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- Kann man auch ohne Einser-Abi erfolgreich werden, Alexander Graf?
Interview | Alexander Graf ist leidenschaftlicher Unternehmer und Seriengründer und gilt als einer der wichtigsten E-Commerce- und Digital-Expert:innen Deutschlands. Sein Motto lautet "Innovate or die" – was dahintersteckt, was seine Schullaufbahn für einen Einfluss auf seinen Werdegang als Unternehmer hatte und welche Skills es heutzutage als Gründer:in braucht, verrät er uns im Interview. In einem LinkedIn-Post schreibst Du darüber, dass Du nicht unglücklich über eine 6- im Französischunterricht und Dein durchschnittliches Abitur bist. Warum? Über meine 6-- (Doppelminus) war ich enorm unglücklich, weil ja eine „normale“ 6 bedeutet, dass man alles falsch gemacht hat. Das Doppelminus fühlte sich dann so an, als wäre ich der Oberidiot. Das durchschnittliche Abi war im Nachhinein super für mich, weil ich so recht früh im E-Commerce starten konnte, als das noch nicht sexy war. Ohnehin wollte kaum jemand im Handel arbeiten, außer bei den großen Handelsmarken wie Beiersdorf und Henkel. Glück im Unglück also. Inwiefern hat Dich Dein Engagement im Abiball-Komitee auf Deine Rolle als Unternehmer vorbereitet? Vom Abiball-Komitee ging es weiter in die Abiparty meiner Schule, die zur Abiparty aller Kieler Schulen geführt hat und das wiederum hat mein ganzes Unternehmertum in Gang gebracht. Mein Co-Founder bei den Abipartys hat dann nebenbei noch einen Club in Kiel gegründet. Das war mir zu heiß, so dass ich da nur als Türsteher ausgeholfen habe. Aber so hat alles im Grunde genommen angefangen. Man muss einfach machen. Was für Skills braucht es als Unternehmer:in, die man nicht in einer Unternehmensberatung lernen kann? Optimismus, Lösungen sehen – nicht so sehr Probleme. Sich und Ideen verkaufen können. Menschen überzeugen mitzumachen. Vertrauen gewinnen nur durch Storytelling. Das sind alles Dinge, die Unternehmer:innen brauchen und die man kaum lernen kann. Und andersherum: Was lernt man als Unternehmer:in, was einem als Arbeitnehmer „verborgen“ bleibt? Steuererklärungen und andere kleine und große Verwaltungsaufgaben. Als wir „damals“ angefangen haben, wurden gerade die Mini Jobs eingeführt – das hat sehr geholfen. Aber auch da hat alles seine guten Seiten – meine heutige Frau, die Barkeeperin auf einer Party von uns war, habe ich zum ersten Date eingeladen, als ich ihr ihre Lohnsteuerkarte zurückgegeben habe. Quasi ein sehr nachhaltiger Verwaltungsakt. "Ich begebe mich nur in Abhängigkeiten, die ich kontrollieren k ann - finanziell, betriebswirtschaftlich und menschlich." Dein Motto lautet “Innovate or die“ – wie schaffst Du es, Dinge immer wieder neu zu erfinden? Woraus ziehst Du Deine Inspiration? Ich begebe mich immer nur in Abhängigkeiten, die ich kontrollieren kann – finanziell, betriebswirtschaftlich oder menschlich. Es gibt bei mir nie diesen „Goodbye Deutschland – die Auswanderer“-Moment, bei dem ich all meine Ersparnisse und die meiner Eltern auf eine Karte setze. Damit bleibt Platz für Rückschläge, die es braucht, um voranzukommen. Außerdem finde ich diese 100-Stunden-Woche-Mentalität komplett unnötig. Man muss dafür sorgen, viele besonders produktive Stunden zu haben, und das geht nur mit Gelassenheit. Lieber zehn Stunden gute Gespräche und Ideen, als 100 Stunden die Woche Krypto-Kurse auf Instagram verticken. Mit gleich drei erfolgreichen Gründungen von Factor A, Etribes und Spryker hast Du die Digitalbranche in Deutschland maßg eblich geprägt. Was ist Dein Tipp an junge Gründer:innen, die ihr U nternehmen erfolgreich machen wollen? Einfach machen – lasst euch nicht beeindrucken. Jeder und alles veraltet, auch Amazon, Zalando und Instagram. Wer schneller lernt und macht als andere, gewinnt – egal wie viel Geld im Spiel ist. Das beste Beispiel dafür ist die Creator-Economy. Welche Skills werden Deiner Meinung nach in der Zukunft allgemein wichtig sein? Der Skill zu lernen, sich anzupassen an neue Begebenheiten, die Fähigkeit, Menschen zu überzeugen. "Lieber ein:e guter Chef:in in einem Betrieb mit 50 Leuten, als ein:e Schwachmat:in als direkte:n Vorgesetze:n bei Audi oder Siemens." Wie finden junge Menschen und Berufseinsteiger:innen den richtigen Company Fit? Den braucht es nicht – man sollte als Berufseinsteiger:in den richtigen Chef:innen-Fit suchen. Lieber ein:e guter Chef:in in einem Betrieb mit 50 Leuten, als ein:e Schwachmat:in als direkte:n Vorgesetze:n bei Audi oder Siemens. Worauf achtest Du selbst bei Lebensläufen von Bewerber:innen? Ich lese keine Lebensläufe. Ich gehe in die Bewerbungsgespräche ohne zu schauen, was die Leute vorher genau gemacht haben. Das erzählen sie ja ohnehin im Gespräch. Zur Person Alexander Graf, Jahrgang 1980, ist Seriengründer und E -Commerce-Unternehmer. Als CEO von Spryker, einem Softwareunternehmen für Digital Commerce, gestaltet er die Disruption von transaktionalem Business jeder Art. Wann immer es um die Digitalisierung des Handels geht, ist Alexander Graf als Host des Branchen-Podcasts „Kassenzone“ ein gefragter Experte. Neben Spryker hat er unter anderem die Amazon-Marketing-Agentur Factor A und Digitalberatung Etribes mitgegründet. Auch an der Enstehung von About You war er beteiligt. Mit seinen Geschäftspartner:innen hat er zwei Dutzend Unternehmen initiiert, gegründet und/ oder finanziert.
- Das Geschäft mit der Liebe: Dating-Plattformen, Catfishing und Co.
