Ihr Unternehmen in der Zukunft? Unsere Vision bei Bloomwell ist, ein Direct-to-Consumer, im Fall von medizinischem Cannabis ein Direct-to-Patient-Ansatz mit Ausnahme des Anbaus. Volle Warteräume und Schwierigkeiten, überhaupt einen Termin bei einem Arzt/einer Ärztin mit der gesuchten Expertise zu erhalten, zeigen, wie rückständig das Gesundheitswesen ist. Mit Bloomwell wollen wir genau da anknüpfen und das Gesundheitswesen positiv verändern. Die grüne Revolution beginnt jetzt und Bloomwell übernimmt die Führung. Im Rahmen unserer Holding-Gesellschaft werden wir dafür weitere Unternehmen aufbauen, in bestehende investieren oder diese aufkaufen. Und natürlich wollen wir im Falle einer Cannabis-Legalisierung in Deutschland für den Freizeitmarkt eine führende Rolle einnehmen und mitgestalten. "Ich glaube, wenn man zielstrebig bleibt und sich nicht von kleinen Rückschlägen aus dem Konzept bringen lässt, ist man klar im Vorteil!" - Anna-Sophia Kouparanis Welchen Tipp würden Sie in Sachen Gründung geben? Zuversicht und Unerschrockenheit. Ich glaube, wenn man zielstrebig bleibt und sich nicht von kleinen Rückschlägen aus dem Konzept bringen lässt, ist man klar im Vorteil! Es hat mir immer geholfen, weiter an mich selbst zu glauben und das umzusetzen und durchzuziehen, was ich mir vorgenommen habe. Dazu ist es auch immer hilfreich, wenn man sich große Aufgaben einfach etwas kleiner runterbricht und dann Schritt für Schritt angeht. So wirkt der Berg machbarer und man lernt auch kleine Schritte als Erfolge zu feiern. Wenn Sie einen Tag lang an den Schalthebeln der Macht sitzen würden (Beispiel Kanzler:in), was würden Sie tun? Im Gesundheitswesen: Dafür sorgen, dass Telemedizin und digitale Innovation das Leben vieler erkrankter Menschen erleichtern können und Unternehmen unterstützen, die sich der Herausforderung des streng regulierten Pharma-Marktes stellen. Außerdem würde ich dafür sorgen, dass Erwachsene im Falle einer Legalisierung in Deutschland auch online Cannabis erwerben dürfen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass sich der Schwarzmarkt in Regionen verlagert, in denen es keine Verkaufsinfrastruktur gibt. Ganz groß gedacht: Ich würde überall voll auf Digitalisierung und Innovation setzen. Außerdem würde ich mich für Chancengleichheit stark machen: mein Bruder Niklas und ich sind die erste Akademiker-Generation in der Familie. Unser Großvater kam in den 60er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland. Die Chance auf Erfolg darf nicht von der eigenen Herkunft abhängen. Über Anna-Sophia Kouparanis Anna-Sophia zählt bereits seit 2018 als Führungskraft zu den wenigen Top-Managerinnen in der männerdominierten Industrie für pharmazeutisches Cannabis und gründete im Oktober 2019 mit der Ilios Santé GmbH als erste Frau deutschlandweit einen lizensierten Großhändler für medizinisches Cannabis. Anna-Sophia ist heutzutage unter anderem Co-Founderin der Bloomwell Group und hat es auch angesichts der Erfolge der Cannabis-Holding als erste Gründerin eines medizinischen Cannabis-Unternehmens in Europa auf die Under 30 Forbes-Liste geschafft.