STRIVE+ | Das erste Kribbeln, die ersten Flirtversuche, das erste Zuzwinkern… eines Emojis. Immer mehr Frauen und Männer geben der Liebe online eine Chance. Dating-Portale boomen, im deutschsprachigen Raum gibt es davon rund 2500 mit einem Jahresumsatz von über 200 Millionen Euro. Drei von zehn Internetnutzer:innen flirten heute digital, fast jede:r kennt diese eine Freundin von einer Freundin, die online gesucht hat und jetzt glücklich verheiratet ist. Angetrieben von solchen Erfolgsgeschichten und jeder Menge Werbeversprechen sind Parship, Tinder, Lovoo und Co. die Hoffnungsträger unserer Zeit in Sachen Liebe. (Dieser Artikel ist ursprünglich im STRIVE Magazine 01/21 erschienen.) Es könnte alles so schön sein, wenn sich in diese rosarote Welt nicht so viele schwarze Schafe mischen würden. Fake-Profile, Love-Scammer, „Catfisher“. Letzteres ist die Bezeichnung für jemanden, der online eine falsche Identität annimmt, einzig und allein mit der Absicht, sein Opfer auszunutzen. Emotional, oft auch finanziell. Zum Opfer geworden ist auch Sandra. So nennen wir sie, weil sie zwar ihre Geschichte offen erzählen möchte, nicht aber ihren Namen. Zu groß ist die Scham, neben ihrer Enttäuschung. „Ich habe mich komplett missbraucht gefühlt”, sagt die 36-Jährige. Schuld daran ist Christian. So nennen nicht wir ihn, so nennt er sich auf Tinder. Sandra und Christian hatten ein Match, schreiben über Wochen miteinander, finden Gemeinsamkeiten. Sie erzählt von ihrer Südafrika-Reise, er schickt ihr ein Foto von sich auf dem Tafelberg von 2018. Die Gespräche werden mit der Zeit tiefgehender, sie öffnen sich einander. Irgendwann macht Sandra Andeutungen, sie habe Freitagabend noch nichts vor. Zwinkersmiley. Christian geht nicht darauf ein. Männer halt… oder? „Klar war das irgendwie komisch, aber dann dachte ich: Wir leben im Jahr 2020 , ich bin emanzipiert, ich frage ihn halt einfach selbst!”. Doch Christian kann nicht. Immer und immer wieder findet er Ausreden. Die Geschäftsreise, die Erkältung, der Ärger in der Squash-Mannschaft. Jedes Mal kommt etwas dazwischen. Bis Sandra irgendwann aufgibt, enttäuscht und mit dem Kopf voller Fragezeichen. Erst, als ihr eine Freundin vom Phänomen “Catfishing” erzählt, wird Sandra klar, dass sie Opfer davon geworden ist. Eine Antwort auf das Warum gibt es für Sandra nicht, auch nicht von Seiten der Wissenschaft. Diese relativ neue Methode des Betrügens ist noch wenig erforscht. Einige Psycholog:innen gehen davon aus, dass hinter den Catfishern Personen mit geringem Selbstwertgefühl stehen. Dass nur sie von ihrer erfundenen Identität wissen, verleiht ihnen das Gefühl von Macht und Kontrolle. Auf Kosten anderer. Aber nicht nur unter Privatpersonen wird – vorsichtig gesagt – „geschummelt“. Das ganze Ausmaß solcher Betrügereien macht eine ziemlich kuriose Klage aus Kanada deutlich. Eine ehemalige Mitarbeiterin hat ihren damaligen Arbeitgeber, die Online-Plattform „Ashley Madison“, auf 15 Millionen Euro verklagt. Der Grund: Die Plattform selbst hatte die Mitarbeiterin beauftragt, Tausende Frauenprofile schlichtweg zu erfinden. Sie musste so viele angebliche Liebesgesuche schreiben, dass sie sich dadurch Verletzungen am Handgelenk zugezogen habe und jetzt arbeitsunfähig sei. Man möchte im ersten Moment darüber schmunzeln – bis man darüber nachdenkt, welche Tragweite es hat. Es geht hier um Menschen, die von der großen Liebe träumen und Opfer von kriminellen Maschen werden. Die Klage zeigt: Der Betrug an Nutzer:innen geht längst nicht nur von einzelnen, skrupellosen oder frustrierten Privatpersonen aus, sondern viel erschreckender: von einigen Plattformen selbst. Der Catfish stinkt vom Kopf. Weshalb, ist schnell erklärt: Der Großteil aller Dating-Anbieter nutzt ein Geschäftsmodell, das als „Freemium“ bezeichnet wird. Dabei ist die Basis-Nutzung – also zum Beispiel das Ansehen anderer Profile – kostenlos. Zur Kasse gebeten wird dann, wer nicht mehr nur gucken, sondern auch mit anderen interagieren möchte. Erst beim Nachrichtenaustausch werden die Nutzer für die Online-Dating-Betreiber auch zum Geschäft. Die Anbieter haben also ein großes Interesse daran, möglichst viele User in die Situation zu bringen, mit anderen Profilen Kontakt aufnehmen zu wollen. Und helfen im Zweifel nach: mit falschen Profilen, die unwiderstehlich erscheinen. Mit falschen Usern, die echte User anschreiben - und sie so in die Situation bringen, interagieren zu wollen. Auch in den USA wurde 2019 deshalb geklagt. Dieses Mal hatte allerdings nicht eine einzelne Mitarbeiterin Schmerzen im Handgelenk, sondern gleich die US-Verbraucherschutzbehörde heftige Bauchschmerzen beim Vorgehen der Match Group, die weltweit wohl bekannteste Mobile-Dating-App, zu denen u.a. Tinder gehört. Die Verbraucherschutzbehörde FTC verklagte die Gruppe wegen Nutzer:innentäuschung. "Wir haben damals auf kleinem Level mit Profilen experimentiert." Die Benachrichtigungen, dass sich andere Nutzer:innen für die eigene Person interessieren, seien häufig von gefälschten Accounts gekommen. Man habe so mehr User in die kostenpflichtigen Abos oder Premium-Versionen locken wollen. Ein Vorwurf, den sich bei uns in Deutschland auch Lovoo gefallen lassen musste. Als die Mobile-Dating-Anwendung 2011 entwickelt wird, ist sie eine der ersten am Markt – und möchte schnell wachsen. Deshalb habe man damals „auf kleinem Level mit Profilen experimentiert“, gibt der Gründer und ehemalige Geschäftsführer Benjamin Bak in unserem Interview heute offen zu. 2016 führte das zu einer Razzia im Unternehmen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen. Benjamin Bak wird damals festgenommen und kommt sogar in Untersuchungshaft. „Das war mit Sicherheit der schlimmste Tag meines Lebens“, sagt der heute 33-Jährige. Nach drei Monaten wurden die Ermittlungen gegen Lovoo im September 2016 schließlich gegen die Zahlung von Geldauflagen eingestellt. Ohne, dass Straftaten festgestellt wurden. Trotz der Negativschlagzeilen schafft es Lovoo, sich zu rehabilitieren. Die Plattform habe sich seitdem extrem weiterentwickelt, betont Bak. Seinen Posten als Geschäftsführer hat er 2017 aufgegeben und sein Vertrauen in neue Teams mit neuen Strategien gesetzt. Im selben Jahr wird Lovoo für 65 Millionen US-Dollar an die amerikanische Meet Group verkauft. The Look of Love Fake-Profile wollen auf den ersten Blick gefallen – haben also oft nur ein einziges, meist sehr attraktives Foto auf ihrem Profil. Skeptisch sollte man auch sein, wenn zwar mehrere Fotos hochgeladen sind, jedes einzelne aber sehr professionell wirkt. Zu schön, um wahr zu sein. Reale Menschen lassen sich meist auch gerne im realen Leben fotografieren. Deshalb sind bei echten Profilen häufig auch Schnappschüsse dabei. Ist das nicht der Fall oder ist ihr Gegenüber nicht bereit, im Chat Fotos mit aktuellem Bezug oder Selfies von sich zu senden, ist Vorsicht geboten. Die Google-Rückwärtsbildersuche kann manchmal ein nützliches Instrument sein, um Fotos zu überprüfen. Hier sucht man anhand eines Bildes die damit verknüpften Infos – wie den dazugehörigen Namen, zum Beispiel. Heute setzt Lovoo auf etwas, was sich schwer faken lässt: Live-Videos zwischen den Usern. Auch viele andere Dating-Anbieter haben diese Möglichkeit für ihre Nutzer:innen inzwischen entdeckt. Die Bereitschaft, das Video-Angebot zu nutzen, ist nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie gestiegen, in der Videochats für viele ganz alltäglich geworden sind. Wie nötig solche Maßnahmen sind, weiß wohl jeder, der Online-Dating nutzt. 2016 habe die Zahl der FakeProfile noch bei unter einem Prozent gelegen, schätzt Benjamin Bak. “Auf‘s Ganze gesehen ist das ein ganz, ganz geringer Teil der gesamten Profile, aber es ist natürlich ein Thema”. Valide Daten, wie hoch der Anteil heute ist, gibt es keine, eben weil es meist so schwer ist, Catfisher als solche auszumachen. Sowohl für die seriösen Plattformbetreiber, die gegen Betrüger vorgehen wollen, als auch für die Nutzer:innen selbst. 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht. Nicht im Leben. Schon gar nicht in der Liebe. Und erst recht nicht im Internet. Am sichersten sind Plattformen, bei denen sich neue User mit ihrem Personalausweis registrieren müssen. Dass das ein schwieriger Spagat ist, erklärt uns Benjamin Bak, der – trotz seines Ausstiegs bei Lovoo – die Online-Dating-Branche weiterhin beobachtet: „Natürlich willst du als Plattform möglichst viel Sicherheit, auf der anderen Seite willst du als Kunde natürlich auch möglichst viel Privacy. Und diese beiden Sachen laufen im Zweifel gegeneinander.“ Solange das so ist, bleibt es für Betrüger vergleichsweise einfach, andere zu täuschen - egal, wie sehr sich die Dating-Plattformen anstrengen. Zum Schutz vor Catfishern, hat die App Tinder in diesem Sommer den blauen Haken eingeführt. Der zeigt, dass sich ein Nutzer verifiziert hat. Um sich zu verifizieren, muss man ein Selfie machen und darauf eine Pose nachahmen, die von Tinder vorgegeben wird. Als ob es auf Tinder noch nicht genug Poser gäbe! Aber Spaß beiseite. Die Methode scheint zu funktionieren, auch wenn noch längst nicht alle Profile einen blauen Haken vorweisen. Sandra hat zusätzliche Wege gefunden, um sich auf Tinder sicherer sein zu können. „Auf Profile, die nur ein Foto hochgeladen haben, reagiere ich gar nicht mehr”, sagt sie. "Statt einfach 'Ja' oder 'Nein' zu sagen, hat er mich beschimpft und beleidigt. Das war für mich dann eindeutig." - Protagonistin Sandra Die 36-Jährige ist nach ihrer Erfahrung mit ‘Christian’ vorsichtiger geworden – und trotzdem gab es nach einigen Monaten Catfisher Nummer 2. Dieses Mal nannte er sich Lukas, sah nett aus, hatte einen interessanten Lebenslauf, viele Eckpunkte, die zu Sandra hätten passen können. Weil die Kölnerin jetzt vorgewarnt ist, macht sie dieses Mal aber schon stutzig, dass Lukas niemals in der Lage ist, ihr spontane oder aktuelle Fotos von sich zu senden. Sandra schreibt Lukas, dass sie an seiner Echtheit zweifelt. Er hat total aggressiv reagiert, das war völlig unverhältnismäßig. Statt einfach ‘ja’ oder ‘nein’ zu sagen, hat er mich beschimpft und beleidigt. Das war für mich dann eindeutig.” Sandra bricht den Kontakt ab, was aber bleibt, sind die unguten Gefühle. Sandra hat sowohl Christian als auch Lukas bei Tinder gemeldet. Sie datet weiterhin online, fordert jetzt aber relativ schnell Sprachnachrichten oder Anrufe ein, um sich selbst besser zu schützen. Sandra wurde emotional ausgenutzt. Darüber hinaus gibt es die Fälle, in denen Catfisher ihr Opfer auch finanziell ausnutzen. „Wir vertreten aktuell mehrere Mandant:innen, die über Dating- und Kontaktplattformen einen ‚Flirt‘ angefangen hatten“, sagt uns Markus Rassi Warai, Anwalt für Internetrecht. „Der gesamte Kommunikationsaustausch hat allerdings mit sogenannten ‚Moderatoren’ stattgefunden. Von unseren Mandant:innen wurden hohe Summen gezahlt, zu den in Aussicht gestellten persönlichen Treffen kam es nie. Die Zahlungen erfolgten als ‚Coins‘ an den jeweiligen Plattformbetreiber, um die Kommunikation über die Flirt-App aufrechterhalten zu können. Wir gehen in den Klageverfahren deshalb nicht gegen die ‚Moderatoren‘, sondern gegen die Plattformbetreiber selbst vor.“ Moderatoren, das klingt für Laien ja eigentlich erstmal nach: Da steht die digitale Version von Kai Pflaume und sorgt dafür, dass alles in geregelten Bahnen läuft. Nur die Liebe zählt! Leider ist das Gegenteil der Fall, bestätigt uns Tatjana Halm. Halm ist Expertin bei der Verbraucherzentrale Bayern für das Gebiet des Online-Dating-Marktes. In vielen Fällen hilft ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Nutzungsbedingungen der Plattformen. Ist da vom Einsatz von ‚Animateuren‘, ‚Controllern‘ oder eben ‚Moderatoren‘ die Rede, sollte es bei jedem klick machen – und der nächste Klick die Website schließen. Rein auf innere Werte zu setzen, mag ethisch ein ganz wunderbarer und lobenswerter Ansatz sein - nur funktioniert er für viele Mitglieder bei der Partnersuche dann eben doch nicht. Die gute Nachricht: Die Big-Player der Branche haben heutzutage ausreichend echte User. Zu ihnen gehört auch Parship. Rund 37.000 Neuregistrierungen zählt die Partnervermittlung pro Woche, etwa 1,9 Millionen im Jahr. D ie Zahl, die allerdings viel häufiger mit Parship in Verbindung gebracht wird, sind die berühmten 11 Minuten. Hinter dem bekannten Werbeversprechen „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“, steckt Mathematik und etwas Wahrscheinlichkeitsrechnung – zugunsten des Unternehmens. Pressesprecherin Jana Bogatz erklärt uns: „Die Zahl haben wir über eine Befragung nach Ende der Premium-Mitgliedschaft erhoben. Hochgerechnet antworten 47.000 Mitglieder, dass sie mit Parship einen Partner gefunden haben: macht 128 Singles am Tag, somit alle elf Minuten einen verliebten Single.“ Die Gefahr, sich dabei in ein Fake-Profil zu verlieben, ist bei Online-Partnervermittlungen gering. Zwar kennt man das Problem auch hier, aber das aufwändige Registrierungsverfahren schreckt Catfisher ab. Bei Partnervermittlungen wie Parship, ElitePartner oder eDarling, die Usern passende Partner vorschlagen, ist das Problem ein anderes: Die kostenlose Mitgliedschaft bringt einem ungefähr so viel wie ein prall gefüllter Kühlschrank – aus dem man nichts essen darf. Aussichten auf Erfolg in Sachen Liebe liefern nur Premium-Mitgliedschaften. Bei keinem Portal liegt der Preis dafür unter 240 Euro für drei Monate. Weil Parship darauf setzt, Menschen mit passenden Charaktereigenschaften zusammenzuführen, sind die Profilbilder der User allerdings auch nach Abschließen einer Premium-Mitgliedschaft nur verschwommen zu sehen. Innere Schönheit und so. Das ändert sich erst, wenn ein User seine Fotos gezielt seinem Gegenüber frei gibt. Rein auf innere Werte zu setzen, mag ethisch ein ganz wunderbarer und lobenswerter Ansatz sein – nur funktioniert er für viele Mitglieder bei der Partnersuche dann eben doch nicht. Sie haben bezahlt und wollen sehen, was sie sich „in den Warenkorb“ gelegt haben. Weil das Abschließen einer Premium-Mitgliedschaft nichts anderes als ein Vertrag ist, hat man auch hier ein zweiwöchiges Widerrufsrecht. Die meisten Partnervermittlungen haben ihre neugewonnenen Kunden dann aber offenbar gleich so lieb, dass sie sie gar nicht mehr gehen lassen möchten. Oder, um es weniger romantisch auszudrücken: Der Widerruf wird einem so schwer wie möglich gemacht. Die erste von Parship eingebaute Hürde ist: Um eine Online-Mitgliedschaft bei der Online-Partnervermittlung widerrufen zu können, heißt es online: Widerruf geht nur per Brief oder Fax. Bei aller Liebe: Die meisten Privatpersonen mit funktionierendem Faxgerät in ihrem Wohnzimmer, suchen ihren Partner wohl eher noch über Teletextseite 570. Die gesetzlich geregelte Wahrheit ist – auch, wenn Parship es anders darstellt: „Jeder kann seine Willenserklärung zum Vertragsschluss auch per E-Mail widerrufen“, stellt Rechtsanwalt Rassi Warai klar. „Das muss auch so sein. Denn der Gesetzgeber bestimmt, dass der Widerruf der Willenserklärung durch eine einfache Erklärung gegenüber dem Unternehmer erfolgen können muss.“ The Message is love Auch, wie das Gegenüber schreibt, kann ein Hinweis auf die Echtheit des Profils sein „Moderatoren“ setzen in der Kommunikation auf Masse, heißt: Sie können sich mit den einzelnen Profilen, die sie anschreiben, schlichtweg nicht genauer befassen. Hagelt es also Standardfragen und Phrasen, ist man mit einer gesunden Portion Misstrauen gut beraten. Viele Plattformen zeigen ihren Usern außerdem an, wann andere User zuletzt online waren. Steht beim Online-Status des Chatpartners permanent „Aktiv vor 0 Minuten“, ist die Wahrscheinlichkeit eines Fake-Profils sehr hoch. Und: Wenn beim Nachrichtenaustausch Treffen in der realen Welt zwar immer wieder in Aussicht gestellt, dann aber doch wieder abgesagt werden, braucht niemand an sich, sondern eher an der Echtheit des Gegenübers zweifeln. Falls Mann oder Frau es dann doch erfolgreich geschafft haben sollte zu widerrufen, taucht das nächste Problem auf – das, des sogenannten Wertersatzes. Einen Wertersatz berechnet die Partnervermittlung Abtrünnigen, wenn ihnen von Parship während der Mitgliedschaft – und sei sie noch so kurz – schon potenzielle Partner vorgeschlagen wurden. In einem konkreten Beispiel hatte eine Frau eine Premium-Mitgliedschaft bei Parship abgeschlossen. Die Kosten: 524 Euro für ein Jahr. Nach vier Tagen wollte die Dame allerdings nicht mehr und widerrief ihren Vertrag. Parship verlangte von ihr einen Wertersatz von 393 Euro. Zu Unrecht, urteilte im Oktober schließlich die höchste gerichtliche Instanz, der Europäische Gerichtshof. Den EuGH hatte das Hamburger Amtsgericht angefragt, weil alleine dort rund 900 ähnliche Klagen gegen Parship vorlagen. Auch, wenn das EuGH-Urteil dem Vorgehen von Parship ein Ende gesetzt hat, zeigt der Fall nochmal sehr deutlich: Wer online nach der Liebe sucht, sollte sich gut über den Anbieter informieren und vorsichtig sein. Denn selbst den seriösesten Dating-Plattformen und Partnervermittlungen geht es am Ende weniger um die Liebe als mehr um das liebe Geld.
- Wieviel bin ich bereit in mich zu investieren?
Anzeige | 2022 war ein hartes Jahr für uns alle. Ich ging zwar glücklich, aber wirklich unendlich müde und geschafft aufs Jahresende zu. Zumindest ging ich davon bis Ende November aus. Bis mich der Anruf eines Mental Health Engels namens Nils Behrens, CMO des Lanserhof, erreichte. Er erzählte mir, dass es im Dezember die einmalige Möglichkeit gäbe, den neuen Lanserhof auf Sylt zu testen. Einen der bekanntesten Wellness-Tempel testen? Wie cool ist das denn?! In den letzten Zügen der Fertigstellung öffnete der Lanserhof bereits seine Türen für Stammgäste und einige ausgesuchte Gäste – zu einer Testphase. Das so gewonnene Feedback ging weit über fertige oder noch nicht fertige Bereiche hinaus. Die Gäste gaben Rückmeldung zu allen Einrichtungen, Räumlichkeiten, Services und zu den medizinischen wie auch kulinarischen Angeboten. Es erinnert mich stark an A/B-Testings, die ich sonst nur aus dem Software-Bereich kenne. Ich war sofort begeistert, denn ich liebe es Produkte und Dienstleistungen beeinflussen zu können! Da ich schon viel Positives vom Lanserhof am Tegernsee gehört hatte, war ich gespannt auf den neuen Sylter Standort. Was ich allerdings auch schon gelesen hatte: Eine Woche im Lanserhof beginnt bei knapp 9.000 €. Ganz schön viel Geld für die eigene Gesundheit. Oder nicht? Diese Frage hat mich während dieser Woche enorm beschäftigt, denn ich hätte vorher niemals gedacht, dass ich so viel Geld für eine Woche ohne reichlich Essen, Drinks und Sonne ausgeben würde. Aber für was, wenn nicht für meine Gesundheit, sollte ich soviel Geld ausgeben? Ich nehme Euch auf meiner Erkenntnis- und Erlebnisreise durch den Lanserhof mit: Das Haus Zwischen den Dünen und direkt am Wattenmeer gelegen, ist der Lanserhof einer der wenigen Orte auf der Insel, von dem aus man das Meer und das Watt sehen kann. Auf einer Fläche von 20.000 m² bietet er, nach vollständiger Inbetriebnahme, insgesamt 55 Zimmer mit einem Wellness- und Behandlungsbereich auf 5.000 m². Die Maximalbelegung soll einmal bei 70 Personen liegen, wenn auch das Diagnostikhaus am Strand fertig gebaut ist. Bei meinem Aufenthalt waren ca. 30 Personen anwesend und ich hatte das Gefühl, den Lanserhof für mich allein zu haben. Wenn man nicht will, muss man niemandem, außer dem Personal begegnen. Ein echter Luxus für Menschen wie mich, die ihre Kraft aus dem Alleinsein ziehen. Einziger Kritikpunkt waren die im Sommer zu warmen und im Winter zu kalten Zimmer, in denen, dank des Kund:innen-Feedbacks, über den Jahreswechsel Klimaanlagen nachgerüstet wurden. Das Programm Als Gast bucht man zunächst das Basispaket „Lanserhof Kur Classic Plus“ und wählt anschließend die gewünschte Zimmerkategorie aus. Der Mindestaufenthalt beträgt 7 Nächte und man kann den Aufenthalt auf bis zu 21 Nächte verlängern. Kostenpunkt für das Basispaket mit einer Woche Aufenthalt im günstigsten Zimmer: 8.878 €. Das Basispaket mit sieben Nächten beinhaltet bereits 17 verschiedene Untersuchungen, Anwendungen und Behandlungen, sodass ich jeden Tag ein abwechslungsreiches Programm hatte und im wahrsten Sinne des Wortes von Kopf bis Fuß gecheckt wurde. Bei längeren Aufenthalten sind entsprechend mehr Leistungen im Paket enthalten. Und wem das noch nicht ausreicht, der kann sich natürlich noch weitere Leistungen dazubuchen, je nach Geschmack oder gesundheitlichem Bedarf. Mein Tipp: Die Kältekammern! 🥶 Für mich eine ganz neue und unheimlich interessante Erfahrung, wenngleich ich mich anfangs erstmal überwinden musste, einen Fuß in die drei Kammern zu setzen. Immerhin hat es darin -30°C, dann -60°C und zum Schluss -110°C! Die Kleidung Ich hasse nichts mehr als Hotels, in denen man sich schick anziehen „muss“, um zu beweisen, dass man dazugehört. Deswegen war ich sehr begeistert, als ich hörte, dass man sich im Lanserhof eigentlich nur zum Essen in „normaler“ Kleidung blicken lässt. Ansonsten gilt die Kur-Uniform: Bademantel und Schlappen. Wie befreiend! Das Essen Beim Essen kann man selbst entscheiden, wie schwer man sich das Leben macht. Ich konnte aus drei Kurstufen wählen: Die echte Fasten-Kur (nur Tee und Brühe), die halbe Fastenkur (kleine, auf die eigenen Behandlungsziele abgestimmte Portionen, was sich teils schlimmer anfühlt als zu fasten, weil man beim Essen Hunger bekommt – als kleine Warmduscherin hatte ich mich für die knapp 600 kcal am Tag entschieden) und die normale Variante, bei der man Essen mit ca. 1.700 kcal von Küchenchef Dietmar Priewe serviert bekommt. Die größte Umstellung für mich: Beim Essen im Lanserhof geht es ums Kauen. 30- bis 40-mal pro Bissen. Puh. Ich bin sonst eher der Typ „ich verschlinge mein Essen vor dem Laptop oder Fernseher“. Aber nach vier Tagen hatte sich mein Kiefer an die neue Art zu essen gewöhnt und das Verschlingen fand ein Ende. Und siehe da, wenn man wenig Essen 30-mal kaut, ist auch diese Portion eine Menge. Für mich definitiv eine Art Diät-Hack, den ich mit in meinen Alltag übernehmen werde. Die Medizin Die Ärzt:innen des Lanserhof kann man mit einem Wort beschreiben: WOW! Als Ärztinnen-Tochter bin ich ein wenig vorbelastet, um es vorsichtig zu sagen und mag ehrlich gesagt viele Ärzt:innen nicht. Sie erklären nicht gut und ich habe selten das Gefühl, dass sie mich wirklich ganzheitlich betrachten. Hier ist es erstaunlich, dass nicht ein Arzt, nicht eine Ärztin vom Lanserhof dieses Gefühl bei mir ausgelöst hat. Abgesehen davon, dass man sich fast wie in „Pleasantville“ vorkommt, weil alle so freundlich sind, dass man selbst gute Laune bekommt (und das ist beim Fasten nahezu ein Wunder!), hatte ich endlich das Gefühl, ganzheitlich betrachtet zu werden. Ein Beispiel: Ich bin ja, wie der ein oder die andere von Euch auf Fotos entnehmen kann, eher vollschlank als schlank. Ich mag meine Figur, nur wurde mir von Ärzt:innen bisher selten gespiegelt, dass meine Figur ok ist. „Übergewichtig“ und „adipös“ sind noch die nettesten Worte, die dann meist gefallen sind. What? Ich gehe zwei Mal die Woche joggen und finde so gar nicht, dass diese Begriffe zu mir passen. Sportmediziner Dr. Stritzke zum Glück auch nicht. Mein vaskuläres Fett (das Fett, das nicht an Beinen, Bauch und Po sitzt, sondern um die Organe liegt) ist genauso entscheidend für die Einstufung einer Person und hier bin ich im absoluten Normalbereich. Sogar etwas über der Norm (sorry den konnte ich mir nicht verkneifen 😊). Ich habe nun also schwarz auf weiß, dass ich gern ein paar Kilo abnehmen kann, aber nicht muss. Ich muss allerdings mehr Bewegung im Alter einplanen, da es für mich schwerer werden wird, diesen Zustand zu halten als für schlanke Menschen. Mein Fazit Ich bin ehrlich: Knapp 9.000 € sind ein Haufen Geld und mein Kopf wäre vor dem Besuch nicht auf die Idee gekommen, präventiv so viel Geld für die Gesundheit auszugeben. Doch mein Körper hat die Erfahrung jetzt einmal gemacht und signalisiert mir ganz klar: Das war es wert! Ich sollte es mir selbst wert sein mich so gesund, leicht und rundum erholt zu fühlen. Fast egal was es kostet. Warum geben wir tausende von Euros für ein Auto, ein Möbelstück oder manchmal sogar für eine Handtasche aus und sind so knickerig, wenn es um uns und unsere Gesundheit geht? Ich bin mittlerweile auch fest davon überzeugt, dass ich die Krankheitswelle Ende 2022 nur dank meines vorherigen Detoxing so problemlos überstanden habe. Ich kann den Lanserhof also auch ohne akute Beschwerden als spitzen Präventiv-Maßnahme nur empfehlen! Alle, die jetzt auch Lust bekommen haben, im Lanserhof in ihre Gesundheit zu investieren, gelangen hier zur Buchungsseite .
- Vom Leben gelernt: Starkoch Tim Raue im Interview
STRIVE+ | Sterne- und Fernsehkoch Tim Raue (49) über die Art und Weise, wie er als Unternehmer Entscheidungen trifft, worin er sein Geld investiert, was ein:e CEO können muss und was er noch erledigen würde, wenn morgen die Welt unterginge.
- Warum Du ab jetzt die meisten Meetings streichen kannst
Gastartikel | Sinnlose Meetings rauben uns kostbare Zeit und Energie – aber warum nehmen wir sie eigentlich hin? Laut einer Studie kosten uns Ablenkungen und überflüssige Meetings sogar rund fünf Arbeitstage im Monat. Schluss damit! In dem Gastartikel von Karin Lausch erfährst D u, wie Du künftig Meetings streichen und Deine Zeit sinnvoller nutzen kannst. Wenig raubt uns so konsequent unsere Zeit, wie sinnlose Meetings. Genau genommen kosten Ablenkungen und überflüssige Meetings uns laut einer Studie des Think Tanks „Next Work Innovation“ rund fünf Arbeitstage im Monat. Und doch sind wir ihnen treu. Haben wir so große Angst etwas zu verpassen oder ist es einfach en vogue aus Prinzip dabei zu sein? Stell Dir vor, Du würdest eine E-Mail von einer Bekannten bekommen. Im Betreff steht, dass ihr Euch am nächsten Tag um 15 Uhr bei ihr trefft, sonst nichts. Du würdest sie doch sofort anrufen, um den Grund zu hinterfragen oder sie warnen, dass ihr E-Mail-Account gehackt worden ist, oder? Je sinnloser das Meeting, desto weniger konstruktiv arbeiten wir mit. Die meisten Besprechungsanfragen für Meetings, sehen genauso aus. Sie enthalten keine Informationen über Inhalte oder Sinn. Aber, ganz anders als im privaten, hinterfragen wir sie nicht und lehnen sie auch nicht ab. Wir sagen zu und „gehen hin“. Die Folge: Je sinnloser das Meeting, desto weniger konstruktiv arbeiten wir mit. Wir ärgern uns schon während des Meetings und beschweren uns danach darüber. Wir haben zu viel zu tun und zu wenig Zeit. Schluss mit der „fear of missing out“ und den gedankenlosen Zusagen. Eine Besprechungsanfrage heißt Anfrage, weil wir sie auch mit einem „Nein“ beantwortet können. Es gilt: Wenn es keinen Grund gibt zuzusagen, ist das ein Grund abzusagen. Aber woher wissen wir, wann die Party mit, oder lieber ohne uns stattfinden soll? Die goldene Regel ist: Erst denken, dann meeten. Sieben wir mal aus: Ob ein Meeting sinnvoll ist oder nicht, entscheidet sich bereits, bevor es begonnen hat. Zukünftig solltest Du deshalb kryptische Besprechungsanfragen hinterfragen oder ablehnen. Die Anfrage muss Informationen zum Sinn und Ziel des Meetings enthalten. Außerdem sollte deutlich werden, was Deine Rolle ist und warum Du dabei sein solltest. Leider beinhalten die wenigsten Anfragen diese Informationen, weil es sie noch nicht gibt. Wir nehmen uns vor dem Meeting keine Zeit, um darüber nachzudenken. Stattdessen berufen wir ein Meeting ein, damit alle zusammen darüber nachdenken müssen. Die goldene Regel ist aber: Erst denken, dann meeten. Meist braucht es danach nämlich kein Meeting mehr. Führt doch am besten in Euren Teams daher gleich mal Regeln für vollständige Meetinganfragen ein. Es gibt lediglich drei wirkliche Gründe, um ein Meeting einzuberufen. Es müssen gemeinsam Entscheidungen getroffen werden. Es geht um Co-Creation und echte Ergebnisproduktion. Es geht um die (Weiter-)Entwicklung eines Teams. Alle anderen Use Cases lassen sich entweder, mit einer E-Mail oder asynchron, mit digitalen Tools abdecken und ermöglichen es allen Beteiligten die Arbeit unabhängig voneinander zu erledigen. Jetzt kennst Du die wichtigsten Voraussetzungen. Wahrscheinlich bleiben nur noch ca. 50% der üblichen Meetings übrig. Ob diese sinnvoll sind, erkennen wir erst, wenn wir mittendrin stecken. Gibt es eine:n Owner:in? Hat das Meeting eine Agenda? Wird es aktiv moderiert, um den Fokus zu halten? Kannst du einen Mehrwert stiften oder einen mitnehmen? Passen Arbeitsweise und Timing zum Thema? Was tun, wenn das Meeting sich erst jetzt als Zeitverschwendung entpuppt? Es ist immer noch deine Zeit. Deshalb gibt es nichts Schlimmeres, als das auszusitzen. Mach lieber den Mund auf und weise konstruktiv darauf hin, was gerade fehlt, oder was jetzt wichtig ist. Es ist nie zu spät, um noch ein gutes Meeting zu haben. Über die Autorin: Karin Lausch (38) ist Expertin für New Work und New Leadership, Executive Coach, Organisationsberaterin, Autorin und Speakerin. Sie arbeitet zudem bei der Techniker Krankenkasse und begleitet dort Führungskräfte zu allen Fragen der Führung und größere Veränderungsprozesse.
- Jobs der Zukunft: Wie werden wir arbeiten?
STRIVE+ | Zwischen Fachkräftemangel und Digitalisierung droht ein Vakuum zu entstehen. Weder wird es in Deutschland später genügend Arbeitnehmer:innen geben, noch werden sie gut genug qualifiziert sein. Das klingt bedrohlich, birgt aber auch Möglichkeiten. Denn noch nie standen die Chancen besser als heute, sich im Job zu entwickeln und zu verwirklichen. Wie werden wir in Zukunft arbeiten – und was müssen wir dafür können?
- "Ich habe ein extrem starkes Durchhaltevermögen benötigt"
Meine Gründungsstory | Jessica Krauter ist eine Ausnahme unter Vielen. Sie hat es geschafft ein Multi-Millionen Startup zu gründen: die gesunde Nascherei buah macht mittlerweile 11 Mio. Umsatz und Jessica hat es geschafft nach einem gescheiterten Retail-Ausflug knapp die Insolvenz zu vermeiden und den Vertrieb via D2C selbst in die Hand zu nehmen. Wie es dem Unternehmen heute geht und was sie aus den Tälern beim Gründen gelernt hat, erzählt sie bei uns im Interview. Was hat Dich zum Gründen bewogen? 2014 war ich in Thailand im Urlaub. Dort verliebte ich mich in die reifen Mangos. Ich wollte diesen Genuss in Deutschland mit meinen Freunden zu jeder Zeit teilen. Durch Galileo kam mein Bruder auf die Gefriertrocknung, die es ermöglicht, reife Früchte nach Deutschland zu importieren. Der Unterschied zu frischen Früchten im Supermarkt ist, dass diese reif geerntet und direkt eingefroren werden und lediglich das Wasser entzogen wird. Dadurch schmecken die Früchte wie frisch vom Baum gepflückt und die Vitamine bleiben erhalten. Die Früchte sind süß und aromatisch, wie sie es auch sein sollten. Mit VC-Geld oder ohne? Warum? Wir haben 2018 Geld von VCs aufgenommen. Dieses hatten wir Ende 2019 durch den Eintritt in den Einzelhandel (Kaufland, Edeka etc.) “verbrannt”. Anfang 2020 haben wir dann einen Strategiewechsel vollzogen und sind nur noch auf Online D2C gegangen. Dadurch sind wir direkt profitabel geworden und finanzieren somit unser Wachstum. Was würdest Du heute total anders machen? Direkt auf Online zu setzen und nicht offline zu verkaufen, weil hier die Komplexität sowie die benötigten Ressourcen viel höher sind. Die Liquidität ist zudem schlecht steuerbar. Online können wir über A-B-Testing viel schneller Learnings über unsere Zielgruppen aufbauen und neue, innovative Produkte testen, die wir dann auf www.buah.de live schalten können. Wir als Gründer waren zu jeder Zeit sehr transparent und ehrlich zu uns selbst und unseren Mitarbeiter:innen. Ihr standet kurz vor der Insolvenz. Wie kam es dazu? Der Fokus seit der Gründung lag auf dem Einzelhandel. Die Ware musste von uns entsprechend vorfinanziert werden, da die Bezahlung durch Händler meist erst 60 Tage im Nachhinein erfolgte. Zudem mussten wir als Firma eine Provision zwischen 20 - 30 Prozent an die Händler abgeben. Da unser Produkt keine hohe Marge hat und wir entsprechend hohe Einkaufskosten haben, hat dies uns das Genick gebrochen – und das Geld war schneller weg als gedacht. Wie seid ihr als Team damit umgegangen? Wir haben als Team zusammengehalten. Wir als Gründer waren zu jeder Zeit sehr transparent und ehrlich zu uns selbst und unseren Mitarbeiter:innen. Was war für Dich persönlich die größte Herausforderung? Wir mussten leider nach und nach dem gesamten Team kündigen. Das war emotional die schlimmste Zeit in meinem bisherigen Leben. Das verbleibende Team weiterhin zu motivieren, um das sinkende Schiff noch retten zu können, war eine große Herausforderung. Was war Dein größtes Learning? Nie die privaten Finanzen anzugreifen, um Gehalt von Mitarbeitern auszuzahlen. Wenn auch die privaten Finanzen bei 0 sind, dann hat das emotional einen zu großen Impact auf das Leben als Gründerin. Zu verstehen, dass es ein Business Model Fehler war und dass es eines Strategiewechsels bedarf, um erfolgreich zu werden, war das größte Learning. Erst den Markt definieren, die richtige Zielgruppe finden und den richtigen Vertriebskanal, damit das Business Modell funktioniert, waren die Game Changer. Was war das Schwierigste in der Umstellung von Retail auf D2C? Die Produktion dann ad hoc hochzufahren, weil wir so schnell skaliert sind. Dadurch liefen wir auch out of Stock – und das hat sich dann natürlich negativ auf unsere Brand ausgewirkt und das Kaufverhalten unserer Zielgruppe beeinflusst. Ich habe mich nicht persönlich als Versagerin angesehen, sondern den Fehler im System gesucht, diesen reflektiert und viel daraus gelernt. Warum seid ihr nicht gleich mit einem D2C Ansatz gestartet? Wir hatten damals Berater, die uns vorgeschlagen haben, in den Handel zu gehen, und dass uns diese Präsenz zum Erfolg führen wird. Inzwischen verifizieren wir alle strategischen Beratungen genau. Nur weil es das Erfolgskonzept einer bestimmten Firma ist, im Handel vertreten zu sein, heißt es nicht, dass es bei buah genauso funktioniert. Deswegen will ich Euch ermutigen, Euren eigenen Weg zu gehen und Eurer Intuition zu vertrauen. Vielleicht habt Ihr ein Produkt, das sich speziell im Retail erfolgreich verkauft. Warum schaffen es aus Deiner Sicht so wenig Frauen Multi-Millionen-Startups zu gründen? Ich habe ein extrem starkes Durchhaltevermögen benötigt. Wir hätten Ende 2019 auch aufgeben können, aber ich habe weiterhin fest an uns und die Idee geglaubt – wie auch unser Erstinvestor. Ich habe mich nicht persönlich als Versagerin angesehen, sondern den Fehler im System gesucht, diesen reflektiert und viel daraus gelernt. Wir sind aus unseren Fehlern gewachsen und werden alles dafür tun, damit diese nicht nochmal passieren. In Deutschland herrscht im Vergleich zu Amerika noch keine Fehlerkultur. In Amerika investieren Investoren oft in Gründer, die schon einmal gegründet haben und insolvent waren, weil es gerade diesen dann meist nicht nochmals passieren kann. Welche drei Tipps würdest Du heute geben, die dabei helfen erfolgreich zu Gründen? Finde Dein richtiges und ein ambitioniertes Team. Das Team sollte divers sein, damit alle Kompetenzen abgedeckt sind. Dein Buch-/Filmtipp für Gründer:innen? Der Weg zum erfolgreichen Unternehmer, Scaling-up und The Five Dysfunctions of a Team.
- Damenwahl
STRIVE+ Will eine Frau Karriere, Liebe und Familie miteinander vereinbaren, braucht sie zu Hause einen Mann an ihrer Seite, der sie unterstützt. Oder? Wir haben vier erfolgreiche Frauen (und einen Mann) befragt. Der 20. Januar 2021 war ein wunderbarer Tag für Frauen. Donald Trump stieg zum letzten Mal in die Air Force One. Die 22-jährige Dichterin Amanda Gorman rappte sich zum Weltstar. Und mit Kamala Harris wurde die erste weibliche Vizepräsidentin der USA vereidigt. Das Beste an diesem Inauguration Day kam jedoch als Plus eins und stand in der zweiten Reihe. Doug Emhoff, erfolgreicher Jurist, hatte seinen Job schon vor Wochen an den Nagel gehängt, um seine Frau im Wahlkampf zu unterstützen. Sein Twitter-Profil beginnt mit der Beschreibung „Devoted dad. Proud husband to @KamalaHarris …“. Endlich trug Emhoff jetzt auch offiziell den schönsten Titel des Landes: Second Gentleman. Diese aktuellen Geschehnisse passen zu einer Quote-Card, die seit einigen Monaten immer mal wieder viral geht: „Ambitious women really only have two options: a super supportive partner or no partner at all.“ Doug Emhoff, so viel ist klar, ist einer von den super Unterstützenden. Frauen haben also die Wahl: Ein Partner, der sie und ihre Karriere bedingungslos unterstützt – oder überhaupt kein Partner? Zugegeben, der Satz tut weh. Hört man sich unter Top-Karrierefrauen um, egal ob in der Politik oder in der Wirtschaft, sagen allerdings die wenigsten, dass er nicht stimmt. Hinter vorgehaltener Hand verraten sie sogar, wie schwer es für sie sei, überhaupt einen Partner zu finden, vom richtigen mal ganz abgesehen. Sie erzählen, dass sich ihre Dates in ihren großen Eigentumswohnungen mit Blick über die Stadt zwar wohlfühlen, aber nie „dazuziehen“ würden. Oder dass sie spätestens bei der nächsten Beförderung, die einen Umzug in eine andere Stadt verlangt, wieder alleine sind. Vorweggenommen sei: Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf heteronormative Konstellationen, also auf Beziehungen zwischen Frau und Mann. Natürlich muss jedes Paar individuell betrachtet werden, aber tatsächlich scheint hier die Debatte um Machtverteilung und Vereinbarkeit besonders festgefahren zu sein. Eine Studie des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ergab, dass Männer immer dann am zufriedensten sind, wenn sie mit einer Frau zusammenleben, die weniger verdient als sie. Dass ihre Frau abends nach Hause kommt und viel zu erzählen hat, finden die meisten Männer noch ganz spannend. Wenn sie dann aber schneller erfolgreich ist und auch mehr Gehalt bekommt als sie, wird das Eis dünner. Studien belegen das immer wieder repräsentativ. So ergab eine Umfrage des Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), dass Männer immer dann am zufriedensten sind, wenn sie mit einer Frau zusammenleben, die weniger verdient als sie. Männer orientieren sich bei der Wahl ihrer Partnerin deshalb „nach unten“, man nennt das Downdating. Tatsächlich ist laut Statistischem Bundesamt in rund 75% der deutschen Haushalte der Mann der Hauptverdiener. Frauen machen es umgekehrt. Sie suchen Partner mit höherem Status oder wenigstens auf Augenhöhe. Deshalb haben die wenigsten Akademikerinnen zu Hause einen Hausmann sitzen. Viel öfter ist das Modell „Dual Career“, das meint, dass beide ambitioniert und in Vollzeit im Job stehen. Das wird spätestens dann brisant, wenn Kinder ins Spiel kommen. Weil dann entschieden werden muss, wer sich kümmert: Mama, Papa, oder doch die Nanny? Häufig zeigt sich erst jetzt, ob die Karrieren innerhalb der Paarbeziehung wirklich gleichwertig gesehen werden oder ob eine der beiden als wichtiger gilt. Frühzeitig abklopfen, wie der Partner in Sachen Gleichberechtigung und Care-Arbeit tickt, ist deshalb besonders wichtig. Wird er sich zu Hause einbringen? Ist er bereit, dafür weniger zu arbeiten? Hört seine Fortschrittlichkeit bei der Kindererziehung auf, weil er sich insgeheim eine Vollzeit-Mutter wünscht, wie er selbst eine hatte? Wenn eine Frau alles will – eine erfüllende und sinnstiftende Karriere, eine Beziehung, Kinder – dann braucht sie jemanden an ihrer Seite, der das erkennt und der bereit ist, das wirklich mitzutragen. So, wie Doug Emhoff es tut. Der erste Second Gentleman der USA fasste seine neue Rolle neben Kamala Harris einmal so zusammen: „Ich bin gar nicht besonders politisch. Ich bin in allererster Linie ihr Ehemann.“ Vier Frauen, vier Modelle: Wir haben bei erfolgreichen Karrierefrauen nachgefragt, wie sie Job, Liebe und Familie im Alltag vereinbaren. 1. Dual Career, Dual Care: 50-50 in allen Lebenslagen Vier Frauen, vier Modelle: Wir haben bei erfolgreichen Karrierefrauen nachgefragt, wie sie Job, Liebe und Familie im Alltag vereinbaren. Timm, Produktmanager bei Payback, ist der Mann an der Seite einer sehr präsenten Frau. Eines stellt der 44-Jährige sofort klar: „Das ist auch gut so, ich will es nicht anders. Ich bin extrem stolz auf meine Frau und freue mich über jeden ihrer Erfolge fast noch mehr als sie selbst.“ Die beiden sind seit zehn Jahren ein Paar. Sie patchworken, beide haben jeweils zwei Kinder mit in die Familie gebracht. Für beide stand von Anfang an fest, dass die Arbeit rund um Familie und Haushalt geteilt wird, und zwar fair. Timm ergriff die Initiative: „Bevor wir zusammengezogen sind, habe ich Magdalena einen Zettel geschrieben. Auf dem stand, was ich im Haushalt richtig gut kann – und was nicht.“ Die Küche ist deshalb sein Revier. Magdalena macht die Wäsche. Beim Rest hilft ab und zu eine Reinigungskraft. Die Kinder wuppen die beiden zusammen. Babysitter oder eine Nanny haben sie nicht, allerdings sind Magdalenas Kinder regelmäßig bei ihrem Vater und Timms bei ihrer Mutter. Dann haben die beiden mehr Luft und Zeit für sich. Und eines, das betonen sie, sei wichtig: „Wir haben Mut zum Chaos. Perfekt läuft es bei uns selten.“ So selbstverständlich das für Magdalena und Timm auch ist, sie wissen, dass sie eine Ausnahme sind. Vor allem Timm muss häufig erzählen, wie es sich denn so lebe „an der Seite einer Karrierefrau“. Und Magdalena wird in fast jedem Interview gefragt, wie sie vier Kinder und ihren anspruchsvollen Job unter einen Hut bekommt. „Bei Timm fragt sich das keiner“, sagt Magdalena, und man spürt, dass sie davon genervt ist. Sie findet das Thema aber zu wichtig, um nicht mehr darüber sprechen zu wollen. Dass Magdalena mehr verdient als er, darüber redet Timm offen. „Das ist doch toll, davon profitiere ich doch auch.“ Er versteht nicht, warum so viele Männer da mit ein Problem haben. „Sie sollten über sich hinauswachsen und ihre Eitelkeiten ablegen. Das ist doch kein Wettbewerb, man konkurriert ja nicht. Es geht darum, gemeinsam zu wachsen.“ Frauen, die Beruf und Familie miteinander verbinden möchten, rät Magdalena: „Der richtige Partner ist wichtig. Ohne Timm an meiner Seite hätte ich den Quereinstieg damals nicht gewagt, er hat mich voll unterstützt und motiviert.“ Entscheidend sei, deutlich und frühzeitig zu kommunizieren. „Als Erstes muss man sich bewusst machen, was man will. Und das dann besprechen – am besten, bevor man in die Familienplanung geht. Wie sieht es finanziell aus, welche Zukunft stellt der andere sich vor? Dazu gehört auch eine große Portion Reflexion. Man muss erkennen, welches Bild man selbst von einer Familie hat und welches der Mann.“ 2. SIE macht Karriere als Top-Managerin, ER übernimmt den Alltag mit Kind Ines von Jagemann, 46, ist eine der erfolgreichsten und prominentesten Businessfrauen Deutschlands. Bis letztes Jahr war sie Geschäftsführerin Digital bei Tchibo. Im Spätsommer wird sie einen neuen CEO-Posten antreten; bis dahin arbeitet sie als strategische Beraterin. Ihr Mann Markus Kresse, 50, ist Berufschullehrer in Teilzeit. „Unsere Aufteilung zu Hause ist klar: Ich arbeite in Vollzeit und pendele dafür in eine andere Stadt. Mein Mann kümmert sich unter der Woche um unseren achtjährigen Sohn. Als wir Eltern wurden, wussten wir schnell, dass das für uns die richtige Lösung ist und dass er auch die Elternzeit machen würde. Wir haben dieses Modell nicht strategisch entwickelt, sondern ergänzen uns eher intuitiv. Mein Mann und ich kennen uns gut, wir begreifen, wer der andere wirklich ist. Ich möchte Impact kreieren und deshalb für ein möglichst großes Unternehmen arbeiten. Ich sehe oft bei anderen Frauen, dass sie nicht gleichberechtigt sind in dem, wie sie Wünsche äußern und wie sie Absprachen treffen. Das ist nicht trivial, denn da stehen Lebenswege zur Diskussion. Umso wichtiger ist es, dem anderen zu sagen, was man will. Und zu überprüfen, ob man an dieser Stelle mit dem Partner harmoniert. Natürlich haben wir Glück, dass sich unsere Karrieren gut miteinander vereinbaren lassen, dass er sich zurücknehmen kann. Er hatte aber auch nie diese alteingesessene Vorstellung, dass der Mann und sein Beruf per se wichtiger sind als die Arbeit der Frau. Er weiß, was er will, und geht mit seiner Rolle entspannt um, sein Ego hält das aus. Ich bekomme allerdings viel öfter zu spüren, dass unsere Rollenverteilung ungewöhnlich ist, und werde häufig mit Klischees konfrontiert. Dass ich als Mutter so viel arbeite und das auch noch in einer anderen Stadt, irritiert. Vor allem im Top-Management sehe ich in der Regel Männer, die zu Hause nicht präsent sind – im Gegenteil, da wird manchmal noch stolz erzählt, dass man nicht einmal bei der Geburt der eigenen Kinder anwesend war. Dieses Mindset prägt in Deutschland noch immer das Wirtschaftsleben, da ändert sich nur langsam etwas. Mir ist bewusst, dass ich meine Karriere zu großen Teilen meinem Mann verdanke. Ich weiß nicht, ob ich meinen Sohn ohne schlechtes Gewissen dauerhaft in Fremdbetreuung hätte geben können. Dass sich Markus zu Hause kümmert, hat es mir leicht gemacht. Wahrscheinlich hätten wir sonst ein anderes Modell gewählt, bei dem ich präsenter gewesen wäre.“ 3. Parität auf lange Sicht – 50/50, aber nicht in jeder Lebensphase Katja-Ohly Nauber, 46, ist Leiterin Marketing-Kommunikation Mercedes-Benz Cars Deutschland, vor zehn Jahren hat sie außerdem die Outdoor-Fitness-Community „Laufmamalauf“ gegründet. Ihr Mann hat lange als Unternehmensberater gearbeitet und ist heute Projektleiter bei der Deutschen Bahn. Die beiden haben zwei Söhne, inzwischen 21 und 23 Jahre alt. „Dass eine Frau, die Karriere machen möchte, den richtigen Partner oder die richtige Partnerin an ihrer Seite braucht, dazu habe ich eine ganz leidenschaftliche Meinung. Natürlich muss sie das – auf jeden Fall, wenn Kinder geplant sind. Ich erlebe oft, dass junge Frauen die Herausforderung, Mutterschaft und Karriere erfolgreich unter einen Hut zu bekommen, unterschätzen. Augen auf bei der Partnerwahl! Es ist wichtig, sich frühzeitig hinzusetzen und zu klären, was beide wollen, was jeder bereit ist zu geben und wie jeder seine Ziele erreichen kann. Ich bin überzeugt, nur dann ist für beide eine erfüllte Karriere und Elternschaft möglich. Als unser zweiter Sohn in die Kita gekommen ist, habe ich bei Daimler angefangen. Mein Mann war in den ersten Jahren als Unternehmensberater viel unterwegs. Trotzdem haben wir beide Vollzeit gearbeitet. Wie wir das geschafft haben? Mit ganz viel Begeisterung für den Job, Organisation, Absprache – und mit dem vollen Programm an Unterstützung. Aupair, Tagesmutter, Babysitter, Schwiegermutter, später Kita und Hort. Und jeden Sonntag saßen wir zusammen und haben die Terminkalender der kommenden Woche abgestimmt. Das hat nicht immer Spaß gemacht und auch mal zu Diskussionen geführt, man darf sich aber auch vor diesen schwierigen Gesprächen nicht drücken. Frauen, und besonders Mütter, müssen den Wert ihrer Arbeit kennen und für sich einstehen. Für mich ist klar: 50/50 muss sein. Aber nicht jeden Tag und nicht in jeder Lebensphase gleich verteilt. In seiner aktiven Unternehmensberaterzeit habe ich sicherlich mehr Care-Arbeit übernommen als mein Mann. Als ich aber dann vor zehn Jahren zusätzlich zu meinem Job ein Unternehmen gegründet habe, ist mein Mann zu Hause viel aktiver gewesen als ich, hat sich um die Jungs gekümmert, sich in der Schule eingebracht. Damals lagen wir bestimmt eher bei 70/30, und mein Mann hat das gerne gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Wichtig ist, dass sich rückblickend beide mit dem gemeinsamen Leben wohlfühlen und keiner zu kurz kommt. 4. Ohne Mann geht es auch. Meistens sogar besser „Als Etta sechs Monate alt war, habe ich mich von ihrem Vater getrennt. Einiges funktionierte nicht ideal, und als er sich dann auch noch weigerte, die Spülmaschine auszuräumen, musste er gehen. Seitdem leben wir allein. Nicht, weil ich keinen neuen Partner gefunden habe, sondern weil ich keinen suche. Das ist eine bewusste Entscheidung. Ich lebe gerne allein und bin überzeugt davon, dass das für mich und meine Tochter das Beste ist. Das können viele nicht verstehen. Besonders Männer sind davon irritiert. Sie denken, es müsste nur der Richtige kommen, und dann würde ich meine Meinung ändern. Sie fragen sich auch, wie ich das alleine mit Kind und Karriere hinkriege. Frauen, vor allem Mütter, fragen mich das nur sehr selten. Sie verstehen sofort, dass ich das alles schaffe, nicht obwohl ich keinen Mann habe, sondern weil ich keinen habe. Mir bleibt dadurch einfach ganz viel erspart: Ich muss mich mit niemandem abstimmen, weder in Erziehungsfragen, noch im Alltag. Ich muss mich auf niemanden einstellen und auf niemanden Rücksicht nehmen. Das lässt viel Zeit und Energie für andere Dinge, zum Beispiel für meine Arbeit und für Etta. Übrigens bezeichne ich mich nie als Single-Mom oder alleinerziehende Mutter. Wenn ich meinem Modell unbedingt einen Namen geben muss, dann würde ich mich eine „selfpartnered Mutter“ nennen. Das klingt weniger prekär, weniger nach Suche – und wird der Sache daher gerechter.“
- Unis im Check: Die besten Hochschulen Deutschlands
STRIVE+ | An welcher Hochschule man studiert hat, ist für die spätere Karriere wichtiger denn je. Deutsche Top-Universitäten unterstützen ihre Studierenden dabei, die richtigen Netzwerke zu knüpfen und ein zukunftsweisendes Mindset zu entwickeln. Wir zeigen die besten Adressen für die Fächer Business, Tech, Marketing, Jura und Medizin.
- Wie sehen die Jobs der Zukunft aus, Dr. Yasmin Weiß?
STRIVE+ | Wir kennen die Zukunft nicht. Aber würden gerne wissen: Wie wird sich Arbeiten in 20 Jahren anfühlen – und was muss man können, um weiterhin auf dem Arbeitsmarkt gefragt zu sein? Welche Jobs wird es dann überhaupt noch geben und wo wird die KI übernehmen? Wenn eine Person diese Fragen beantworten kann, dann ist das Dr. Yasmin Weiß (44), renommierte Professorin für BWL mit dem Forschungsschwerpunkt Future of Work.
- Minuszins: So schützen Sie Ihr Geld
STRIVE+ | Immer mehr Banken verlangen von ihren Kund:innen Gebühren dafür, dass sie Geld auf dem Konto liegen haben. Für viele Sparer:innen ist das ein Affront. Was wenige wissen: Die Verwahrentgelte – auch Minus- oder Strafzins genannt – lassen sich an vielen Stellen umgehen. Plus: Welche Bank verlangt eigentlich wie viel?
- 6 Dinge, die wir von Pilot:innen über Führung lernen können
STRIVE+ | Fly the Aircraft ist die Regel Nummer eins für Pilot:innen: Egal, was passiert – der Fokus liegt darauf, dass das Flugzeug nicht abstürzt. Auch sonst kann man aus der Luftfahrt einiges über Leadership lernen. Zum Beispiel, wie man mit Krisen umgeht und Ziele priorisiert.